Stefan HeckCDU/CSU - Angemessene Urheber- und Künstlervergütung
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten im Rechtsausschuss sehr viele Themen, auch sehr viele Themen, die für das gesellschaftliche Zusammenleben in unserem Land wichtig sind. Aber darunter ist das Urheberrecht schon ein besonderes Thema. In keinem anderen Rechtsgebiet ist der Gegenstand, den wir als Gesetzgeber regeln, der durch Verträge geregelt wird, so eng mit der Persönlichkeit der Betroffenen verbunden wie im Bereich des Urheberrechts. Dieses Rechtsgebiet hat in der Zwischenzeit eine ganz enorme wirtschaftliche Bedeutung erlangt; wir als Gesetzgeber sollten hier ganz besonders sensibel vorgehen. Es ist nicht nur Eigentumsrecht, sondern es ist immer auch Persönlichkeitsrecht, das hier betroffen ist.
Bei einem Blick auf die Branche stellt man aus meiner Sicht zweierlei fest:
Erstens. Die Branche – das haben wir schon gehört – ist unglaublich vielfältig. Es beginnt mit den klassischen Ausdrucksformen, etwa dem Buch; da geht es um Autor und Verleger. Es geht weiter mit Musik, Fernsehen, Film und geht bis hin zu unglaublich komplexen Gewerken in Computerspielen und vielen anderen Dingen. Alle die müssen wir am Ende mit einem Vertragswerk, dem Urheberrecht, regeln. All diesen individuellen Erscheinungsformen muss das Urheberrecht gerecht werden.
Zweitens kann man feststellen, dass das Miteinander in diesen Branchen zumeist gut, fair und partnerschaftlich ist. Ausdruck davon ist nicht selten eine oft jahrzehntelange Zusammenarbeit zwischen Autoren auf der einen und Verlagen auf der anderen Seite. Trotzdem – auch das haben wir schon gehört – gibt es Ungleichgewichte und Ungerechtigkeiten in diesem System, die wir beseitigen wollen. Durch die Digitalisierung, die wir erleben, ist die Verhandlungsmacht der Verwerter noch weiter gestiegen. Dadurch ist auch das Schutzbedürfnis der Urheber gestiegen. Deshalb ist es gut, dass wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt haben, die Rechte der Urheber weiter zu stärken.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das haben wir bereits getan, und zwar im Verwertungsgesellschaftengesetz, das wir vor wenigen Wochen hier miteinander beraten haben. Damals haben die Redner der Union – ich glaube, auch der ganzen Koalition – das Justizministerium sehr gelobt. Es war ein guter Referentenentwurf, es war ein guter Kabinettsentwurf. Ich glaube, wir können für uns in Anspruch nehmen, dass wir im Laufe des parlamentarischen Verfahrens aus dieser Grundlage etwas noch Besseres gemacht haben. Dieses Lob – so gern ich das getan hätte, Herr Staatssekretär – kann ich heute leider nicht wiederholen. Der Referentenentwurf war unausgewogen. Er hat die individuellen Bedürfnisse der Branche gerade nicht berücksichtigt. Er hätte zu einer Überregulierung und einem ganz erheblichen Bürokratieaufwand geführt. Das hätte am Ende Geld aus dem System genommen, das den Urhebern zusteht. Es ist gut, dass die Bundesregierung davon Abstand genommen hat.
Trotzdem kann ich die Enttäuschung vieler Kreativer über diesen Prozess gut verstehen. Sie haben Hoffnungen geweckt, die Sie im Ministerium, die wir alle im Parlament am Ende nicht halten können.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Das werden wir sehen!)
Deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt klug vorgehen. Das, was wir jetzt vorliegen haben, ist eine gute Beratungsgrundlage. Es gibt eine ganze Reihe von Punkten, die wir noch intensiv miteinander besprechen müssen. Mir macht große Sorgen, wenn uns Urheber jetzt vortragen, dass die Rechte, die sie im Moment schon haben, beispielsweise beim Auskunftsanspruch, durch diesen Kabinettsentwurf nicht gestärkt, sondern eher geschwächt werden. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir am Ende nicht mitmachen. Uns ist wichtig, dass wir die Rechte der Urheber durch dieses Gesetz tatsächlich stärken und nicht schwächen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich habe, um diesen Punkt noch zu nennen, große Sorgen, ob das, was vollmundig als Verbandsklagerecht angekündigt worden ist, am Ende wirklich praxistauglich ist. Wir haben in einer ganzen Reihe von Rechtsgebieten inzwischen ein Verbandsklagerecht: im AGB-Recht, im Bereich des Datenschutzes. Dort ist die typische Ausgangssituation die, dass der Rechtseingriff bei dem Einzelnen so gering ist, dass er sich berechtigterweise scheut, ein Prozesskostenrisiko einzugehen, das dazu in keinem Verhältnis steht. Deshalb gibt es an dieser Stelle die Möglichkeit, dass nicht der Einzelne gegen diese Rechtsverletzung vorgeht, sondern ein Verband in seinem Auftrag. Das hat dort seine Berechtigung. Das, was wir hier erleben, ist, dass es offenbar gerade im öffentlich-rechtlichen Bereich Praxis ist, dass gemeinsame Vergütungsregeln vereinbart worden sind und trotzdem weit unterhalb dieser bezahlt wird. Dass derjenige Urheber, der dagegen vor Gericht vorgehen möchte, am Ende auf einer schwarzen Liste – deswegen heißt das Blacklisting – landet und dadurch keine Aufträge mehr bekommt, werden wir nicht hinnehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie haben es angesprochen: Wir haben eine weitere Diskussion, die uns im Rahmen dieser Gesetzesberatungen erreicht, nämlich die Frage, wie wir künftig mit der Verlegerbeteiligung umgehen. Es gibt dazu Urteile des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs, die ich in der Sache gar nicht kritisieren will. Sicherlich kann man auf der Grundlage der Gesetze, die wir haben, zu den Ergebnissen kommen, die diese Richter gefunden haben. Trotzdem, finde ich, sollten wir als Parlament ganz selbstbewusst sagen: Das, was in diesen beiden Urteilen steht, hätte niemals ein Deutscher Bundestag, in welcher Zusammensetzung auch immer, sehenden Auges so beschlossen. Für uns war immer klar, dass am Ende ein Gemeinschaftswerk entsteht, an dem jeder – der Autor auf der einen Seite und der Verlag auf der anderen Seite – seinen Anteil hat, und dass das am Ende auch in den Vergütungen seinen Ausgleich finden muss. Das muss gemeinschaftlich vergütet werden. Wir wollen dafür sorgen, dass dieses partnerschaftliche Miteinander von Autoren und Verlagen auch weiterhin Gültigkeit hat.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Diesen Rechtszustand, den wir für richtig halten, müssen wir jetzt im Zuge dieser Gesetzesberatungen umsetzen.
Wir wissen, dass es eine endgültige Regelung nur auf europäischer Ebene geben wird. Trotzdem glauben wir, dass es richtig ist, dass wir uns auch als nationaler Gesetzgeber mit dieser Frage beschäftigen, dass wir Abhilfe schaffen und die Verlage aus dieser teilweise dramatischen existenzbedrohenden Situation befreien. Die Lösung dafür ist nicht trivial, sie ist europarechtlich eher anspruchsvoll. Aber ich glaube, wir sollten uns hier nicht hinter irgendwelchen Ausreden verstecken, sondern dieses Gesetzgebungsverfahren nutzen, um eine Lösung zu finden, die allen Interessen gerecht wird. Ich freue mich auf die Beratung zu diesem Punkt und zum Urhebervertragsrecht insgesamt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Kollege Dr. Heck. – Der letzte Redner in dieser Debatte: Dr. Volker Ullrich, CDU/CSU-Fraktion und – wie Sie schon wissen – aus Augsburg.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Matthias Bartke [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6908961 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 176 |
Tagesordnungspunkt | Angemessene Urheber- und Künstlervergütung |