Jana SchimkeCDU/CSU - Sicherung des Fachkräftepotenzials
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Industrie 4.0, Arbeit 4.0 oder die Digitalisierung der Arbeitswelt, der digitale Wandel der Arbeitswelt, das alles ist nicht nur politisch, sondern auch öffentlich in aller Munde. Sowohl die Tages- als auch die Fachpresse widmen sich regelmäßig diesen Themen. Studien und Untersuchungen werden bemüht, um den technischen Wandel und dessen Auswirkungen auf die Arbeitswelt zu prognostizieren.
Bei den Experten aber ist man sich uneinig darüber, was das für einzelne Berufsfelder bedeutet. Weitestgehend einig ist man sich in der Wissenschaft nur darüber, dass die Digitalisierung ganz neue Anforderungen an Arbeitnehmer stellen wird und Qualifikation immer wichtiger wird.
Fachkräfte sind also ein entscheidender Fakt, wenn es um die erfolgreiche Umsetzung der Digitalisierung in der Arbeitswelt geht. Deshalb kann es uns auch nicht egal sein, wie sich die Fachkräftesituation in den Betrieben darstellt. Unser wirtschaftlicher Erfolg basiert auf guten Ideen und klugen Köpfen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zwar ist der Fachkräftemangel noch keine flächendeckende Erscheinung, doch er tritt schon seit längerer Zeit in bestimmten Branchen und Berufen, aber auch in Regionen auf. Beispielsweise bei den MINT-Berufen lag die Arbeitskräftelücke im April dieses Jahres schon bei knapp unter 172 000 Personen. Wenn ich eben gesagt habe, dass sich das inzwischen auch in verschiedenen Regionen abbildet, so muss man leider sagen, dass es Unternehmen in Deutschland gibt – mitunter auch sehr große Unternehmen –, die sehr, sehr große Schwierigkeiten haben, qualifizierte Fachkräfte zu ihrem Stammsitz zu bekommen und für eine Beschäftigung im Unternehmen zu gewinnen.
Diese Regionen sind nicht nur in weit entfernten ländlichen Räumen zu finden oder in Ostdeutschland ganz allgemein, sondern das fängt manchmal schon hinter der Berliner Stadtgrenze an. Mein Wahlkreis reicht vom Spreewald bis an die Berliner Stadtgrenze, und mir berichten mitunter sogar Unternehmen, die in relativ Berlin-nahen Regionen ihren Sitz haben, wie schwierig es ist, mit den Konzernen, die auf Berliner Stadtgebiet ihren Sitz haben, zu konkurrieren.
Fest steht, dass wir es den Unternehmen aber auch nicht abnehmen können, attraktiv für Fachkräfte zu sein. Hier ist die Eigeninitiative der Betriebe gefragt. Fest steht aber auch, dass größere Unternehmen bei der Fachkräftegewinnung mitunter andere Möglichkeiten haben als kleine und mittelständische Betriebe. Unsere Aufgabe ist es deshalb, dieses Engagement mit klugen Initiativen, Gesetzen und Fördermöglichkeiten zu unterstützen. Diesem Ziel, meine Damen und Herren, tragen wir mit dem vorliegenden Antrag Rechnung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In diesem Antrag wird deutlich, wie viele Politikfelder von der klassischen Wirtschaftspolitik über die Sozialpolitik bis hin zur Bildungspolitik und sogar zur Asylpolitik inzwischen in diesem Themengebiet involviert sind. Ein ganz entscheidendes Ziel dieses Antrags ist die Stärkung der dualen Berufsausbildung. Wir müssen deshalb alles daransetzen, der dualen Berufsausbildung dieselbe Wertschätzung zukommen zu lassen wie anderen Bildungswegen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Ich erlebe in meinem Wahlkreis tagtäglich, wie Handwerksbetriebe um ihre Existenz kämpfen, weil der Nachwuchs und mitunter auch die Unternehmensnachfolge fehlen. Stattdessen gibt es einen Run der jungen Menschen auf die Universitäten. Dabei werden wir weltweit um unsere gute berufliche Ausbildung beneidet. Auch die mehr als 350 Ausbildungsberufe, die es in Deutschland gibt, haben sich verändert. Auch dank der Digitalisierung haben sie sich