09.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 176 / Tagesordnungspunkt 11

Saskia EskenSPD - Informations- und Transparenzgesetz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Titel nach will der Antrag der Linken, dass wir ein umfassendes Informationsfreiheits- und Transparenzgesetz schaffen. Im Kern geht es im Antrag also darum, Handeln und Daten von Politik und öffentlicher Verwaltung so weit wie möglich offen und transparent zu machen. Als Zielsetzung können wir das nur befürworten.

In einem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion aus dem Jahr 2013 – da waren wir noch in der Opposition – heißt es – ich muss mich bei allen Gästen auf der Tribüne dafür entschuldigen, dass das so gedrechselt klingt –:

Transparenz ist konstitutiv für den demokratischen und sozialen Rechtsstaat. Transparenz stärkt die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger, erleichtert Planungsentscheidungen, wirkt Staatsverdrossenheit entgegen und erschwert Manipulationen und Korruption.

Anders gesagt: Wenn alle draufschauen können, dann wächst die Qualität staatlichen Handelns und damit dessen Akzeptanz.

Ich will gerne etwas zu unserer Motivation sagen, das Informationsfreiheitsgesetz, das Umweltinformationsgesetz und das Verbraucherinformationsgesetz zusammenzuführen und zu einem Transparenzgesetz weiterzuentwickeln, wie wir es 2013 bereits beantragt haben. Nach dem 2005 von Rot-Grün initiierten und beschlossenen Informationsfreiheitsgesetz sind öffentliche Verwaltungen – so viel zur Information – verpflichtet, einem Antragsteller Akten und Daten zugänglich zu machen – von einigen Ausnahmetatbeständen einmal abgesehen. Dieses Gesetz war ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung. Aber man ist, wie so oft im Leben, im ersten Anlauf zu kurz gesprungen. Zehn Jahre später könnte man schon über eine Novelle nachdenken.

Dieses Recht der Bürger auf Akteneinsicht auf Antrag ist für die Bürgerin und den Bürger aufwendig – womöglich auch gebührenpflichtig –, für die Verwaltung erst recht. Denn sie prüft erst einmal, ob nicht ein Ausnahmetatbestand vorliegt, die Daten also aus einem der zahlreichen Gründe schützenswert sind. Erst wenn es sich gar nicht abwenden lässt, gibt sie sie heraus. Wenn ein halbes Jahr später noch einmal jemand danach fragt, dann geht die ganze Prüfung wieder von vorne los. Nein, dieser kastrierte Rechtsanspruch ist nicht der Weisheit letzter Schluss; das muss man einräumen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Auch wir wollen deshalb dieses Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Informationsherausgabe weiterentwickeln. Wir wollen, dass die Verwaltung ihr Wissen nicht auf Anfrage, sondern proaktiv, also von sich aus, öffentlich macht, sodass jeder und jede darauf zugreifen kann, und zwar lesbar für Menschen und für Maschinen. Wir wollen einen Rechtsanspruch auf offene Daten, auf Open Data. Das ist für die Öffentlichkeit, die keinen Antrag mehr stellen muss, besser. Es ist aber auch für die Verwaltung viel einfacher. Denn sie muss nur einmal überlegen: Eignet sich diese Information zur Veröffentlichung, oder unterliegt sie einem Ausnahmetatbestand, zum Beispiel dem Datenschutz? – Wenn nicht, dann raus damit! Wer weiß, wer etwas damit anfangen kann.

Wenn mit der neuen Offenheit, mit dem Zugang zum Wissen der Verwaltung dann noch ein bisschen geworben wird, entstehen aus diesem Wissen vielleicht ganz neue, richtig nützliche Sachen: ein Stadtplan, der Pollenkonzentrationen anzeigt, oder eine Zusammenführung der Wartelisten aller Kitas in einem Bezirk. Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt – ebenso wenig wie dem gesellschaftlichen Mehrwert.

Wir konnten uns mit dem Koalitionspartner zwar nicht auf die in unseren Augen durchaus notwendige Zusammenführung der Informationsgesetze einigen. Ein Open-Data-Gesetz ist dagegen durchaus Inhalt des Koalitionsvertrages. Mit der Ankündigung der Bundesregierung, der Open Government Partnership – einem Verein von Ländern, die sich der Offenheit und Transparenz in Regierung und Verwaltung verschrieben haben – beitreten zu wollen, ist ja ein erster Schritt gemacht.

Der Antrag der Fraktion Die Linke verfolgt also ein zwar durchaus begrüßenswertes Anliegen. In der Ausgestaltung ist er aber leider – das haben auch andere schon gesagt – eher dünn. Ja, er nennt alle Schwächen des bestehenden Gesetzes. Er macht aber nicht wirklich konkrete Vorschläge zu deren Behebung. In seiner Kürze wird der Antrag der Komplexität der Materie nicht gerecht. Wir können dem Antrag Ihrer Fraktion deswegen leider nicht zustimmen.

Stattdessen freuen wir uns jetzt auf den Beitritt Deutschlands zur Open Government Partnership, und wir freuen uns darauf, einen Gesetzentwurf des zuständigen Ministeriums des Innern für ein Open-Data-Gesetz noch in dieser Legislaturperiode beraten zu dürfen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Wir laden die antragstellende Fraktion ebenso wie die Grünen dazu ein, diesen Gesetzentwurf dann konstruktiv mit uns zu beraten und als weiteren Schritt in die richtige Richtung am Ende einfach zuzustimmen.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6908687
Wahlperiode 18
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt Informations- und Transparenzgesetz
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