03.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 174 / Tagesordnungspunkt 28

Simone RaatzSPD - Vereinbarte Debatte zur Exzellenzinitiative

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwischenzeitlich habe ich mich über die Worte von Herrn Rupprecht gefreut. Ich hatte in den Diskussionen, die wir immer wieder geführt haben, zwar nicht den Eindruck, dass in den Projekten, die insbesondere wir favorisiert haben, zu 98 Prozent die Politik der Union zum Ausdruck kommt.

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Das war Verhandlungstaktik!)

Aber ich freue mich, dass wir uns in der Koalition mittlerweile so nahe sind, dass Sie derart auf SPD-Linie einschwenken. Wenn Sie von 98 Prozent sprechen, muss ich sagen: Hut ab! Das hätte ich nicht gedacht.

Herr Gehring, Sie haben heute sehr staatstragend gesprochen. Man merkt, die Verantwortung in Baden-Württemberg geht auch an Ihnen nicht spurlos vorbei; das finde ich gut.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In zehn Bundesländern!)

Klar, die Projekte sind Kompromisse; das ist einfach so. Aber es sind ja nicht nur Kompromisse zwischen den Koalitionsfraktionen, sondern auch Kompromisse zwischen dem Bund bzw. der Regierung und den Ländern. Ich muss sagen: Das macht es im Wissenschaftsbereich nicht in jedem Fall leichter. Aber ich denke, das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Darum, Frau Gohlke, finde ich die Zusammenfassung aller Kritikpunkte der letzten zweieinhalb Jahre in Ihrem heutigen Beitrag ein bisschen unangemessen. Sicherlich, viele Dinge sind noch zu tun; wir wollen sie auch in Angriff nehmen. Aber es wäre schön gewesen, wenn Sie ein bisschen näher auf die GWK-Beschlüsse eingegangen wären und zur Kenntnis genommen hätten, was Ernst Dieter Rossmann gesagt hat. Heute ist nämlich ein bemerkenswerter Tag. Denn beim Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs reden wir über ein Projekt, das nicht im Koalitionsvertrag enthalten ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dass wir ihn gemeinsam auf den Weg gebracht haben, finde ich gut. Es wäre schön gewesen, wenn Sie auch das eingestreut und somit auch ein positives Wort gesagt hätten. Kritik zu üben, ist nun einmal Aufgabe der Opposition. Es ist sicherlich auch sinnvoll, den einen oder anderen Aspekt entsprechend zu thematisieren.

Auch bei uns, den Mitgliedern der Regierungsfraktionen, kommt es ab und zu vor, dass wir ganz tolle Ideen haben und diese in den parlamentarischen Prozess einbringen wollen. Dann wird häufig gesagt: Nein, das steht nicht im Koalitionsvertrag. – Diese Ideen sind dann nur ganz schwer umzusetzen. Darum sage ich noch einmal: Es ist wirklich toll, dass wir die Bund-Länder-Vereinbarung zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gemeinsam auf den Weg gebracht haben und sie hier und heute debattieren.

Dieser Nachwuchspakt wurde erstmalig im Januar 2015 von unserem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Hubertus Heil öffentlich gefordert. Sie haben zwar die Themen, die CDU und CSU wichtig sind, eingebracht. Aber ich glaube, was diesen Pakt betrifft, waren wir diejenigen, die ihn als Erste gefordert haben. Hubertus Heil hat ihn, wie gesagt, in die öffentliche Debatte eingebracht.

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Bei diesem Pakt war es nicht schwer, gemeinsam einen Weg zu finden. Auch unser Koalitionspartner war relativ schnell von seiner Sinnhaftigkeit überzeugt. Denn dem wissenschaftlichen Nachwuchs kommt in unserem Innovationssystem eine Schlüsselrolle zu. Ich denke, dass wir unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern attraktive Karriereoptionen bieten müssen, um sie im Land zu halten. Das ist natürlich auch im Interesse der Koalitionsfraktionen.

So gab es im April 2015 einen Beschluss der Fraktionsvorstände von Union und SPD. Der Betrag von 1 Milliarde Euro, den wir für den wissenschaftlichen Nachwuchs zur Verfügung gestellt bekommen haben, war damals schon im Gespräch. An dieser Stelle möchte ich den Dank, den Frau Wanka den Fraktionen ausgesprochen hat, gerne an Frau Wissenschaftsministerin Wanka zurückgeben. Danke, dass Sie die Anregungen unserer Fraktion aufgegriffen und den Beschluss der Koalitionsfraktionen letztendlich umgesetzt haben! Das ist nicht selbstverständlich; aber da waren Sie offen. Vielen Dank dafür, dass wir das gemeinsam hinbekommen haben!

