02.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 173 / Tagesordnungspunkt 19

Frank SteffelCDU/CSU - Verbraucherrechte bei Anlagepleiten

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Frank Steffel würde sehr gerne erklären, ob wir zustimmen oder nicht zustimmen. Wir haben nur alle gar nicht genau verstanden, was Sie wollen. Es ist für uns etwas unklar geblieben, was Sie mit salbungsvollen Worten konkret vorgeschlagen haben. Dankenswerterweise haben Sie allerdings nicht nur eben, sondern auch in Ihrem Antrag darauf hingewiesen, dass die Regierungskoalition den Verbraucherschutz in den letzten Jahren so massiv gestärkt hat wie noch keine Regierung und keine Koalition vorher.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Insofern können wir heute erst einmal zur Beruhigung all jener, die Sie eben versucht haben, zu verunsichern,

(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Sie haben den Antrag nicht gelesen! Dabei ist er so kurz!)

darauf hinweisen, dass der Verbraucherschutz, gerade bei den Finanzprodukten, noch nie eine größere Rolle als heute gespielt hat und dass wir heute das höchste Schutzniveau in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im vergangenen Jahr – ich will uns allen das vergegenwärtigen – haben wir die Aufgaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, der Aufsichtsbehörde über Banken, Finanzdienstleister, den Aktienhandel und Versicherungen, deutlich – man kann sogar sagen: drastisch – erweitert. Zusätzlich ist sie nun dem Schutz kollektiver Verbraucherinteressen verpflichtet. Das haben Sie eben etwas anders dargestellt. Deswegen will ich es noch einmal ausdrücklich betonen. Es ist gesetzlich verankert, dass die BaFin auch dem Schutz kollektiver Verbraucherinteressen verpflichtet ist, und diese Rolle füllt sie nach allem, was wir sehen und hören, auch außergewöhnlich kraftvoll aus. Nahezu wöchentlich untersagt aufgrund dieser neuen Gesetzesmöglichkeit die BaFin Angebote von Produkten, ordnet die Abwicklung unerlaubter Geschäfte an und warnt vor riskanten Anlageprodukten. Das ist auch in diesem Bereich der beste Verbraucherschutz, den wir jemals hatten.

Zur Unterstützung hat die Koalition übrigens bei den Verbraucherzentralen den Finanzmarktwächter neu geschaffen. Ich will auch das noch einmal ausdrücklich unterstreichen. Dort sitzen Experten, die unmittelbar auf Hinweise eingehen und unmittelbar für Verbraucher mit dem Ohr am Bürger sind und die Produkte thematisieren und kritisieren, vor denen wir zu Recht gemeinsam warnen wollen.

Sie erfahren aus erster Hand, wo Missstände sind. Wird ein Risiko identifiziert, kann die BaFin den Verkauf problematischer Produkte an Kleinanleger untersagen und in letzter Konsequenz – was ein sehr weit gehender Schritt ist, den es in fast keinem anderen Marktsegment gibt – die Produkte sogar komplett verbieten. Man übertrage das einmal auf andere Teile unserer Wirtschaft. Da würde es zu Recht einen erheblichen Aufschrei von Konsumenten und Verbrauchern geben.

Obwohl das Kleinanlegerschutzgesetz noch keine zwölf Monate in Kraft ist, haben wir es bereits sinnvoll geändert. Ich will auch darauf hinweisen; denn es ist völlig klar: Unternehmen sind jetzt zusätzlich gezwungen, sämtliche von der BaFin angeforderten Unterlagen unverzüglich herauszugeben. Die BaFin kann Vermögenswerte einfrieren oder Anbietern die Zulassung komplett entziehen. Diese Befugnisse sind außergewöhnlich umfassend. Sie wirken abschreckend, und sie ermöglichen der Behörde ein sehr gezieltes Durchgreifen im Interesse der Verbraucher.

Uns allen ist bewusst – das müssen wir nicht immer wieder betonen, aber wir tun es gern –: Wir sind keineswegs am Ziel. Wir werden auch nie am Ziel sein. Denn es ist wie in allen Bereichen des Lebens: Die Märkte entwickeln sich weiter. Den Menschen, ob gut meinenden oder böse meinenden, kriminellen oder weniger kriminellen, fällt immer wieder etwas Neues ein. Unseriöse Anbieter suchen sich neue Wege, um an das Geld von Verbrauchern und Anlegern zu kommen. Daher haben wir vereinbart, das Gesetz Ende 2016 auf seine Wirksamkeit zu überprüfen und damit bereits ein Jahr nach Inkrafttreten noch einmal nach Bedarf zu ergänzen.

Viele Schutzmöglichkeiten für Verbraucher vor Risiken im Finanzmarkt ignorieren Sie in Ihrem Antrag völlig. Ich will nur auf den Ombudsmann hinweisen, den es schon sehr lange gibt. Das ist eine große Errungenschaft, die übrigens außergewöhnlich intensiv genutzt wird. Die Verfahren sind kostenfrei. Sogar die Versicherer bezahlen die Verfahren im Zweifelsfall. Auch die Behauptung, es gebe keinen Rechtsschutz, ist falsch. Natürlich sind auch diese Verfahren vom Rechtsschutz gedeckt. Wir haben die Haftpflichtversicherung für Finanzvermittler mehrfach ausgeweitet und haben damit auch vielen Verbrauchern berechtigte Sorgen genommen.

So schutzlos, unwissend und unbeholfen, wie Sie die Bürger darstellen, sind diese in der Regel Gott sei Dank nicht. Das zeigen Hunderte, ja Hunderttausende von Verfahren, die beispielsweise nach der Pleite von Lehman Brothers auch zur Entschädigung von Anlegern geführt haben. Das zeigen auch Kapitalanlegermusterverfahren. Denken Sie an die Verfahren gegen die Telekom und gegen die Daimler AG. Das zeigen hunderttausend Verfahren bei Bankenombudsmännern im Jahr 2014. Ich wiederhole: 100 000 Bürgerinnen und Bürger haben von diesem Recht Gebrauch gemacht. Sie sind weniger uninformiert und unbeholfen, als Sie es darstellen.

Der informierte Verbraucher hat also unzählige Möglichkeiten, auch nach einem Schaden auf dem Finanzmarkt zu seinem Recht zu kommen. Wer allerdings überhaupt kein Interesse an Informationen über Finanzprodukte hat, dem kann ich nur raten: Lassen Sie die Finger von diesen Produkten. Denn wenn man Produkte nicht versteht, dann sollte man sie nicht kaufen und sein Geld besser anders einsetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Gesunder Menschenverstand ist nicht zu ersetzen!)

Der jetzt eigentlich vorgesehene Kollege Gerhard Schick gibt seine Rede zu Protokoll. Das macht die Debatte nicht unbedingt lebhafter, verkürzt aber die Debattenzeit, sodass als Nächstes gleich die Kollegin Sarah Ryglewski für die SPD-Fraktion das Wort erhält.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6889439
Wahlperiode 18
Sitzung 173
Tagesordnungspunkt Verbraucherrechte bei Anlagepleiten
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta