Stephan MayerCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu den Unwettern in Deutschland
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Apokalyptische Vorgänge haben sich im Rahmen der Hochwasserkatastrophe in Deutschland in den letzten Tagen abgespielt. Ich glaube, der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer übertreibt nicht, wenn er von einem „Inferno“ spricht.
Auch wenn dieses Starkregenereignis, das sich in vielen Bundesländern zugetragen hat, regional begrenzt war, so kann man doch, glaube ich, deutlich darauf hinweisen, dass diese Katastrophe – ich möchte wirklich von einer „Katastrophe“ sprechen – der Hochwasserkatastrophe von vor drei Jahren in keiner Weise nachsteht. Auch wenn das Gesamtausmaß geringer ist, weil das Hochwasser dieses Mal regional und örtlich begrenzt war, so muss man doch deutlich sagen: Die betroffenen Personen, die Opfer dieser Hochwasserkatastrophe, sind genauso dramatisch geschädigt wie die Opfer von vor drei Jahren.
Deshalb bin auch ich der Meinung, dass es dem Bund gut ansteht, mitzuhelfen. Es ist nicht nur die Aufgabe der betroffenen Bundesländer, sich jetzt zu engagieren. Das Engagement des Freistaats Bayern ist schon genannt worden, aber auch andere Bundesländer sind jetzt sehr schnell dabei, den unmittelbar Betroffenen zur Seite zu stehen. Ich glaube, gerade in dieser Stunde steht es auch uns gut an, unsere Gedanken den Opfern zuzuwenden. Es ist schon erwähnt worden: elf Tote insgesamt, allein im Landkreis Rottal-Inn 45 Verletzte. Wir sollten Anteilnahme zeigen, unsere Gedanken denen zuwenden, die betroffen und demoralisiert, teilweise auch traumatisiert sind. Aber es geht auch darum, die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Bund seinen Obolus dazu beitragen muss, sei es aus dem Fluthilfefonds, sei es aus anderen Mitteln. Wir dürfen die Kommunen und die Länder hier nicht alleine lassen.
(Beifall im ganzen Hause)
Es geht aus meiner Sicht auch darum, dass schnell geholfen wird. Es gibt ja das geflügelte Wort: Wer schnell hilft, hilft doppelt. Es ist schön und auch vorbildlich, dass die Bayerische Staatsregierung allen Betroffenen – das ist teilweise schon erfolgt – 1 500 Euro pro Haushalt hat zukommen lassen. Aber auch der Bund sollte sich hier engagieren. Ich möchte deutlich sagen, dass es für die Betroffenen allenfalls ein schwacher Trost ist, wenn der Einsatz mit Blick auf die Schadensbeseitigung, das Aufräumen und auch auf die Wiederherstellung der Infrastruktur sehr gut gelaufen ist.
Ich glaube, wir können wirklich mit Stolz auf die Hilfs- und Katastrophenschutzorganisationen des Bundes und der Länder verweisen. Ihr Einsatz lief – das sage ich in aller Offenheit – in der Vergangenheit nicht immer ganz so gut. Auch wenn Deutschland nicht nur dafür berühmt ist, unbürokratisch vorzugehen: Diese dramatische Katastrophe hat gezeigt, dass dann, wenn Not am Mann ist, wenn die Not am größten ist, unbürokratisch zusammengearbeitet wird. Ich möchte deshalb wirklich allen Hilfs- und Rettungsorganisationen des Bundes und der Länder von ganzem Herzen danken. Ob das die Polizei, das Technische Hilfswerk, die Feuerwehren oder das Rote Kreuz ist: Hier ist in engagierter Weise wirklich hochprofessionell und herausragend gearbeitet worden.
(Beifall im ganzen Hause)
Mein Heimatort Neuötting liegt nur 20 Kilometer Luftlinie von Simbach, dem am stärksten betroffenen Ort, entfernt. Ich habe aufgrund der Erfahrungen der letzten Tage sehr intensiv mitbekommen, was dort geleistet wurde. Es waren alleine im Landkreis Rottal-Inn über 5 000 freiwillige Feuerwehrfrauen und ‑männer im Einsatz, über 1 000 Polizisten der bayerischen Landespolizei, 70 Bundespolizeibeamte, die vor allem auch mit Hubschraubern insgesamt 800 Personen evakuiert haben. Auch hier sind sehr viele Leben gerettet worden. Der Kollege Straubinger hat schon darauf hingewiesen, dass insgesamt 150 Menschen aus höchster Not, aus lebensbedrohlicher Situation gerettet wurden.
Aber es kamen auch Helfer aus Österreich: über 200 Feuerwehrleute, 75 Einsatzkräfte des Roten Kreuzes aus dem benachbarten Österreich und – das möchte ich an der Stelle auch noch einmal deutlich betonen – Hunderte von freiwilligen Helfern. Es war teilweise sogar so, dass zu viele freiwillige Helfer vor Ort waren, sodass die Zufahrtsstraßen verstopft waren. So viele freiwillige Helfer wollten sich engagieren, haben alles stehen und liegen lassen, um hier in höchster Not zu helfen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte in aller Kürze auch noch auf die Hilfsorganisationen des Bundes eingehen, allen voran das Technische Hilfswerk. Es war ja nicht immer so, dass die Zusammenarbeit zwischen der Feuerwehr und dem THW so reibungslos funktionierte wie jetzt in dieser Hochwassersituation. Aber gerade jetzt hat sich wieder gezeigt, dass wir mit dem Technischen Hilfswerk – ich glaube, darauf können wir alle, unabhängig davon, welcher Fraktion wir angehören, stolz sein – über eine hoch engagierte, bestens ausgestattete Hilfsorganisation verfügen,
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
was die Trinkwasserversorgung anbelangt. Beispielsweise in Simbach wird jetzt die gesamte Trinkwasserversorgung durch das Technische Hilfswerk sichergestellt. Wer hätte gedacht, dass so etwas in Deutschland überhaupt noch nötig wäre, dass über einen langen Zeitraum hinweg die Trinkwasserversorgung durch das Technische Hilfswerk gestemmt wird oder zum Beispiel auch Brückenbauwerke durch das Technische Hilfswerk erneuert werden?
Ich sage hier ganz bewusst abschließend auch, dass ich weiß, dass man gerade als Präsident einer Organisation wie der THW-Bundesvereinigung in der Gefahr ist, immer darauf hinzuweisen, dass das THW finanziell unterausgestattet ist. Das ist aber nicht so. Das THW ist gut ausgestattet. Aber wenn ich mir vor Augen halte, dass beispielsweise 40 Prozent aller Fahrzeuge beim THW 25 Jahre und älter sind, dass wir als Bund insgesamt für das THW weniger Geld ausgeben als das Land Berlin für die Feuerwehr in Berlin, dann zeigt dies schon, meine lieben Kolleginnen und Kollegen – ich möchte die Katastrophe jetzt in keiner Weise instrumentalisieren –
Herr Mayer, bitte.
– dass wir in Zukunft an der einen oder anderen Stelle das THW nicht nur in Sonntagsreden loben, sondern dann auch finanziell entsprechend ausstatten sollen und die 80 000 ehrenamtliche Helfer so unterstützen, dass sie in schwierigen Einsätzen wie gerade in diesen Tagen ihre Arbeit in adäquater Weise leisten können.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank, Kollege Mayer. – Nächster Redner in der Debatte: Ralph Lenkert für die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6905338 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 175 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu den Unwettern in Deutschland |