Astrid FreudensteinCDU/CSU - Erweiterung des Arbeitslosenversicherungsschutzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir befinden uns im Jahre 2016. Ganz Europa leidet noch unter den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise, der Staatsschulden- und der Bankenkrise.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Staatsschuldenkrise gibt es nicht! Bankenkrise!)
Ganz Europa? Nein, ein von unbeugsamen Deutschen bevölkertes Land stellt sich dieser Krise wacker entgegen und vermeldet einen Arbeitsmarktrekord nach dem anderen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Leben ist deshalb tatsächlich nicht leicht für die deutsche Opposition, die offenbar mit ihrer Politik diese Blütezeit beenden will.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Jetzt kommt wieder die Schönrederei!)
Liebe Opposition, Frau Zimmermann, Sie kommen mir wirklich vor wie die Römer bei „Asterix“.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)
Sie versuchen es immer wieder. Aber ich sage Ihnen: So wird das nichts; denn die Zahlen, die nicht nur der Kollege Schiewerling sehr gut lesen kann, sondern die wir von der Union alle ganz gut lesen können, sprechen eine andere Sprache.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber die Römer hatten ganz Gallien besetzt, bis auf ein Dorf!)
– Ein schlaues Dorf. – Als Angela Merkel 2005 Bundeskanzlerin wurde, lag die Arbeitslosenquote bei fast 12 Prozent. Erst vorgestern kamen die aktuellen Zahlen heraus. Jetzt liegen wir bei 6 Prozent. Das heißt: Unter Unionsregierung hat sich die Zahl der Arbeitslosen innerhalb eines Jahrzehnts halbiert.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Weil Sie so viele herausgenommen haben!)
Dazu gehört natürlich eine gute Konjunktur. Dazu gehören natürlich Fleiß und Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer. Dazu gehören natürlich die Risikobereitschaft und die Innovationskraft deutscher Unternehmer. Aber natürlich haben wir dafür auch mit unserer Politik die Weichen richtig gestellt. Die Kosten der Arbeit zum Beispiel sind ein wichtiger Faktor. Wenn wir es weiterhin schaffen, die Lohnnebenkosten niedrig zu halten, dann bleibt Deutschland weiter attraktiv, und zwar für Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber.
Nicht umsonst hat Rot-Grün damals die Rahmenfrist in der Arbeitslosenversicherung auf zwei Jahre gesenkt und die Anwartschaftszeit bei zwölf Monaten belassen. Das hat Wirkung gezeigt. Seit fast fünf Jahren ist der Beitragssatz stabil. Das hilft den Arbeitnehmern, denen damit mehr Netto vom Brutto bleibt.
Natürlich hat sich der deutsche Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren verändert; Sie haben das in Ihren Anträgen etwas überspitzt beschrieben. Es gibt tatsächlich eine Flexibilisierung in den Arbeitsverhältnissen. Es gibt mehr Befristungen, mehr Teilzeit, mehr Jobwechsel. Aber all das verhindert nicht, dass man innerhalb von 24 Monaten 12 Monate Anwartschaft erwerben kann. Das ist auch möglich, wenn man in Teilzeit arbeitet oder wenn man befristet beschäftigt ist. Was im Prinzip ganz gut funktioniert, das sollte man nicht einfach über den Haufen werfen. Wir sollten Änderungen an den Stellen beschließen, an denen wir das System noch weiter verbessern können. Genau das tun wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir wissen, dass Weiterbildung in unserem spezialisierten Arbeitsleben immer wichtiger wird. Deswegen wollen wir genau jene unterstützen, die sich weiter qualifizieren. Dazu werden wir beispielsweise die Weiterbildungsförderung flexibilisieren oder Förderleistungen zum Erwerb von Lesen, Schreiben und Rechnen schaffen.
Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird immer wichtiger. Wenn wir das Fachkräftepotenzial von Frauen heben wollen, dann müssen wir zum Beispiel den Arbeitslosenversicherungsschutz bei der Kindererziehung erweitern.
Auch den speziellen Erwerbsbiografien wird Rechnung getragen. Die Sonderregelung für überwiegend kurzfristig Beschäftigte zum Beispiel macht genau dort Ausnahmen, wo es strukturelle Nachteile auszugleichen gilt, zum Beispiel bei Kulturschaffenden, die immer wieder kurze Arrangements haben. Sie haben einen Anspruch, wenn sie innerhalb von zwei Jahren sechs statt der üblichen zwölf Monate Anwartschaftszeit erfüllen. Diese Sonderregelung wird jetzt verlängert. Das ist erst einmal in Ordnung so. Danach werden wir uns überlegen müssen, mit welchen dauerhaften und systemkonformen Instrumenten wir den Zugang von Kulturschaffenden zur Arbeitslosenversicherung noch weiter verbessern können.
Frau Kollegin Freudenstein, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Pothmer?
Nein, die gestatte ich jetzt nicht mehr.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir bleiben dabei: Wir wollen nur dort Ausnahmen machen, wo es strukturelle branchenspezifische Nachteile auszugleichen gilt, und nicht generell mit neuen Pauschalregelungen die Stabilität der Arbeitslosenversicherung gefährden. Ihre Vorschläge würden aber genau dazu führen. Das mag in guten Zeiten noch recht ordentlich funktionieren. Aber wir dürfen gerade jetzt, in dieser schwierigen Phase, in der wir mit steigender Arbeitslosigkeit rechnen müssen, weil wir sehr viele Flüchtlinge im Land haben, die nicht ausreichend qualifiziert sind, nicht an den Säulen des Sozialstaates bohren, meine Damen und Herren.
Liebe Opposition, um noch einmal auf das Bild zu Beginn meiner Rede zurückzukommen: Sie brauchen, um unser gallisches Dorf zu besiegen, einen Zaubertrank. Dafür brauchen Sie mindestens drei Zutaten, die ich Ihnen verraten kann, nämlich Eigenverantwortung, Realitätssinn und Nachhaltigkeit.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Haben wir alles!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6888569 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Erweiterung des Arbeitslosenversicherungsschutzes |