Ernst Dieter RossmannSPD - Erweiterung des Arbeitslosenversicherungsschutzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn meine Fraktion mir die Möglichkeit gibt, hier als Bildungspolitiker etwas zu sagen, dann tut sie das, weil drei Zahlen uns ja wohl alle bewegen: Es gibt 7,5 Millionen funktionale Analphabeten in Deutschland und über 5 Millionen Menschen, die sich ohne abgeschlossene Berufsausbildung im Erwerbsstatus befinden, von denen über 1 Million unter 30 Jahre alt ist.
Wenn man diese Zahlen auf sich wirken lässt, kann man nur für jeden Baustein dankbar sein, den wir einsetzen können, um mehr Chancen für diese verschiedenen Gruppen von Menschen zu ermöglichen – für jeden einzelnen Baustein.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich will das jetzt nicht zu emotional machen, es aber auch in Relation dazu setzen, wie diese Koalition hier ressortübergreifend arbeitet. Wir haben uns gefreut, dass Staatssekretär Rachel für das BMBF sagen konnte: Die Kommunen und die Länder engagieren sich in der Alphabetisierungsdekade, und das BMBF gibt 100 Millionen Euro über zehn Jahre dazu.
Jetzt kommen in der Solidargemeinschaft der Arbeitslosenversicherung noch 230 Millionen Euro für zehn Jahre obendrauf, um die Grundkompetenzen von Lesen, Schreiben und Rechnen zu vermitteln und so einen Einstieg in Arbeit zu ermöglichen. Welch ein Erfolg! Welch ein Schritt, auf dem man aufbauen kann!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Es geht um die Menschen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung haben, bis zum Alter von 30 Jahren oder darüber hinaus. Dort schaffen wir jetzt ein Instrumentarium, das neu ist und dem manche auch nicht uneingeschränkt zugestimmt haben, nämlich die sogenannte Weiterbildungsprämie.
Die Weiterbildungsprämie hat ja eine Vorgeschichte. Mit ihr hat man unter anderem in England gute Erfahrungen gemacht. Sie hat in Teilen eine positive Evaluation in einem nicht unbedeutenden Land wie Thüringen erfahren. Vielleicht können sich auch die Vertreter der Linksfraktion in Bezug auf Thüringen sachkundig machen und sich einmal anschauen, welche ersten Erfolge sich dort schon abzeichnen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Im Übrigen ist es doch nur gut, wenn Menschen, die mit 25 oder 30 Jahren, also in einem Alter, in dem manche resignieren, ihre zweite Chance ergreifen, in eine Berufsausbildung einsteigen und über eine Zwischenprüfung und eine Abschlussprüfung einen Abschluss bekommen, das auch als Erfolg in der Form erleben, dass es für sie nicht ein Schulterklopfen nach dem Motto „Jetzt hast du es auch geschafft“ oder eine Urkunde in Goldschnitt gibt, sondern etwas sehr Handfestes, etwas, was sie begreifen, was ihnen nützt, mit dem sie renommieren können und aufgrund dessen sie sich etwas leisten können. So ist die Weiterbildungsprämie doch gemeint – als Anstoß, als Motivation, als Aufforderung, durchzuhalten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Frau Zimmermann, ich verstehe überhaupt nicht, dass Sie das so abtun, als sei es diskriminierend gemeint. Nein, Diskriminierung findet im deutschen humanistischen Bildungswesen bisher an einer anderen Stelle statt. Zum Beispiel diejenigen, die die High Potentials in der Wissenschaft sind, oder diejenigen, die ein ganz tolles Abitur machen, bekommen selbstverständlich ihre Prämien, nämlich als spezielles Stipendium oder als besonderen Gutschein oder anderes. Aber denjenigen, die sich verdammt anstrengen, um von ganz unten mit mühsamsten Möglichkeiten Schritt für Schritt nach oben zu kommen, verwehrt man das.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Kollege Rossmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Pothmer?
Das brechen wir jetzt auf.
Umgekehrt ist das, was die Arbeitsmarktpolitiker, die Bildungspolitiker und andere jetzt hier zusammen tun, auch eine Art und Weise, die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung im Grundverständnis mit umzusetzen. Zwar kann man immer noch mehr machen. Das wird auch geschehen, wenn es denn jetzt wirksam wird. Aber man soll die ersten Bausteine nicht kleinreden. Das ist ein Wunsch, den wir zusammen haben.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt hat jetzt die Kollegin Dr. Astrid Freudenstein, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6888564 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Erweiterung des Arbeitslosenversicherungsschutzes |