09.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 176 / Tagesordnungspunkt 11

Volker UllrichCDU/CSU - Informations- und Transparenzgesetz

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Informationsfreiheitsgesetz ist zehn Jahre alt und hat in der Tat einen wichtigen und richtigen Paradigmenwechsel eingeleitet. Es hat dafür gesorgt, dass Bürger die Möglichkeit haben, ohne ein rechtliches Interesse vorbringen zu müssen, Zugang zu staatlichen Informationen zu bekommen. Damit ist das Regel-Ausnahme-Verhältnis umgedreht worden. Hat es bis 2005 noch geheißen, grundsätzlich ist alles vertraulich, und nur in einigen Ausnahmen hat man Zugang zu Informationen, so ist dies umgedreht worden. Jetzt ist dem Grunde nach zunächst einmal alles offen und für denjenigen, der es bekommen möchte, erreichbar, und nur in Ausnahmefällen kann die Information versagt werden.

Ich meine, dass zehn Jahre Informationsfreiheitsgesetz dazu beigetragen haben, dass die Bürger Vertrauen in diesen Staat festigen, weil er offen und transparent ist.

(Beifall des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diese Informationsgeschichte sollten wir auf alle Fälle würdigen.

Dennoch können wir diesem Antrag heute nicht Folge leisten.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wusste ich doch, dass das kommt!)

Das liegt darin begründet, dass er in einigen Punkten gut gemeint ist; aber er ist eben in einigen Aspekten nicht gut gemacht.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie es besser!)

Ich darf zunächst einmal auf die Frage der Ausnahmetatbestände kommen. Der Schutz öffentlicher Belange ist ein hohes Gut, wenn es um die interpersonellen Beziehungen, um Fragen der inneren und äußeren Sicherheit, aber auch um laufende Gerichtsverfahren geht, und es ist richtig, dass Vertrauliches auch vertraulich bleiben muss, damit der Staat in diesem Bereich handlungsfähig ist. Davon sollten und dürfen wir keine Ausnahme machen.

Wir dürfen auch keine Ausnahme bei Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen machen, weil die Regelung, so wie sie derzeit im Gesetz steht, die richtige ist. Sie sagt nämlich: Wenn derjenige, der Inhaber des Geheimnisses ist, der Veröffentlichung zustimmt, kann die Information herausgegeben werden, wenn nicht, muss es geheim bleiben. Warum? Weil Grundrechte betroffen sind, weil es um Eigentumsgrundrechte von Dritten geht und weil wir bei der Frage der Informationsgewinnung letzten Endes auch diese Grundrechte gegeneinander abwägen müssen. Wir dürfen die berechtigten Interessen Dritter nicht ohne Weiteres bloßstellen.

Deswegen sind die jetzigen Regelungen die richtigen, und wenn Sie sagen, es gebe zu wenig Informationen, die durch den Staat preisgegeben würden, dann darf ich Ihnen zurufen, dass auch das jetzige Gesetz bereits eine Rechtsweggarantie vorsieht. Wenn jemand, der gerne eine Information hätte, diese aber nicht bekommt, der Ansicht ist, dass dies widerrechtlich ist, dann kann er den Klageweg beschreiten. Ich glaube, das ist das richtige Verfahren. Wir werden an diesem Verfahren festhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der zweite Punkt betrifft die Frage der Gebührenfreiheit. Bereits jetzt sind einfache Anfragen gebührenfrei bzw. können gebührenfrei gestellt werden. Sie müssen aber auch sehen, dass im Bereich des Bundes Tätigkeiten der Behörden zunächst einmal dem Kostendeckungsprinzip unterliegen und damit staatliches und Verwaltungshandeln nicht allein zum Nulltarif angeboten werden kann. Vielmehr wird die spezifische Arbeit von vielen Stunden zum Teil durch die Gebühren vergütet. Deswegen ist es richtig, dass für besonders komplizierte Auskünfte maßvolle Gebühren erhoben werden; zudem sind diese Gebühren durch die Gebührenordnung des Bundes gedeckelt. Deswegen ist es ein bisschen populistisch, zu sagen: Wir geben die Informationen preis, ohne dafür Gebühren zu verlangen. – Ich glaube, so wie es in allen anderen Rechtsordnungen des Bundes ein Kostendeckungs- und ein Gebührenprinzip gibt, sollten wir auch hier daran festhalten.

Zuletzt schreiben Sie in Ihrem Antrag, dass es um Kontrolle staatlichen Handelns geht. Da haben Sie zum Teil nicht unrecht. Nur ein Bürger, der informiert ist, kann Rechte wahrnehmen und sich selbst so fortbilden, dass er sich in den politischen Prozess einbringen kann. Wir sollten aber nicht den Fehler machen, Dinge zu verwechseln, die in keinem Zusammenhang stehen. Die Kontrolle von Verwaltungshandeln obliegt zunächst einmal der Verwaltung selbst durch die Gesetzesbindung der Verwaltung. Sie obliegt der Rechts- und der Fachaufsicht, und sie obliegt letzten Endes auch der politischen Verantwortung von gewählten oder ernannten Vertretern. Deswegen ist die Kontrolle staatlichen Handelns nicht eine Aufgabe, die man allein durch ein Informationsfreiheitsgesetz bewerkstelligen kann. Dies ist vielmehr eine umfassende Aufgabe. Deswegen sagen wir: Das entsprechende Gesetz ist nur ein Mosaikstein, aber nicht die Quelle der Kontrolle staatlichen Handelns.

Meine Damen und Herren, wir werden, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben, das Informationsfreiheitsgesetz und damit die Fragen der Transparenz und der Informationsfreiheit sehr sorgsam fortentwickeln. Wir werden bei der Fortentwicklung aber auch die Grundrechte und grundlegende Ansprüche des Staates auf den Schutz vertraulicher Informationen nicht vergessen. Wir werden klug abwägen und eine Lösung finden, mit der wir, glaube ich, in diesem Hause leben können.

In diesem Sinne werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Saskia Esken von der SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6908686
Wahlperiode 18
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt Informations- und Transparenzgesetz
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