Marian WendtCDU/CSU - Informations- und Transparenzgesetz
Vielen Dank, Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Geburtstagsgrüße. Was gibt es Schöneres, als an so einem Tag über offene Daten, über Open Data, zu sprechen?
(Heiterkeit)
Da fällt mir schon etwas ein. Aber das ist etwas anderes. – Entschuldigen Sie.
Zum Thema. „ Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“ So klingt es, wenn Sie als Linkspartei den Zielkonflikt zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit betrachten. Sie fordern stets mehr, mehr und mehr beim Datenschutz, ganz egal, ob sinnvoll oder nicht. Damit wollen Sie möglichst jede Verarbeitung von Daten, auch anonymisierter oder pseudonymisierter, unmöglich machen. Das geht aber nicht Hand in Hand mit Ihrer Forderung, wie im Antrag, nach völliger Offenlegung aller Informationen.
Zum konkreten Antrag. Ihr Antrag ist abzulehnen; denn Sie gehen grundsätzlich von zwei falschen Prämissen aus.
Erstens ist das Ziel des Informationsfreiheitsgesetzes keine Recherchevergünstigung. Zielsetzung ist es, das Verwaltungshandeln des Bundes transparenter zu gestalten, indem ein Zugang zu amtlichen Informationen geschaffen wird. Sie beschreiben es hier als ein zentrales Problem, dass die im Gesetz vorgesehenen Anfragen an Behörden zu teuer seien. Dem ist im Informationsfreiheitsgesetz schon Genüge getan. Einfache Auskünfte werden dem Gesetzestext nach ohnehin nicht in Rechnung gestellt. Die entsprechende Rechtsverordnung dazu sieht vor, dass aus Gründen der Billigkeit Gebühren erlassen oder ermäßigt werden können. Hiervon wird auch Gebrauch gemacht.
Zum Zweiten geht es Ihnen um die Ausnahmetatbestände, wenn Informationen geliefert werden sollen. Der Staat ist aus unserer Sicht nicht mehr der ferne Verwalter und Entscheider mit Herrschaftswissen, sondern er muss grundsätzlich Verwaltungsinformationen öffentlich zur Verfügung stellen. Die Entscheidungsgrundlagen sollen öffentlich, transparent und nachvollziehbar sein. Nur in Ausnahmefällen, nämlich wenn berechtigte Gründe dagegen stehen, wie beispielsweise Fragen der inneren Sicherheit oder der Schutz persönlicher Daten, müssen diese nicht öffentlich sein. Aber das ist bisher auch im Informationsfreiheitsgesetz so festgelegt. § 3 des IFG nennt den Schutz öffentlicher Belange, darunter sicherheitsempfindliche Informationen. § 5 IFG schützt die personenbezogenen Daten. Über diesen Datenschutz müssen wir gar nicht diskutieren. § 6 IFG schützt geistiges Eigentum. Eine Aufhebung käme sonst einer teilweisen Enteignung und einem Markteingriff gleich.
Diese Einschränkungen sind nichts Besonderes. Sie sind für die Sicherheit unseres Landes und den Schutz persönlicher Daten absolut notwendig. Länder mit sehr viel offenerer Informationspolitik, die Sie und auch ich als Vorbild im Bereich Open Data nehmen, haben ähnliche oder noch weitreichendere Einschränkungen, wie beispielsweise Großbritannien.
Ihre beiden Hauptkritikpunkte am Informationsfreiheitsgesetz in der bestehenden Form gehen also fehl. Offene Daten und Informationsfreiheit – um den Ball einmal aufzugreifen und über den Tellerrand zu schauen – sind für uns, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wichtige Zukunftsthemen. Endlich gibt es eine Technologie, mit der sich der berechtigte Anspruch der Menschen nach Transparenz erfüllen lässt. Endlich gibt es eine Technologie, mit der sich die Datenberge, die unsere Verwaltungen in aller Gründlichkeit sammeln, in Wertschöpfung und somit in eine Mehrung des Wohlstandes umwandeln lassen. Bisher waren Kosten und Aufwand für Sammlung und Bereitstellung dieser Daten astronomisch hoch. Für die Nichtöffentlichkeit von Verwaltungsinformationen war das ein ganz praktischer Grund. Das ist vorbei.
Es gibt in Deutschland große Datensätze, die äußerst vielversprechend sind, wie zum Beispiel die Daten der Maut, die innovative Unternehmen für intelligente Verkehrssteuerung nutzen könnten. Das ist zum Beispiel wichtig für das autonome Fahren oder für den Abbau von Staus. Diese bereits jetzt viel genutzten Geodaten sind ein wahrer echter Schatz, den wir haben. Die Offenlegung dieser Daten birgt ein hohes Potenzial für den Breitbandausbau. Wer weiß, wann und wo die Straße aufgemacht wird, der kann auch gleich ein Glasfaserkabel einbuddeln lassen. Dies spart eine Menge Geld.
