Sebastian HartmannSPD - Integrationsgesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon einiges zur Einordnung des ersten Integrationsgesetzes in Deutschland gesagt worden. Ich halte mich mit der historischen Einordnung zurück. Etwas kritisch ist die Opposition. Ich sage Ihnen: Seien Sie nicht so kritisch! Schauen Sie sich das Gesetz zuerst genau an. Das ist die dringende Empfehlung, die ich nur unterstreichen kann.
Es gibt zwei Vergleichsmöglichkeiten. Einerseits kann man ganz klar auf das Einwanderungsgesetz verweisen. Das ist in der Debatte geschehen. Der zweite ganz wesentliche Punkt ist aber, dass wir, wenn wir den Zeitrahmen vergleichen, doch viel schneller sind als bei den Beratungen des Zuwanderungsgesetzes, die sich immerhin von 2001 bis 2005 hingezogen haben. Mit dem Integrationsgesetz 2016 machen wir einen ganz großen Schritt, und das kann man nicht hoch genug einschätzen.
(Beifall bei der SPD)
Herr Kollege Hartmann, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Beck zu?
Ja, gerne.
Sie haben die Opposition aufgefordert, ins Gesetz zu schauen. Das habe ich mir zu Herzen genommen.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Endlich! – Zurufe von der SPD: Erst jetzt?)
Ich möchte Sie fragen, weil das Bundesinnenministerium uns das am Mittwoch nicht beantworten konnte: Wo ist die Regelung des § 29 Absatz 2 Asylgesetz, nach der ein Asylbewerber, der aus einem sicheren Drittstaat kommt, nach drei Monaten den Anspruch hat, dass sein Asylverfahren hier in Deutschland betrieben wird, wenn er bis dahin nicht aus dem Land geschafft werden konnte? Ist die Regelung weg? Ist das gewollt?
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Wenn sie nicht mehr drin ist, ist sie weg!)
Oder habe ich sie einfach nicht gefunden?
Lieber Herr Kollege Beck, vielen Dank für Ihre Frage. Ich habe sehr lange an dem Forum Menschenrechte teilgenommen, an dem auch Sie zeitweilig teilgenommen haben.
(Zurufe von Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
– Diese Bemerkung muss dann aber auch erlaubt sein. – Danke, dass Sie die Frage aufwerfen. So kann man das in der parlamentarischen Beratung für alle Beteiligten deutlich machen.
Sie haben die Frage an die Bundesregierung gerichtet, weil Pro Asyl diese Frage aufgeworfen hatte. Die Bundesregierung hat Ausführungen über die Unbeachtlichkeit eines Antrages, die Unzulässigkeit eines Antrages und über die rechtssystematische Gleichstellung gemacht und dargelegt, dass es aus Sicht der Bundesregierung – der Innenminister nickt an dieser Stelle – um eine Rechtsklarstellung geht. Das hat die Regierung deutlich gesagt.
Ich habe mir eine Notiz gemacht. Wir beginnen heute mit den Beratungen des Integrationsgesetzes.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nicht meine Frage!)
– Ich beantworte Ihre Frage. Sie müssen aber auch zuhören, Herr Beck. Ich glaube, das ist die minimale Anforderung an jeden, der an der parlamentarischen Beratung teilnimmt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich verlasse mich auf die Aussage – da spreche ich für viele Kolleginnen und Kollegen –, dass es um eine Rechtsklarstellung geht und nicht um einen Abbau von Rechten von Menschen, die in einem Asylverfahren auf den Rechtsstaat vertrauen.
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war aber nicht die Frage! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frage war: Wo ist § 29 Absatz 2?)
Wir werden darauf achten, dass es eine Rechtsklarstellung ist. Messen Sie uns doch an der Aussage, die vom Innenministerium getroffen worden ist.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann ja nicht sein, wenn die Regelung fort ist!)
– Wieso kann das nicht sein, Herr Beck, wenn es eine Angleichung an andere Verfahren ist? – Sie haben das im Zusammenhang mit dem EU-Türkei-Abkommen gesagt. Es geht uns darum, dass der Rechtsstand, den wir vor der Einbringung des Entwurfes hatten, erhalten bleibt. Das ist der Punkt. Das war der Diskussionsstand. Wir beginnen heute mit den Beratungen. Ich schlage vor, dass wir dann, wenn wir den Gesetzentwurf abschließend beraten, genau diese Frage beantworten. Es wäre schön, wenn Sie sich dann dem anschließen könnten, was wir hier gerade gesagt haben. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die SPD hat sich erfolgreich in den Verhandlungen dafür eingesetzt, dass Rechte und Pflichten miteinander im Einklang stehen. Das eine bedingt untrennbar das andere. Das Integrationsgesetz ist ein ganz wesentlicher Schritt, um für die Integration einen klaren rechtlichen Rahmen zu schaffen. Aber wir wissen auch, dass eine erfolgreiche Integration eine klare Orientierung und ein klares Leitbild braucht. Dieses Leitbild müssen wir gemeinsam entwerfen. Das ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen. Deswegen geht mein Dank insbesondere an die Kommunen, in denen ein großes ehrenamtliches Engagement zu finden ist. Ich erinnere auch an die Katastrophenfälle durch die Unwetter, die wir jetzt in unserem Land haben. Auch da sehen wir das ehrenamtliche Engagement, das unser Land vorangebracht hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir werden dem auf Bundesebene auch gerecht. Wir tragen unseren Teil bei, indem wir nationale und europäische Lösungen anbieten. Wir steuern die Verfahren über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, und wir übernehmen die finanzielle Verantwortung für diese Aufgabe. Einen ganz zentralen Schritt aber gehen wir heute, indem wir gute Rahmenbedingungen für die Integration auf Bundesebene setzen, und zwar mit diesem Gesetz.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Einen Punkt möchte ich besonders herausstreichen. Ich komme aus Nordrhein-Westfalen. Kollegen der Linken und der Grünen, da kann man nur klatschen, wenn man aus NRW kommt.
(Beifall des Abg. Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD])
– Danke, Herr Kollege Mahmut Özdemir. – Nordrhein-Westfalen wurde von der Financial Times Deutschland zur Zukunftsregion Nummer 1 gewählt. In Nordrhein-Westfalen gibt es mehr Investitionen – die Statistik der Bundesbank weist das aus – als in Baden-Württemberg und Bayern zusammen. Nordrhein-Westfalen ist auch ein beliebtes Ziel der EU-Binnenwanderung. Genau darum nehmen wir eine Wohnsitzzuweisung auf Zeit vor. Wir wollen den Prozess steuern, damit in Metropolräumen, zum Beispiel an Rhein und Ruhr, Luft geholt werden kann, um Wohnen und Arbeiten zusammenzubringen. Ich komme aus dem ländlichen Raum Nordrhein-Westfalens. Auch dort kann man gut leben und arbeiten. Darum brauchen wir in Abstimmung mit den Ländern und den Kommunen diese wichtige Wohnsitzauflage.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir schaffen ein faires Angebot. Wir gehen einen weiteren Schritt und setzen die Rahmenbedingungen für gelingende Integration, indem wir Rechte und Pflichten im Integrationsprozess miteinander in Einklang bringen. Wir bieten allen Integrationswilligen und Integrationsbegierigen in unserem Land ein faires und gerechtes Verfahren im Integrationsprozess und schaffen so ein gemeinsames Fundament für Erfolg – nicht nur für die integrationswilligen und integrationsbegierigen Flüchtlinge, sondern auch für uns Deutsche.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6890638 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 174 |
Tagesordnungspunkt | Integrationsgesetz |