10.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 177 / Tagesordnungspunkt 28

Johannes FechnerSPD - Reform des Bauvertragsrechts

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen! Nach in der Tat intensiven Vorbereitungen und Gesprächen in den verschiedensten Gremien können wir heute in erster Lesung über den Entwurf eines Gesetzes beraten, das für Verbraucher, Handwerker, Bauunternehmer und vor allem für Bauherren viele Verbesserungen bringen wird, und zwar so viele, dass ich mich in meiner Rede auf einige wenige beschränken muss.

Wir geben mit diesem Gesetz Verbrauchern, die Baumaterial verbauen, das sich hinterher als mangelhaft erweist, endlich einen Rechtsanspruch, dass sie vom Verkäufer des mangelhaften Materials nicht nur neues, mangelfreies Material fordern können, sondern auch den Ersatz der Kosten für Aus- und Wiedereinbau. Das ist nur recht und billig; denn es ist, wie ich finde, Sache des Verkäufers, dafür zu sorgen, dass seine gelieferte Ware keine Mängel hat.

Wie sieht es nun aber aus, wenn ein Handwerker die mangelhafte Ware bei einem Verbraucher eingebaut hat? Bislang bleibt der Handwerker auf seinen Aus- und Einbaukosten sitzen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll das nun geändert werden, und nicht nur dem Verbraucher, sondern gerade auch dem Handwerker – uns als SPD ist das besonders wichtig – wird gegenüber seinem Baustofflieferanten ein Anspruch auf Ersatz dieser Kosten eingeräumt. Das ist nur gerecht. Deswegen sollten wir das so machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In der Tat sieht der Gesetzentwurf zu unserem Missfallen vor – Kollege Hoppenstedt hat es angesprochen –, dass der Baustofflieferant gegenüber dem Handwerker die Haftung für die genannten Kosten abbedingen kann. Das ist wiederum nicht gerecht; denn gerade kleine und mittlere Betriebe haben oft nicht die Stellung und die Position, um entsprechende Klauseln in den AGBs ihrer Lieferanten wegverhandeln zu können.

Der Gesetzentwurf geht zwar davon aus, dass Gerichte zu dem Ergebnis kommen mögen, dass entsprechende AGB-Gestaltungen unwirksam sind. Aber das müssen die Handwerker erst in langwierigen und oft teuren Prozessen erstreiten. Ich finde, wir können es nicht zulassen, dass aufgrund einer solchen Regelung gerade kleine und mittlere Betriebe ihrem Geld hinterherrennen müssen. Das kann ja, wenn die Forderung eine gewisse Höhe erreicht, wirklich existenzbedrohend sein. Ich finde es deshalb gut, dass Herr Billen schon angedeutet hat, für einvernehmliche Vorschläge aus den Fraktionen offen zu sein. Ich habe auch mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Sie, Frau Kollegin Strothmann, unsere Position teilen und sich dafür offensichtlich einsetzen. So falsch, Herr Kollege Hoppenstedt, können wir also da nicht liegen.

Abschließend zu diesem Punkt: Wir brauchen letztlich für das Handwerk die klare Regelung, dass Ein- und Ausbaukosten vom Lieferanten der mangelhaften Ware zu tragen sind.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Im Bauvertragsrecht schaffen wir wesentliche Verbesserungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Kernstück ist das Anordnungsrecht des Bauherrn. Gelegentlich wird bezweifelt, dass wir so etwas brauchen. Ich möchte Ihnen anhand eines Beispiels aus meiner eigenen Bautätigkeit den Grund nennen, warum wir ein solches Anordnungsrecht brauchen.

Meine Gattin und ich haben im letzten Februar einen Bauvertrag unterschrieben. Wenige Wochen danach hat sie, als ich in einer Sitzungswoche in Berlin war, Tine Wittlers Baushow Einsatz in 4 Wänden, eine dem Fachpublikum bekannte Sendung, angesehen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dort sah sie ein Treppenhaus, das sie unbedingt haben wollte. Ich erhielt sofort den Auftrag von ihr, mit dem Bauunternehmer nachzuverhandeln und eine Änderung durchzusetzen.

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Klare Rollenverteilung!)

Wir haben das dann einvernehmlich hinbekommen. Aber in der Praxis ist es oft so, dass ein solcher Änderungswunsch nicht einvernehmlich umgesetzt wird. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir eine gesetzliche Grundlage, um von dem eigentlich geltenden Grundsatz „Verträge sind einzuhalten“ – pacta sunt servanda – abzuweichen.

(Beifall bei der SPD)

Immobilien nutzt man ja Jahrzehnte bzw. ein Leben lang. Deswegen muss es möglich sein, auch nach dem Bauvertragsabschluss solche Änderungswünsche umzusetzen.

Im Sinne der Bauunternehmen haben wir die Regelung vorgesehen, dass ein Rechtsanspruch auf Umsetzung eines Änderungswunschs nur dann besteht, wenn es für den Bauunternehmer zumutbar ist und wenn er eine entsprechende Mehrvergütung bekommt.

Diese Regelung ist also sinnvoll. Wir sollten die Erfüllung von Änderungswünschen auch nach Bauvertragsabschluss ermöglichen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Gerade im Bauvertragsrecht haben alle Beteiligten ein großes Interesse daran, dass es nicht zu Bauverzögerungen kommt. Gut ist deshalb am vorliegenden Gesetzentwurf, dass wir ausdrücklich Regelungen zur Beschleunigung und zur Lösung von Streitigkeiten vorsehen. Wir haben erstmals eine Definition, was überhaupt ein Werkvertrag ist. Verbraucher bekommen einen Rechtsanspruch auf Übersendung einer Baubeschreibung. Es wird das Widerrufsrecht – genauso wie bei vielen anderen Vertragstypen – geregelt. Und es muss zudem eine verbindliche Angabe zur Bauzeit geben. Das sind wichtige Verbesserungen, die wir hiermit vornehmen. Wenn selbst die Linke hier zustimmend nickt, dann muss es ja wohl ein guter Gesetzentwurf sein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Das ist ein Gütesiegel! – Zuruf von der CDU/CSU): Welche Logik!)

Wichtig ist, dass wir praktikable Regelungen finden. Ich finde, wir sollten prüfen, ob es nicht sinnvoll ist, eine Schriftform für den Änderungswunsch zu festzulegen, klare Fristen für die Abgabe und die Annahme der Änderungswünsche zu setzen und sich anzuschauen, ob wir das System zur Berechnung der Mehrvergütung klarer regeln.

Insgesamt, meine Damen und Herren, enthält dieser Gesetzentwurf also zahlreiche Verbesserungen für Verbraucher, für Handwerker, für Bauunternehmen und für die Bauherren. Jetzt gilt es, diesen Entwurf an einigen wenigen Stellen noch zu verbessern. Für mich und die SPD gehören hierzu ganz eindeutig die AGB-feste Regelung, dass Handwerker ihre Ein- und Ausbaukosten auch im B2B-Verhältnis umsetzen können, und die Präzisierung des Genehmigungsrechts an manchen Stellen.

Herr Kollege.

Insgesamt ist es ein gelungener Gesetzentwurf. Herzlichen Dank an das Justizministerium und an alle, die in den verschiedensten Gremien dazu Vorarbeit geleistet haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort erhält nun der Kollege Alexander Hoffmann für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6910498
Wahlperiode 18
Sitzung 177
Tagesordnungspunkt Reform des Bauvertragsrechts
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