mitunter zu hochkomplexen technologischen und perspektivenreichen Aufgabengebieten entwickelt. Das müssen wir den Schülerinnen und Schülern verdeutlichen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Weiterhin ist es richtig, dass wir bereits frühzeitig auf digitale Bildungsangebote setzen. Dafür braucht es einen ganzheitlichen Ansatz: von der Kita bis zur beruflichen Bildung. Das setzt entsprechende Qualifikationsangebote für die Lehrenden sowie natürlich auch eine gute technische Ausstattung voraus. Schaffen wir das, wird uns der digitale Wandel in der Arbeitswelt gut gelingen. Hierbei kann man an bereits bestehende Initiativen – zum Beispiel an die Initiative „erlebe IT“ – anknüpfen, die sich insbesondere mit der Stärkung der Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler, aber auch mit Themen wie „Sicherheit im Internet“ und „Datenschutz“ befassen. Der Bundesverband BITKOM bietet diese Initiative an. Sie ist kostenfrei. Es wurde allen Abgeordneten angeboten, an den Schulen im Wahlkreis mit dieser Initiative zu werben. Ich habe das gemacht. Ich war erstaunt. Ich wurde von der Nachfrage und der großen Resonanz in meinem Wahlkreis förmlich überrannt. Viele Schulen haben sich daran beteiligt, und ich weiß auch, dass diese Initiative deutschlandweit großen Anklang gefunden hat.
Nicht nur Schüler werden durch diese Initiative sozusagen fortgebildet, sondern auch Lehrer und Eltern. Wir alle wissen, dass wir auf die Bildungspolitik der Länder nur wenig Einfluss haben; denn wir sitzen ja hier im Deutschen Bundestag. Aber ich bin sehr dankbar für solche Initiativen vonseiten der Wirtschaft und der Verbände, weil sie uns die Möglichkeit geben, ein Stück weit Fehlentwicklungen in der Bildungspolitik auf Landesebene zu korrigieren und auch ein Stück weit auf die Landesbildungspolitik einzuwirken.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Schließlich liegt mir auch die Stärkung der Berufsorientierung am Herzen. Zu oft sitzen mir Schüler im Alter von 14 bis 18 Jahren gegenüber ohne jedwede Vorstellung über ihre berufliche Zukunft. Zu oft habe ich gehört, dass beispielsweise eine Friseurin lieber Tischlerin geworden wäre, wenn der Vater es erlaubt hätte, oder eine junge Frau, die ihren Alltag mit Gelegenheitsjobs bestreitet, lieber Kfz-Mechatronikerin geworden wäre, ihr dafür aber der Mut fehlte. Ähnliche Beispiele gibt es selbstverständlich auch bei den Männern.
Es kommt also darauf an, gerade im Bereich der Berufsorientierung über den Tellerrand hinauszuschauen und den jungen Menschen in unserem Land angesichts der Vielzahl der Möglichkeiten, die das Leben heutzutage bietet, ein Stück weit einen Leitfaden an die Hand zu geben. Ich bin sehr dankbar für die gute Arbeit, die die Bundesagentur für Arbeit in diesem Bereich leistet, aber vor allen Dingen auch unsere Wirtschaftsverbände, die dabei mit interessanten und spritzigen Initiativen auf sich aufmerksam machen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Unsere Aufgabe, meine Damen und Herren, ist es, beim jährlich stattfindenden Girls’ Day und Boys’ Day bzw. beim Zukunftstag, wie auch immer man ihn nennen mag, mitzuhelfen, mitzuwirken und für das zu werben, worum es uns in der Bildungs- und insbesondere in der Ausbildungspolitik im weitesten Sinne geht.
Das sind nur wenige Punkte aus unserem sehr umfassenden Antrag, die ich soeben nannte. Sie zeigen aber, dass Bildung, Ausbildung, Weiterbildung und Integration zentrale Zukunftsaufgaben für uns sind, um im globalen Wettbewerb Schritt halten zu können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Josip Juratovic von der SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6888768 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Sicherung des Fachkräftepotenzials |