09.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 176 / Tagesordnungspunkt 14

Christian FlisekSPD - Angemessene Urheber- und Künstlervergütung

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär Lange, ich bin froh, dass wir heute hier das zweite große urheberrechtliche Reformprojekt dieser Koalition in erster Lesung verhandeln. Es ist ein gutes Zeichen. Ich betone noch einmal: Die Lethargie im Urheberrecht ist vorbei.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frau Kollegin Rößner, wo gearbeitet wird, da fallen nun einmal auch Späne, da wird diskutiert. Man holt sich deswegen nicht gleich eine blutige Nase, sondern man ist mittendrin in intensiven Debatten. Und es ist auch gut für das Urheberrecht, dass man all diese Debatten führt. Nur wer nichts tut, holt sich keine blutige Nase, weil eben auch nicht diskutiert werden kann mangels irgendwelcher gesetzgeberischen Aktivitäten.

Das ist jetzt vorbei. Wir sind mittendrin im Reformprozess. Wenn insbesondere über das Urhebervertragsrecht und über das Urheberrecht geredet wird, dann hört man immer ganz gerne Formeln wie: Na ja, da geht es um einen fairen und angemessenen Ausgleich zwischen Nutzern, Verwertern und Kreativen. – Dann gibt es in der Regel Applaus – momentan nicht. Sie wissen schon: Ich bin kein Freund von solchen wolkigen Formulierungen, weil sie eines verdecken: Man muss irgendwo mal Farbe bekennen.

Wir haben im Koalitionsvertrag Farbe bekannt. Wir haben gesagt: Wir wollen beim Urhebervertragsrecht etwas für die Urheber tun. Wir wollen die Position der Kreativen in diesem Land stärken, weil wir in der Praxis mittlerweile einige Exzesse – das kann man durchaus sagen – erleben, die dazu führen, dass Urheber und Verwerter nicht auf Augenhöhe miteinander verhandeln. Die sogenannte Vertragsparität ist gestört.

Deswegen sagen wir, die Koalition, und insbesondere wir, die SPD-Bundestagsfraktion: Wir wollen die Position der Urheber hier stärken.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir das Urheberrecht verhandeln, verhandeln wir nichts anderes als die Lohnbedingungen unzähliger kreativ tätiger Menschen in diesem Land, und das ist aller Mühe und Anstrengungen wert.

In den Reden ist schon angesprochen worden, welche Kräfte und welche unterschiedlichen Interessen im Urheberrecht schalten und walten. Sie müssen in der Tat nur den Referentenentwurf und den Kabinettsentwurf gegenüberstellen, um zu sehen, was das Ergebnis ist. Ich sage es deutlich: Der Referentenentwurf, das war Justizministerium pur. Nachdem dieser Entwurf im Kabinett war, haben wir jetzt halt eine etwas andere Situation.

Ich kann hier nur sagen: Wir befinden uns in der ersten Lesung. Wir werden ein intensives parlamentarisches Verfahren durchführen. Wir werden diesen Reformprozess intensiv begleiten. Wir werden uns um viele Dinge kümmern, und wir werden sie uns genau anschauen. Das betrifft die Mehrfachvergütung. Das betrifft die Reichweite des Auskunftsanspruchs, die Frage des Zweitverwertungsrechts. Wir werden uns mit der Situation der Total Buy-outs beschäftigen, und wir werden uns die Frage stellen, ob die Regelungen hierzu derzeit nicht tatsächlich dazu führen, dass Menschen in solche Buy-outs getrieben werden. Das soll nicht heißen, dass manche es wollen. Aber wir werden es sicherlich nicht komplett verbieten. Die Option muss offen bleiben. Aber sie sollen nicht hineingetrieben werden. Wir werden uns auch intensiv mit der Frage beschäftigen, wie die kollektiven Vergütungsregelungen – sie sind wichtig – zustande kommen.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin Herrn Staatssekretär Lange ausdrücklich dankbar dafür, dass er in seiner Rede hier noch einmal deutlich gemacht hat, dass das Ganze nicht in Stein gemeißelt ist, dass wir auch in enger Kooperation mit der Expertise Ihres Hauses, Herr Staatssekretär, dieses Verfahren hier im Parlament offen führen können. Das werden wir auch tun.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der rote Faden, wenn Sie so wollen, aus meiner Sicht ist der, dass wir den einzelnen Urheber bei allem, was er verhandelt, ein wenig aus der Schusslinie nehmen wollen. Der einzelne Kreative, der sich einem großen Verwerter gegenübersieht, einem Verlag, einem Filmproduzenten, der einzelne Drehbuchautor, der einzelne Kameramann – ich denke an all die Menschen, die zu dem Gelingen eines kreativen Werkes beitragen –, hat nicht die Position – es sei denn, er ist einer der großen Stars; aber das ist ein ganz anderes Thema; um die brauchen wir uns nicht zu kümmern –, Bedingungen zu verhandeln, sondern bekommt sie vorgesetzt. Er muss sie akzeptieren, oder er ist aus dem Geschäft. In der Praxis in einigen Branchen ist es so, dass oft noch nicht einmal die Rechtsprechung des BGH, des Bundesgerichtshofs, eingehalten wird.

Deswegen haben wir gesagt: Wir wollen, dass die einzelnen Kreativen gestärkt werden, dass sie in der Lage sind, die Bedingungen gemeinsam über ihre Verbände zu verhandeln. Dazu gehört auch, ehrlich gesagt – das an die Adresse all der Kreativen, die uns jetzt vielleicht zuhören –, dass sie sich in Zukunft stärker organisieren. Das ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für das Funktionieren kollektiver Vergütungsregelungen. Wir werden dafür sorgen, dass dort, wo diese Regelungen verletzt werden, nicht der Einzelne klagen muss, sondern seine Rechte über seinen Verband geltend machen kann.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn Sie so wollen: Das, was im Arbeitsrecht seit vielen Jahren gut und vernünftig funktioniert, soll auf die Kreativbranche übertragen werden. Ich persönlich verspreche mir davon auch einen Schritt hin zu einem branchenspezifisch ausdifferenzierten Urheberrecht. Das werden wir positivrechtlich gar nicht regeln können. Ich bin überzeugt: Das würde jeden Gesetzgeber überfordern. Wer, wenn nicht diejenigen aus der jeweiligen Branche, die sich da gegenübersitzen, weiß am besten, was Sache ist? Ich habe große Hoffnung, dass uns das gelingt.

Ein letzter Satz.

Ein allerletzter Satz.

Ein allerletzter Satz, Frau Präsidentin. – Wir werden bei dem Reformprojekt auch im Auge behalten, wie es um die Einnahmen aus der Geräteabgabe in Zukunft bestellt ist. Sie kennen das Thema: Reprobel, Vogel. Es geht um die Frage: Wie ist zwischen Urhebern und Verlagen zu verteilen? Das hat zu einer enormen Schieflage in der deutschen Verlagslandschaft geführt. Wir werden das intensiv im Auge behalten. Wenn nationale Lösungen möglich sind, werden wir uns sicherlich nicht scheuen, diese anzugehen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Flisek. – Nächster Redner: Dr. Stefan Heck für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6908959
Wahlperiode 18
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt Angemessene Urheber- und Künstlervergütung
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