Meine Damen und Herren, den Wert offener Daten haben die Bundesregierung und die CDU/CSU-Fraktion erkannt. Mit dem Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Open-Data-Charta der G-8-Staaten ist das entsprechend aufgegriffen. Die fünf wichtigsten Punkte lassen Sie mich hier einmal zusammenfassen. Wir brauchen eine Kultur standardmäßig offener Daten. Diese sollten in hoher Qualität und Quantität zur Verfügung stehen. Sie sollten von allen nach einheitlichen Maßstäben verwendbar sein. Davon erwarten wir ein besseres staatliches Handeln und vor allem wirtschaftliche Innovationen.
Bezeichnend zum letzten Punkt finde ich, dass Sie auf denjenigen Nutzen für die Menschen nicht eingehen, der sich durch die wirtschaftliche Verwaltung dieser Daten ergibt. Der genannte Punkt der Transparenz ist aber wichtig. Sie ist eine der Grundlagen demokratischer Staatsformen. Aber mit dieser Transparenz kann man zusätzlich noch etwas befeuern. In unserem Land mit seinem hohen Innovationspotenzial kann sie dafür sorgen, dass Menschen in Arbeit kommen und es uns allen besser geht. Das ist ein Umstand, den man nicht ignorieren kann. Das Potenzial, das Open Data hier birgt, ist unermesslich hoch und übertrifft regelmäßig die geltenden Erwartungen.
Vermeintlich wenig interessante Informationen, auch solche, die unter Transparenzgesichtspunkten sogar irrelevant scheinen, können höchsten Nutzen stiften, so zum Beispiel die Lage aller öffentlichen Toiletten in Wien. Für sich gesehen ist es eine recht langweilige Liste, aber in der richtigen App
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wenn man mal pinkeln muss!)
ist es eine höchst wertvolle Information für jeden Gast einer Stadt. Das ist vielleicht gerade der Vorteil bei Open Data: die Unvorhersehbarkeit. Die Frage ist: Wo hat jemand eine Idee und kann vielleicht zur Verfügung gestellte anonymisierte und pseudonymisierte Daten nutzen?
Datengetriebene Innovation hat in Neuseeland einen drastischen Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum geleistet. Die neuseeländische Regierung spricht von 3 Milliarden Euro an zusätzlicher Wertschöpfung bei Dienstleistungen und in der Produktion in den kommenden fünf Jahren. Deutschland hat etwa die 20-fache Wirtschaftsleistung. Das Potenzial ist also immens.
Andere Länder erkennen das auch und fangen bereits an – bzw. sind schon mittendrin –, die Daten nutzbar zu machen. Großbritannien hat eine umfassende Kampagne gestartet, die Erfolge zeigt. Meine Kollegen aus dem Bereich Digitale Agenda und ich haben dazu vor kurzem Gespräche mit britischen Vertretern von data.gov.uk geführt. Auch das ist eine beeindruckende Geschichte und sicherlich ein Vorbild. Taiwan, Dänemark und Finnland sind weitere Länder, die auf Open Data setzen und hier Erfolge vorweisen können.
Der angestrebte Beitritt zur Open Government Partnership, den die Bundesregierung angekündigt hat, offenbart ihren Willen und die Überzeugung, dass es in diesem Bereich weitergehen muss und weitergehen wird. Ich bin zuversichtlich, dass uns das Thema Informationsfreiheit weiter begleiten wird, beispielsweise
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Durch Anträge der Linken!)
im Zusammenhang mit einem Open-Data-Gesetz, mit dem wir eine starke Basis für Innovation schaffen wollen. Die hat auch der CDU-Bundesvorstand in seiner Mainzer Erklärung entsprechend formuliert.
Wir werden auch in Zukunft in diesem Hause viel darüber debattieren, wie Open Data und die Informationsfreiheit auszugestalten sind und wie wir vor allem die entsprechenden Maßnahmen zügig umsetzen können. Ich hoffe auch, dass wir darüber sprechen werden, welchen Nutzen die Menschen, also wir alle, daraus schöpfen können. Dafür werden wir uns gemeinsam starkmachen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit und Ihre Unterstützung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])
Vielen Dank, lieber Marian Wendt, und noch einen schönen restlichen Geburtstag, mit oder ohne Daten – wie Sie es am liebsten haben.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich möchte Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergebnis der Wahl zum Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik kundtun: abgegebene Stimmen 570, ungültige Stimmen keine, gültige Stimmen 570; das ist ja logisch.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Eigentlich schon!)
– Eigentlich ist das logisch. – Mit Ja haben gestimmt 511 Abgeordnete,
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
mit Nein haben gestimmt 39 Abgeordnete, enthalten haben sich 20 . Herr Roland Jahn hat damit die erforderliche absolute Mehrheit deutlich erreicht. Er ist damit zum Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gewählt.
Wir gratulieren von Herzen, lieber Roland Jahn, und wünschen viel Kraft für das wichtige Amt.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir kommen zurück zur Debatte. Der nächste Redner in der Debatte: Dr. Konstantin von Notz für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6908451 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 176 |
Tagesordnungspunkt | Informations- und Transparenzgesetz |