Waldemar WestermayerCDU/CSU - Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute die Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes. Ich möchte gleich zu Anfang deutlich machen, dass der vorliegende Gesetzentwurf ein wichtiger Baustein für den Einstieg in die Marktwirtschaft für die Milcherzeuger in Deutschland und Europa leistet.
Wenn sich der Erzeugerpreis dauerhaft bei unter 30 Cent einpendelt, ist die Zukunft der Milcherzeuger massiv bedroht. Es gibt auch gute Beispiele, etwa im Berchtesgadener Land, wo 34 Cent für 1 Liter Milch bezahlt werden, oder bei uns von der OMIRA, die jetzt Verträge über einen Milchpreis von 32,5 Cent über 100 000 Tonnen Milch für ein Jahr geschlossen hat. Darauf komme ich noch zurück. Bestimmte Molkereien zahlen teilweise nur noch einen Preis von unter 20 Cent, vor allem in Norddeutschland.
Schon im letzten Jahr mussten rund 3 200 Milchviehbetriebe in Deutschland aufgeben. Angesichts der aktuellen Situation auf dem Markt braucht die Milchwirtschaft mit ihren noch 74 000 Betrieben in der Bundesrepublik zweierlei: Zum einen benötigen wir Sofortmaßnahmen. Diese hat Minister Schmidt am Montag auf dem Milchgipfel vorgestellt. Vor allem die rückwirkenden steuerlichen Möglichkeiten zur Gewinnglättung ab 2014 sind sehr sinnvoll. Hervorheben möchte ich zum anderen aber auch den gestiegenen Zuschuss zur Unfallversicherung und die vorgeschlagenen Bürgschaften. Aus meiner Sicht muss die Erteilung von Bürgschaften aber an Bedingungen geknüpft werden. Das sind wichtige Elemente, um die aktuelle Krise zu überbrücken.
Die Brücke alleine reicht aber nicht aus. Am Ende der Brücke muss es eine Perspektive geben. Diese Perspektive muss langfristig und nachhaltig sein. Deshalb halte ich ausdrücklich nichts von einer Rückkehr zu einer staatlich verordneten Quote. Diese hat in den über 30 Jahren ihres Bestehens nicht für einen nachhaltigen Markt gesorgt. Vielmehr gab es den jetzt ausgiebig besprochenen Strukturwandel auch schon zu Zeiten der Milchquote. Über 380 000 Betriebe waren es 1983, als man sie eingeführt hat. Jetzt gibt es noch 74 000 Betriebe. Ein einfaches Zurück zum vorherigen System darf es deshalb nicht geben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Milchviehhalter, der schon viel für Quotenrechte gezahlt hat, weiß ich, wovon ich rede. Wir müssen stattdessen die Erzeuger stärken.
(Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Richtig!)
Das beinhaltet für mich zunächst eine grundlegende Veränderung der Stellung der Erzeuger am Markt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD])
Wir müssen weg vom bloßen Anliefern und hin zu einem Verkaufen der Milch.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Erfolgreiches Wirtschaften bemisst sich nämlich nicht allein danach, volle Tankwagen vom Hof fahren zu lassen. Vielmehr muss der Einstieg in einen bedarfsangepassten Verkauf erfolgen. Hier ist die Branche gefragt. Sie muss tragfähige Konzepte für die Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen liefern. Diese sind aus meiner Sicht der Schlüssel für eine nachhaltige Aufwertung der Stellung der Erzeuger. Verträge über den Preis, die Laufzeit und die Menge sind die Grundlage für eine erfolgreiche Marktbeteiligung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
In diesem Zusammenhang brauchen wir eine starke anerkannte Branchenorganisation.
Wir Politiker können nur das Spielfeld aufbauen und regeln. Spielen müssen die Akteure selber. Im Kartellrecht ermöglichen wir jetzt schon und weiter verstärkt durch den vorliegenden Gesetzentwurf den Erzeugern eine Bündelung. Der gebündelten Marktmacht auf der Seite des Handels muss jedoch jetzt endlich etwas entgegengesetzt werden. Die einseitige Verteilung des Preisrisikos zulasten der Erzeuger darf nicht einfach so weitergehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Im jetzigen System werden falsche Anreize gesetzt, zum Beispiel durch das Milchgeld. Ein Teil des Problems ist doch, dass der Lebensmitteleinzelhandel und die Molkereien überhaupt kein Risiko tragen.
(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, richtig! Völlig richtig!)
Die Molkereien setzen die Milch ab und ziehen ihre Produktionskosten und ihre Gewinne ab, und der Rest verbleibt dann beim Erzeuger. Das ist nicht sach- und interessengerecht. Vielmehr muss jeder Teil der Wertschöpfungskette auch am Ertrag beteiligt sein.
Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass wir Politiker die Ursache des Problems nicht allein beheben können und werden. Wir brauchen hierzu die Branche und müssen gesetzliche Vorgaben machen, damit wir endlich echte und faire Vertragsbeziehungen etablieren. Das sollte unser gemeinsames Ziel sein. Deshalb gehen wir mit dem Agrarmarktstrukturgesetz einen wichtigen Schritt in Richtung Marktwirtschaft. Ich möchte mich auch bei der SPD bedanken, die hier hervorragend mitgezogen hat. Ich hoffe, dass es beim Düngegesetz genauso der Fall sein wird.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Als Nächstes spricht für die SPD-Fraktion jetzt der Kollege Johann Saathoff.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6889240 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes |