Johannes SelleCDU/CSU - Filmförderungsgesetz
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für 1,167 Milliarden Euro wurden im Jahr 2015 Kinokarten verkauft. Das ist ein Rekord in der deutschen Kinogeschichte. Es gab über 139 Millionen Besucher; auch das ist ein Rekord. Das Spannendste ist: Von denen, die 2013 und 2014 nicht im Kino waren, konnten 2015 ein Drittel ins Kino gelockt werden.
(Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Haben die sich deutsche Filme angesehen?)
Unter den 31 Filmen, die 2015 mindestens 1 Million Zuschauer hatten, waren 9 deutsche Filmproduktionen; das ist ebenfalls ein Rekord. Kino hat Attraktivität behalten und konnte Attraktivität ausbauen. Über diese Erfolge dürfen wir uns freuen, ganz besonders darüber, dass der Anteil der deutschen Filme gewachsen ist, die das Gefallen der Zuschauer finden. Da darf man den Schluss ziehen, dass die filmpolitischen Rahmenbedingungen gut gesetzt waren. An dieser Stelle wollen wir mit dem neuen Filmförderungsgesetz weitermachen.
(Beifall der Abg. Dr. Astrid Freudenstein [CDU/CSU])
Unser Anliegen ist es, die Qualität im deutschen Film zu fördern, beim Kurzfilm, beim Kinderfilm, der uns besonders am Herzen liegt, beim Dokumentarfilm und natürlich auch beim Spielfilm. Film ist Kultur- und Wirtschaftsgut zugleich. Eine erfolgreiche Filmförderung muss daher wirtschaftliche und künstlerische Faktoren berücksichtigen.
Genau diesen Elementen widmet sich der Gesetzentwurf. Alle Entwicklungsstufen werden in den Blick genommen, vom Drehbuch über die Projektförderung und die Vermarktung bis hin zur Kinoförderung. Die Kunst des Filmschaffens kann aus einem guten Drehbuch einen guten Film machen; aber am Anfang steht das gute Drehbuch, und deshalb konzentrieren wir die Fördermittel auf Investitionen in die Qualität der Drehbücher.
Es liegt in der Natur des Filmschaffens, dass künstlerischer Anspruch und begrenzte Mittel, geplante Drehzeiträume, Wetter und Ähnliches zur Selbstausbeutung führen können. Mit diesem Gesetz führen wir eine Mindestförderquote von 200 000 Euro ein. Wir wollen mit der angemessenen Beteiligung der Filmförderung an den Herstellungskosten dafür sorgen, dass die Finanzierung nicht am Förderbetrag scheitert. Der Verwaltungsrat erhält Spielraum, um die Beteiligung in angemessenem Maße nachzujustieren. Das ist ein Beitrag zur sozialen Absicherung.
Wir tun das alles als Mittler und Moderatoren für die Filmwirtschaft. Die Gelder, die wir nach den Regeln des Filmförderungsgesetzes ausgeben, sind nämlich keine Steuermittel, sondern sie stammen zum großen Teil aus Anteilen an verkauften Eintrittskarten. Auch das muss immer wieder gesagt werden. In diesem Prozess kollidieren die Interessen der einen Gruppe mit Interessen von anderen Gruppen. Deshalb haben wir die ehrenvolle Aufgabe, einen akzeptablen Weg zu finden und die für alle verbindlichen Regeln zu beschließen.
In der letzten Legislaturperiode konnten wir nur marginal handeln, weil vor dem Bundesverfassungsgericht grundsätzlich über die Förderung beraten wurde. Im Januar 2014 ist Klarheit geschaffen worden. Deshalb können wir nun versuchen, mit einem grundsätzlich neuen Ansatz Strukturen für eine bessere und effektivere Arbeit zu schaffen.
Dazu gehören die drei Entscheidungsgremien, die sich auf Drehbuch- und Produktionsförderung, Verleih-, Vertriebs- und Videoförderung sowie Kinoförderung konzentrieren können. Statt eines 13‑köpfigen Vergabegremiums, das bisher alle Anträge bearbeitet hat, sollen nun 3- bis 5‑köpfige Förderkommissionen gebildet werden, die sich auf einzelne Bereiche konzentrieren können. Außerdem wird deren Arbeitsbelastung verkleinert. Mit diesem Ansatz wollen wir auch das Augenmerk auf die Beteiligung von Frauen richten.
Um die Einnahmen zu verstetigen und gerecht auf die Einzahlergruppen zu verteilen, wird es zu Erhöhungen kommen. Hierzu stellen wir glücklicherweise in der Tendenz mehr Akzeptanz als Kritik fest.
Noch nicht ganz geklärt ist, wie wir mit Video-on-Demand-Anbietern aus dem Ausland verfahren wollen, damit sie gerecht beteiligt werden. Bei Fragen der Globalisierung und der Digitalisierung stehen wir generell wie bei den Steuern unter Druck. Dieser Druck, zu Lösungen zu kommen, ist, glaube ich, stark gewachsen. Erste Signale von der Europäischen Kommission gehen in diese Richtung.
Das Kino, das seinen Platz im kulturellen Leben behauptet, wollen wir weiter stärken und schützen, vor allem im ländlichen Raum. Das heißt, die erste Verwertungsstufe soll das Kino bleiben, und es soll weiterhin Sperrfristen geben. Das heißt aber auch, dass wir mit diesem Instrument flexibler werden wollen. Bei innovativen Crossstrategien oder mangelndem Interesse an einer Kinoauswertung wollen wir schneller zu den nachfolgenden Auswertungsstufen kommen. Das ist zeitgemäß und resultiert aus den Erfahrungen der letzten Jahre.
Auch in unserer Fraktion gibt es Ideen, die wir in den Diskussionsprozess einbringen wollen. Dazu gehört das Erfolgsdarlehen, mit dem wir uns noch einmal befassen wollen, weil wir es nach wie vor für richtig halten, die Erfolgreichen zu stärken und zu neuen Projekten zu motivieren. Über die Idee aus der Branche, von Anfang an einen Erlöskorridor für Produzenten zu ermöglichen, wollen wir auch diskutieren. Wir wollen auch den Kinderfilm stärken. Als Thüringer Kulturpolitiker liegt mir der Kinderfilm besonders am Herzen; denn Thüringen ist Kinderfilmland. Vielleicht kann man bei der Besetzung der Gremien des FFA-Verwaltungsrates etwas bewirken. Wenn einer der vorgesehenen Produzenten sich für den Kinderfilm engagiert, wäre das schon etwas.
Ich freue mich auf den Diskussionsprozess. Genügend Stoff gibt es.
Herzlichen Dank.
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Retrieved from | http://dbtg.tv/fvid/6890985 |
Electoral Period | 18 |
Session | 174 |
Agenda Item | Filmförderungsgesetz |