02.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 173 / Tagesordnungspunkt 16

Wilhelm PriesmeierSPD - Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben eine etwas verquaste Vorstellung von Ökonomie; aber das schadet vielleicht nicht. Bei Dosen- und Kondensmilch haben wir einen Selbstversorgungsgrad von 580 Prozent.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Es geht um reine Frischmilch!)

Wenn man sich die Produktion anschaut, stellt man fest: Wir produzieren im Augenblick 32,4 Millionen Tonnen. Davon exportieren wir 50 Prozent. 37  Prozent gehen in den Lebensmitteleinzelhandel, der Rest in andere Bereiche. Dann erzählen Sie mir mal, warum ausschließlich dieser Bereich dafür verantwortlich sein soll, dass das Preisniveau so weit unten ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben gesagt, dass wir uns dieses Themas annehmen werden. Das haben wir getan. Wir haben nach einem intensiven Diskussionsprozess innerhalb der Koalition zumindest einen Konsens darüber erzielt, wie wir vorgehen wollen. Aus der ursprünglichen Vorlage, die in den Bundestag gekommen ist, haben wir etwas Ordentliches gemacht. Wir haben nämlich die Allgemeinverpflichtung drangehängt und – mit einem Dank vor allen Dingen nach Mecklenburg-Vorpommern, was die Abläufe betrifft – eine Fristverkürzung beim Bundesrat erreicht. Der Agrarausschuss wird sich nächste Woche Dienstag mit dem Gesetzentwurf und mit der Verordnung beschäftigen. Ich gehe davon aus, dass wir am 17. Juni dieses Jahres beides in einem Paket beschließen werden, sodass dann die Voraussetzungen dafür geschaffen sind, dass sich die Branche bekennen kann, was sie möchte bzw. ob sie handeln möchte.

Die Vorgaben zur Allgemeinverbindlichkeit sind natürlich nicht gesetzlich verbindlich. Vielmehr muss es schon eine übergreifende Einigung im Sektor geben. Ich glaube, das ist ein Ansatz, bei dem wir nicht zum Standardmittel des Wettbewerbsrechts greifen, sondern im Prinzip so etwas Ähnliches wie ein staatlich sanktioniertes Mengenkartell bemühen, die Angebots- und Nachfragemenge zumindest in ein Gleichgewicht zu bringen, damit die Preismechanismen wieder funktionieren können.

In diesem Zusammenhang freue ich mich auch darüber, dass Minister Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern, der Vorsitzende der Agrarministerkonferenz, in der entsprechenden Vorlage vorgesehen hat, dass die Andienungspflicht gestrichen wird.

(Beifall bei der SPD – Marlene Mortler [CDU/CSU]: Nicht zu Ende gedacht!)

Ich glaube, das ist ein vernünftiger Ansatz. Wir müssen nämlich auch den gesamten Rechtsbereich darüber hinaus im Blick haben, etwa Artikel 168 GMO – Gemeinsame Marktordnung – und Artikel 148 GMO. Ich freue mich auch, dass mir die Bundesregierung signalisiert hat, dass sie bereit ist, die Genossenschaften in Artikel 148 GMO einzubeziehen und sich dafür in Brüssel einzusetzen. Das ist der zweite Schritt, den wir gehen müssen, wenn wir vertraglich vereinbarte Bedingungen haben wollen, dass jedem Landwirt, auch wenn er in einer Genossenschaft ist, ein entsprechender Vertrag angeboten wird, in dem Menge, Preis und Vertragslaufzeit geregelt werden. Die bloße Mitgliedschaft in einer Genossenschaft ist nämlich noch lange kein Vertrag. Zwar gibt es Regelungen, die so ähnlich behandelt worden sind; aber davon wollen wir weg.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Darüber hinaus wollen wir in diesem Zusammenhang mehr Wettbewerb, auch hinterher um das Produkt. Wir müssen jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass später, wenn der Markt wieder funktioniert, jeder für das Produkt, das er erzeugt, ein gerechtes Entgelt bekommt.

(Beifall bei der SPD)

Die Dinge, die Sie angesprochen haben, sind an sich gar nicht so schlecht, beispielsweise die Regionalisierung von Produkten; damit bin ich auch einverstanden. Aber so etwas kann nur wachsen, wenn regional auch Mengen frei werden, nicht aber, wenn große Molkereien alle Mengen mitnehmen und irgendwo anders verarbeitet wird. Auch dafür, dass das umgesetzt werden kann, schaffen wir die Voraussetzungen.

Ich hoffe, dass wir den Weg, den wir jetzt beschreiten, nicht so schnell wieder beschreiten müssen. Die ganze Regelung wird nur für zwölf Monate wirksam sein, beginnend mit dem 12. April dieses Jahres, also bis zum 12. April nächsten Jahres. Darüber hinaus wäre dann zumindest auch noch die Kommission bzw. die Europäische Union gefragt, diese Regelung entsprechend zwischenzeitlich, nachdem sie geprüft worden ist, zu verlängern.

Ich kann dieses Modell, so wie wir es jetzt hier in Deutschland gemeinsam in dieser Großen Koalition konzipiert haben, auch auf der europäischen Ebene zunächst einmal nur empfehlen, bevor wir zu anderen Maßnahmen greifen. Ich glaube, das ist ein guter Ansatz, mit dem wir auf europäischer Ebene auch weitermachen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Friedrich Ostendorff, Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6889237
Wahlperiode 18
Sitzung 173
Tagesordnungspunkt Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes
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