Sabine ZimmermannDIE LINKE - Sicherung des Fachkräftepotenzials
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie immer, wenn es sich um dieses Thema dreht, haben Forschung und Wissenschaft – zumindest außerhalb der arbeitgebernahen Institute – eine ziemlich einheitliche Meinung. Ich zitiere einmal aus dem aktuellen Bericht der Bundesagentur für Arbeit:
Aktuell zeigt sich nach der Analyse der Bundesagentur für Arbeit kein flächendeckender Fachkräftemangel in Deutschland.
Dass überhaupt über einen Fachkräftemangel gesprochen wird, führt die Bundesagentur für Arbeit auf den Beschäftigungszuwachs zurück. So ist das eben: Wenn die Beschäftigung zunimmt, heißt das, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt. Da fühlt sich die Bundesregierung anscheinend berufen, die Unternehmen vor den Gesetzen des freien Marktes zu schützen. Denn bekanntermaßen steigt mit der Nachfrage auch der Preis für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Linke sagt: Das ist gut so.
(Beifall bei der LINKEN)
Nach Untersuchungen der Bundesagentur für Arbeit gibt es einen Fachkräftemangel im Wesentlichen in einzelnen technischen Berufsfeldern sowie im Pflege- und Gesundheitsbereich. Der Pflege- und Gesundheitsbereich ist ein Musterbeispiel dafür, warum die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort ständig wechseln. Die Arbeitsbelastung ist enorm, die Arbeitszeiten sind familienfeindlich und gesundheitsschädigend, und die Entlohnung ist völlig unangemessen niedrig.
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Arbeit ist sowieso ganz schlimm!)
Der Pflegenotstand ist hausgemacht. Vor allen Dingen aufgrund der Unterfinanzierung des Gesundheitssystems, die Sie verschärft haben, wird er sich für die Beschäftigten in Zukunft verschärfen. Das, meine Damen und Herren, war bis jetzt Ihre Politik.
In den technischen Berufen – im Maschinenbau und bei den Metall-, Sanitär- und Klempnerberufen – haben wir einen sogenannten Fachkräfteengpass; das sind die klassischen Ausbildungsbranchen. Aber der Anteil der Betriebe, der ausbildet, liegt bei gerade mal 20 Prozent. Nur jeder fünfte Betrieb bildet den Nachwuchs aus. Den Unternehmen, die nun einen Fachkräftemangel fürchten, kann man da eigentlich nur raten: Wer Fachkräfte will, muss Fachkräfte ausbilden und sie ordentlich bezahlen. So einfach ist das.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dabei könnten wir sie politisch unterstützen, zum Beispiel durch eine Ausbildungsplatzumlage. Wer nicht ausbildet, zahlt ein; wer ausbildet, bekommt Unterstützung. Gerade kleineren Betrieben würden wir helfen, wenn wir die Ausbildungsverbünde, die ja lange Zeit gefördert worden sind, wieder stärker fördern würden. Über die Ausbildungsplatzumlage reden wir in diesem Haus eigentlich schon seit Jahrzehnten.
Einmal abgesehen davon, dass die Lobesarien, die im Antrag für Maßnahmen der Wirtschaft gesungen werden, die in deren ureigenem Interesse liegen, in unseren Augen ebenso überflüssig sind wie Ihr fast schon peinliches Selbstlob, könnten wir Linke viele Punkte unterschreiben. Um hier nur einmal einige zu nennen: die Anreize für die Erwerbstätigkeit von Frauen, die bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, die Nutzung der Potenziale von Migrantinnen und Migranten und die Integrations- und Qualifizierungsinitiative für Langzeiterwerbslose. Was die Linke natürlich besonders freut, ist die Integration von Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Ja, das alles könnten wir unterschreiben.
Leider stützen Sie aber seit Jahren eine Politik, die auf das Gegenteil Ihrer Forderungen hinausläuft. Das wissen die Antragsteller natürlich nur zu genau; denn sie fordern in ihrem Antrag selbst, dass diese Forderungen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel umgesetzt werden sollen. Es soll also nicht mehr Geld geben. Schwupp! Und schon sind die ganzen Träume in Bezug auf die 32 Punkte in Ihrem Antrag ausgeträumt.
Schauen wir uns einmal die Forderungen für die Langzeiterwerbslosen an. Zum Beispiel wollen Sie die Weiterbildung für Langzeiterwerbslose stärken. Ja, klar; da machen wir mit. Aber was haben Sie denn in den letzten Jahren getan? Sie haben doch die Mittel in diesem Bereich massiv gekürzt. Jetzt wollen Sie die Aktivitäten wieder ausweiten – im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Wie soll das denn gehen?
Zusammengefasst: Die Worte hör ich wohl, die Worte hör ich auch gern, allein mir fehlt der Glaube.
(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Die Linke hat mit dem Glauben immer Schwierigkeiten gehabt!)
Die Linke wird natürlich weiterhin kritisch hinterfragen, wie Sie Ihre 32 Forderungen in Ihrem schönen Antrag denn umsetzen wollen.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Für einen solchen Schaufensterantrag steht die Linke nicht zur Verfügung.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Dr. Hans-Joachim Schabedoth.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6888706 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Sicherung des Fachkräftepotenzials |