01.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 172 / Zusatzpunkt 1

Johann SaathoffSPD - Aktuelle Stunde zur Zukunft der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Konterrevolution“ der dreckigen Energie, „Abwürgen“ der Erneuerbaren und deren Pioniere, Plan zur Begrenzung des Ausbaus der Erneuerbaren – so hieß es hier. Ich möchte an dieser Stelle feststellen: Wir haben die Situation, dass wir den Ausbaukorridor von 45 Prozent, den wir im Koalitionsvertrag vorgegeben haben, überschreiten, auch wenn wir im EEG 2014 nichts verändern. Da kann von „Konterrevolution“ und von „Abwürgen“ der Erneuerbaren überhaupt keine Rede sein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das liegt zum einen natürlich an den guten Rahmenbedingungen. Niemand hat darüber nachgedacht, wie sich der Zinssatz in den letzten Jahren entwickelt hat und inwiefern es sich lohnt, plötzlich zu viel niedrigeren Zinsen in erneuerbare Energien zu investieren. Aber es liegt auch – ich glaube, das kann man an dieser Stelle proklamieren – an der guten Gesetzgebung, die wir mit dem EEG 2014 durchgeführt haben.

(Beifall der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das EEG 2014 läuft in der Genehmigung, wie sie bisher besteht, Ende 2016 aus. Daran kann in diesem Hause niemand ein Interesse haben. Damit das nicht passiert, müssen wir das EEG 2016 machen – also nicht, weil wir mit dem EEG 2014 sozusagen Murks gemacht hätten, sondern weil sich die Rahmenbedingungen mit zunehmendem Ausbau der erneuerbaren Energien ständig verändern. Es kommen also ständig unterschiedliche Probleme auf uns zu, die zu unterschiedlichen Zeiten eben unterschiedlich anzufassen sind. Man muss ständig nachjustieren. Um es im ostfriesischen Jargon zu sagen: Fang neet an, uptauhörn, hör neet up, antaufangen. Das ist ganz wichtig: Fang nicht an, aufzuhören, und hör nicht auf, anzufangen.

Zentrales Problem bei der Umsetzung sind die Kosten der Energiewende, aber auch die Koordinierung des Netzausbaus und der Ausbau der erneuerbaren Energien, trotz des atmenden Deckels. Warum? Es gibt einen enormen Aufwand bei der Netzausbauplanung im Einklang mit den Bürgerinnen und Bürgern. Ich will das ganz deutlich sagen: Ich freue mich darüber, dass wir die Netzausbauplanung in Kommunikation mit den Bürgern, und damit bürgerakzeptiert, hinbekommen wollen. Aber als Verwaltungsbeamter kann ich an dieser Stelle sagen: Das macht das Ganze natürlich viel komplizierter und dauert damit auch länger. Das ist kein politischer Schaden, der hier entstanden ist, sondern ein Schaden, der der Natur der Sache geschuldet ist.

Es gibt einen großen Erfolg beim Ausbau der Off­shoreindustrie: 3,3 Gigawatt Zubau in den letzten zwei Jahren. Ich freue mich sehr, dass viele Vertreter der süddeutschen Länder mittlerweile zu großen Freunden von Offshorewindenergie geworden sind. Herr Fuchs, ich lade Sie gerne ein, einmal nach Emden zu kommen, um sich hautnah anzugucken, wie das eigentlich mit der Netz­anbindung ist.

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Es gibt auch ein Fischbrötchen!)

Es gibt auch einen nachhaltig großen Erfolg beim Ausbau der Onshoreindustrie, und zwar entgegen den Prognosen von 2014.

Der Netzausbau aber kommt hinter dem Ausbau der erneuerbaren Energien nicht hinterher. Was ist da zu tun? Ausschreibung kann ein geeignetes Instrument sein, um den Ausbau der Erneuerbaren zu kanalisieren. Es gibt eine Gefahr dabei, nämlich die Akteursvielfalt zu verlieren.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sag mal was zu De-minimis, bitte!)

Deswegen begrüße ich es sehr, dass das BMWi sich besonders damit auseinandergesetzt und einen Vorschlag gemacht hat, der beinhaltet, dass es eben nicht passiert, dass die Akteursvielfalt in Gefahr gerät,

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)

sondern Präqualifizierungskriterien gerade für Bürgerwindparks heruntergefahren werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es gibt große Chancen beim Ausbau der Erneuerbaren über Ausschreibungen, nämlich dadurch, dass man die Redispatch-Kosten in den Griff bekommt. Bürgerakzeptanz hat auch etwas damit zu tun, ob wir diese Redispatch-Kosten in den Griff bekommen oder nicht.

(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: So sieht es aus!)

Zu den Zahlen und den Ausführungen von Herrn ­Homann sagt Kollege Heil gleich noch etwas.

Es gibt durch die Ausschreibung natürlich auch einen Anreiz für Effizienz und einen Anreiz für Kostenreduktion.

Aber ich finde, wir müssen zusätzlich darüber nachdenken, was man noch machen kann, um den Netzausbau verstärkt in den Blick zu nehmen. Wir müssen uns also in den nächsten Monaten intensiv damit beschäftigen, wie wir die Sektorkopplung hinbekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen uns intensiv damit beschäftigen, wie wir mit der Speichertechnologie umgehen. Darin zu investieren, ist zugegebenermaßen zunächst teuer – keine Frage –, aber es ist auf jeden Fall eine Investition in die Zukunft. Ich glaube, dass sogar schon die ersten Mechanismen des neuen Strommarktgesetzes dafür sorgen werden, dass erste Anreize im Speicherbereich entstehen.

Kleinvieh macht auch Mist, meine Damen und Herren. Über die Landstromversorgung haben wir im Zusammenhang mit dem EEG 2014 nachgedacht. Wir müssen sie vielleicht in diesem Zusammenhang auch noch einmal diskutieren. Auch Power Barges und die Frage, wo in Deutschland ein Batteriewerk entstehen könnte, müssen in diesem Zusammenhang noch einmal diskutiert werden, last, but not least auch die Potenziale der Elektromobilität.

Wir beschäftigen uns also mit den Fragen. Wir fangen nicht an, aufzuhören, wir hören nicht auf, anzufangen, sondern sind mitten im Prozess, auf einem guten Weg. Wir werden bis 2025  45 Prozent erneuerbare Energien im Netz haben und damit unser Koalitionsziel erreichen. Darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Dr. Andreas Lenz von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6885722
Wahlperiode 18
Sitzung 172
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Zukunft der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa
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