Marlene MortlerCDU/CSU - Essensversorgung in Kitas und Schulen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kochen will gelernt sein, genauso wie Anträge schreiben. Gerade in Bezug auf Ihren Antrag möchte ich sagen: Drücken Sie in Zukunft etwas weniger Copy-and-paste, dann kommt auch etwas Neues heraus.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Denn wir reden heute über nichts Neues. Wir reden über einen Antrag, der schon mehrfach gestellt worden ist, gefühlt schon viel zu oft.
(Karin Binder [DIE LINKE]: Weil sich in der Zwischenzeit nichts getan hat!)
Ich verstehe Ihren Ausgangspunkt. Wir alle in diesem Haus sind uns einig, dass eine gute, eine gesunde Ernährung in jungen Jahren die entscheidende Basis für das spätere Leben legt. Ich glaube, das ist eine Selbstverständlichkeit. Aber wenn ich Sie so reden höre, frage ich mich: Wo leben wir eigentlich? Sie reden über Dinge, die in vielen Bundesländern, vor allem in Bayern, längst selbstverständlich sind.
Das Schulfach Ernährung gibt es in Bayern fächerübergreifend.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In Bayern ist es auch selbstverständlich, dass Grundschulkinder regelmäßig auf Bauernhöfe gehen, dass sie die Zusammenhänge lernen von Säen, Wachsen, Ernten und Essen, damit sie wissen, dass das Lebensmittel nicht aus dem Supermarktregal kommt, sondern vom Acker bzw. aus dem Stall, damit sie wissen, wie ein Lebensmittel schmeckt, wie es riecht, wie man es genießen kann. All diese Dinge sind selbstverständlich. Aber ich gebe zu: Man kann immer noch mehr machen.
Sie werfen nun dem Bund vor, dass gar nichts passiert wäre. Dabei ist schon unter Ilse Aigner jede Menge passiert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Beim nationalen Aktionsplan „IN FORM“ geht es beispielsweise nicht nur um gesundes Essen, sondern auch um Bewegung, also um einen gesamtheitlichen Ansatz. Die Landfrauen im Deutschen LandFrauenverband haben sich dem Projekt „SchmExperten“ gewidmet, in dem man Schülerinnen und Schülern spielerisch zeigt, wie Essen geht, dass man Essen auch genießen kann und das man Essen vor allem auch wertschätzen kann und muss. Das sind wenige Beispiele, aber ich denke, es sind gute Beispiele.
Was soll der Bund denn noch machen? Im Grunde genommen hat er die entscheidenden Projekte seit Jahren vorgelegt, den Bundesländern sogar mundgerecht vorgelegt, sie müssen sie nur abrufen. Damit bin ich bei Ihrer eigentlichen Forderung.
Sie fordern in Ihrem Antrag, dass ein Kind in Kita oder Schule in Zukunft vom Bund mit mindestens 4,50 Euro unterstützt werden muss. Wenn Sie so weitermachen mit Ihren Forderungen, dann brauchen wir die Bundesländer nicht mehr, dann kann der Bund in Zukunft alles selber bezahlen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber Bildung ist bis zum heutigen Tag Ländersache.
(Karin Binder [DIE LINKE]: Es geht um Essen und erst einmal nicht um Bildung!)
Zur Bezahlung des Essens. Wir müssen uns die Größenordnung vor Augen halten. Ich habe es nicht ausgerechnet, aber bei Ihrem letzten Antrag – inzwischen ist die Kita dazugekommen – ging es um eine zweistellige Milliardensumme.
(Karin Binder [DIE LINKE]: Nein, um einstellige!)
– Nein. Das ist jetzt meine Version. Wenn jeder etwas bekommen soll, dann geht es um eine zweistellige Milliardensumme.
Ich finde, wir dürfen die Länder nicht aus der Verantwortung entlassen. Ich will vielmehr wissen: Was machen denn Ihre Bundesländer? Welchen Beitrag leisten sie zur Ernährungsbildung, zur Qualität der Schul- oder Kitaernährung?
Frau Kollegin.
Welchen Beitrag leisten sie im Zusammenhang mit der Finanzierung von Schulvernetzungsstellen, die auch im Bund geboren sind? Oder welches Land finanziert zum Beispiel Lernküchen? Das sind Fragen, über die man reden sollte, bevor wir hier leichtfertig einem Antrag unsere Zustimmung geben. Wir als CDU/CSU lehnen diesen Antrag auf alle Fälle ab.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Darf ich Sie kurz fragen, ob Sie noch eine Frage der Kollegin Binder gestatten? Sie haben nämlich noch etwas Zeit.
Bitte schön.
Liebe Frau Kollegin Mortler, also: Es geht nicht um einen zweistelligen Milliardenbetrag, es ging in unserem Antrag aus der letzten Legislaturperiode um 8 Milliarden Euro. Wir haben deshalb extra diese Tagung veranstaltet, bei der wir wirklich versucht haben, im Detail die Kosten zu ermitteln. Ich lasse Ihnen das gern im Zusammenhang mit der Ausschussberatung zukommen, dass Sie sehen, wie sich die einzelnen Kosten zusammensetzen. Dadurch sind wir auf die Kosten von 4,50 Euro pro Kind im Durchschnitt gekommen. Das würde einen Betrag von etwa 6 Milliarden Euro im Jahr ausmachen.
Weitere 2 Milliarden Euro werden durch die Länder und die Kommunen zu bestreiten sein, weil es Trägerkosten gibt. Allein die Vorhaltung von Räumen etc. kostet Geld, das ist ganz klar. Wenn Sie dem aber gegenüberstellen, wie wir Dienstwagen und andere Dinge in diesem Land bezuschussen oder durch Steuererleichterungen begünstigen, dann muss ich Sie ehrlich fragen: Was ist Ihnen mehr wert? Die Kinder und deren Zukunft und damit auch unsere Zukunft oder so etwas?
Das ist eine volkswirtschaftliche Rechnung, die man aufstellen kann. Wenn ich weiß, dass allein 20 Milliarden Euro pro Jahr für Diabetes aufgewendet werden müssen – andere ernährungsbedingte Krankheiten sind dabei noch gar nicht erfasst –, dann muss ich einfach sagen: Das ist eine gute Investition.
Ich weiß nicht, ob Sie ernst meinen, was Sie hier sagen und fordern. Ich kann mich erinnern, dass eine zusätzliche Forderung der Einbau von Schulküchen war. Wenn wir glauben, dass wir mit dieser Summe auskommen, dann ist das eine vollkommen falsche Rechnung.
Wenn es um unsere Kinder geht, dann dürfen Sie mir glauben. Ich kann Ihnen als Familienfrau, als dreifache Mutter und als fünffache stolze Großmutter sagen: In der Familie muss beginnen, was in Staat und Gesellschaft blühen soll.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dazu gehört neben Ihrem Antrag – und das ist für mich persönlich ganz wichtig – das Vermitteln von Ernährungswissen, das Miteinanderkochen, das Miteinanderessen. Das kostet wenig, das bringt viel. Es bringt vor allem für unsere Gesellschaft einen hohen Mehrwert. Dafür sollten wir kämpfen, dafür kämpfe zumindest ich.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Mortler. – Dann hat jetzt als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt die Kollegin Ursula Schulte, SPD-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6889173 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Essensversorgung in Kitas und Schulen |