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ergebnis kann sich, wie ich schon sagte, sehen lassen. Es gibt 1  000 zusätzliche Tenure-Track-Professuren und immerhin eine Bezahlung nach W 2. Das macht die Stellen für Männer und Frauen attraktiv. Ich denke, dass wir den sogenannten Flaschenhals beim Übergang auf eine Professur damit etwas geweitet haben. Es braucht dazu natürlich noch mehr. Aber ich denke, das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung, der jungen Wissenschaftlern frühzeitig planbarere und verlässlichere Karriereperspektiven ermöglicht.

Und: Wir haben eine familienpolitische Komponente eingeführt. Herr Gehring, Sie sagten, Sie würden sich mehr Gleichstellung wünschen. Aber ich denke, dass wir den Vertrag bei Tenure-Track-Professuren im Falle der Geburt oder Adoption eines Kindes um zwei Jahre verlängern, ist schon eine gute Option. Wir hoffen, dadurch insbesondere junge Frauen im Wissenschaftssystem zu halten. Denn es sind Frauen, die in überdurchschnittlichem Maße aus unserem Wissenschaftssystem aussteigen, weil sie feststellen: Familie und Beruf sind schwer zu vereinbaren. – Darum denke ich, die familienpolitische Komponente ist ein wichtiges Zeichen in die richtige Richtung.

Über die familienfreundlichen Tenure-Track-Professuren hinaus konnten wir, die SPD, gemeinsam mit den Ländern einen Strategieaufschlag von 15 Prozent durchsetzen. Ich hoffe natürlich sehr, dass dieser Strategiezuschlag wirklich genutzt wird, um moderne Personalstrukturkonzepte an unseren Universitäten zu etablieren. Da es in den Bund-Länder-Verhandlungen zwischenzeitlich so aussah, als würde der Strategieaufschlag nicht kommen, freue ich mich, dass wir ihn als wichtiges Element im Hinblick auf die Nachhaltigkeit des Programms auf den Weg gebracht haben.

(Beifall bei der SPD)

Sie sehen also: Es ist ein gutes Programm, das Bund und Länder am 20. Mai 2016 in der GWK vereinbart haben.

Nein, es wird nicht so sein – ich greife kurz einen Beitrag von Ihnen, Frau Gohlke, auf; Sie haben das nur indirekt erwähnt –, dass die zusätzlichen Stellen nach vielleicht zehn Jahren von den Ländern gestrichen werden. Die Länder haben hier eine Verstetigungszusage gemacht, und diese Zusage dient dazu, dass das Programm hoffentlich wirklich nachhaltig ist, im Gegensatz zu dem Juniorprofessuren-Programm, das heute hier schon besprochen wurde. Nur 50 Prozent der Juniorprofessuren befinden sich heute nämlich noch im System. Ich denke und hoffe, dass wir mit dem Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs hier etwas Nachhaltigeres schaffen.

Eines sei noch bemerkt: Wenn selbst die GEW den Nachwuchspakt als weiteren Teilerfolg würdigt, können wir, so denke ich, nicht alles falsch, sondern vieles richtig gemacht haben. Ich denke, hier können wir uns gegenseitig auch ein bisschen auf die Schultern klopfen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Bundestagsfraktion kann ich sagen, dass gute Arbeitsbedingungen und planbare Karriereperspektiven eine Herzensangelegenheit für uns sind. Die von uns auf den Weg gebrachte Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, der Nachwuchspakt und die Selbstverpflichtungen vieler Wissenschaftsorganisationen sind wichtige Bausteine für das Thema „Gute Arbeit in der Wissenschaft“.

Lassen Sie uns gemeinsam an diesem Thema dranbleiben. Ich bin nach den Worten von Herrn Rupprecht ganz optimistisch, dass wir in dieser Legislaturperiode noch weitere Bausteine hinzufügen können.

In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf einmal den Hinweis geben, dass es sich bei den Redezeiten nicht um ungefähre Richtwerte und Trendanzeigen handelt, sondern um zwischen den Geschäftsführern präzise vereinbarte Redeminuten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich bitte, das zu beachten.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor allem die Regierungsfraktionen!)

Jetzt hat die Kollegin Alexandra Dinges-Dierig für die CDU/CSU das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6890861
Wahlperiode 18
Sitzung 174
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte zur Exzellenzinitiative
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