Axel KnoerigCDU/CSU - Sicherung des Fachkräftepotenzials
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt zwei wesentliche Faktoren bei dem Thema Fachkräftesicherung. Das ist zum einen die Digitalisierung. Sie birgt für die Wirtschaft, für die Arbeit große Wachstumspotenziale. Es reicht aber nicht, nur allein auf Innovation und Forschung zu setzen. Im Mittelpunkt unserer Unionspolitik steht der Mensch und nicht die Technik.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Josip Juratovic [SPD])
Das Wissen unserer Fachkräfte ist eigentlich der Rohstoff für Innovationen von morgen. Darauf muss sich die Personalpolitik der Unternehmen entsprechend einstellen. Wir müssen den Arbeitnehmern Perspektiven geben, die neuen Technologien als Chance zu begreifen.
Der zweite wichtige Faktor in diesem Zusammenhang ist der demografische Wandel. Schon in den nächsten 15 Jahren wird die Zahl der Erwerbstätigen um 5 bis 6 Millionen Menschen sinken. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sieht sogar einen Rückgang um eine halbe Million pro Jahr bis 2035. Das sind alarmierende Zahlen.
Der vorliegende Antrag macht deutlich, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eigene Instrumente zur Fachkräftesicherung entwickelt hat. Deswegen ist dieser Antrag hier gerechtfertigt. Das grenzt ihn auch von den sozial-, bildungs- und familienpolitischen Zielsetzungen ab.
Über die Mitberatung dieser Ressorts sind alle Querschnittsaufgaben zur Fachkräfterekrutierung enthalten. Ich möchte meinen Dank für die konstruktive Zusammenarbeit in den Arbeitsgruppen von SPD und CDU/CSU hier noch einmal deutlich formulieren. Insbesondere gilt der Dank meiner Kollegin Lena Strothmann und meinem Kollegen Herrn Dr. Hans-Joachim Schabedoth von der SPD.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben zurzeit noch keinen flächendeckenden Fachkräftemangel, aber es gibt sehr wohl regionale Engpässe. Diese sind vor allem im Süden und im Osten unseres Landes erkennbar. Dazu haben wir mit dem Bundeswirtschaftsministerium eine Studie in Auftrag gegeben. Diese wurde vom Kompetenzzentrum für Fachkräftesicherung konzipiert. Zum Jahresanfang 2016 sind 685 Berufe untersucht worden. Es gibt bereits in 148 Berufen Engpässe. Dazu zählen der Maschinenbau, die Metall- und Elektronikbranche, Sanitär, Heizungs- und Klimatechnik sowie die Gesundheits- und die Pflegeberufe.
Sowohl der demografische als auch der digitale Wandel fordern ein Umdenken bei der Fachkräfterekrutierung. Wir müssen uns fragen: Was kann ein Unternehmen tun, um einen Arbeitnehmer über Jahre, Jahrzehnte oder gar bis zur Rente an sich zu binden? Auch dazu hat das Bundeswirtschaftsministerium eine Studie in Auftrag gegeben. Diese wurde vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln in 2015 durchgeführt und trägt den Titel „Lebensphasenorientierte Personalpolitik“. Das ist eine ganzheitlich ausgerichtete Personalpolitik. Sie reicht von der Anwerbung über Weiterbildungsangebote bis hin zu Strategien zur langfristigen Bindung von Beschäftigten. Da diese Personalpolitik demografiefester ist, können Fachkräfte erfolgreich im Unternehmen gebunden werden.
Um das zu erreichen, sind die betrieblichen Anforderungen mit den Bedürfnissen der Beschäftigten in Einklang zu bringen. Hier sind vor allen Dingen die Lebensphasen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie Elternschaft, Ehrenamt, Familienpflegezeit oder auch Krankheit und deren Folgen hinzuzunehmen. Analog dazu gibt es die Berufsphasen wie Einstieg, Orientierung, Reife, Führung und Ausstieg aus dem Beruf. Diese kreuzen sich miteinander und stellen auch unterschiedliche Ansprüche an die Arbeitszeiten. Unternehmen sollten flexibler Angebote wie Teilzeit und Heimarbeit ermöglichen. Auch finanzielle Anreize wie betriebliche Altersvorsorge oder variable Gehaltsbestandteile sind in eine solche Personalpolitik einzubeziehen.
Wenn man diese Ansätze zusammenführt, dann kann man sehr wohl von einer lebensphasenorientierten Personalpolitik sprechen. Doch wenn wir in die Betriebe hineinschauen, dann stellen wir fest, dass diese Politik erst von 8 Prozent der Unternehmen praktiziert wird. Meine Damen und Herren, man kann schlichtweg sagen: Hier besteht dringender Aufholbedarf. Obwohl ich einen sehr ländlichen, kleinstädtisch strukturierten Wahlkreis mit sehr vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen mit 20 bis 50 Arbeitnehmern habe, höre ich von immer mehr Unternehmern: „Ich brauche einen Personaler, der sich um die Arbeitnehmer kümmert“, sodass man wirklich von einer lebensphasenorientierten Personalpolitik sprechen darf.
Geschäftsführungen und Personalabteilungen müssen also viel weiter denken und sich darüber im Klaren sein, dass die Bindung von Fachkräften langfristig zu einem Wettbewerbs-, wenn nicht sogar zu einem Standortfaktor für das Unternehmen wird. Der wirtschaftliche Erfolg baut also immer mehr auf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf. Deswegen habe ich hier und heute die lebensphasenorientierte Personalpolitik als solche in den Mittelpunkt meiner Rede gestellt.
Es ist gut, sich um die Arbeitnehmer nicht nur im Hinblick auf Technologie, Innovation und Lerninhalte zu kümmern. Vielmehr sollte man auch in den Blick nehmen, wie sich ein Arbeitnehmer in der Bildungsphase entwickelt, also von der Ausbildung bis hin zum Studium, und was er in den einzelnen Lebensphasen – auch in der Elternzeit und selbst dann, wenn er ehrenamtlich tätig ist – leistet. Dies muss dann vernünftig zusammengefügt werden. Man muss den Arbeitnehmer im Rahmen einer vernünftigen Personalpolitik ganzheitlich betrachten.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt Sabine Zimmermann, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6888702 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Sicherung des Fachkräftepotenzials |