10.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 177 / Tagesordnungspunkt 28

Alexander HoffmannCDU/CSU - Reform des Bauvertragsrechts

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Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Kühn, Sie haben zu sehr vielem gesprochen – ich würde sagen, es war eher ein bisschen Wahlkampf –: etwa zum Wohnungseigentumsgesetz und zum Mietpreismarkt. Ich habe an dieser Stelle etwas ganz Verrücktes vor. Ich will nämlich tatsächlich zum vorliegenden Gesetzentwurf sprechen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie kennen den Satz: Das Handwerk hat goldenen Boden. Damit dieser Satz Geltung beanspruchen kann, brauchen wir zwei Dinge: Wir brauchen eine prosperierende Wirtschafts- und Marktlage, und wir brauchen praxistaugliche gesetzliche Rahmenbedingungen. Gerade für Letzteres sind hier im Hause die Rechtspolitiker zuständig. Nach der Schuld­rechtsreform im Jahr 2000 gilt es, zwei Handlungsfelder zu beleuchten und uns für die dort vorhandenen Pro­bleme Lösungen zu überlegen.

Handlungsfeld Nummer eins ist das Werkvertragsrecht. Wenn man genauer hinschaut, muss man feststellen, dass das Werkvertragsrecht – es ist heute schon angeklungen – noch nicht tauglich ist für die speziellen Anforderungen im Baubereich. Das liegt vor allem an vier Komponenten.

Erstens ist es so, dass die Werkerbringung im Baubereich oftmals über einen längeren Zeitraum stattfindet.

Zweitens ist die Erbringung oftmals gegliedert in eine Vielzahl von Abschnitten.

Drittens ist es nicht nur im Hause Fechner so, dass im Rahmen der Bauerbringung dem Auftraggeber oder der Auftraggeberin immer wieder neue Ideen kommen, was man noch alles machen könnte.

Viertens dreht es sich – das ist, glaube ich, ganz wichtig – vor allem für Bauherren immer um eine Rahmengröße, die letztendlich ein existenzielles Ausmaß annimmt. Viele Menschen bauen nur einmal im Leben und wenden dafür dann einen Großteil ihres Vermögens auf.

Handlungsfeld Nummer zwei ist das Kaufrecht. Die dort vorhandene Lücke geht seit Jahren zulasten des Handwerks. Stellen Sie sich folgenden Fall vor – diese Konstellation ist vorhin schon dargestellt worden –: Eine Trockenbaufirma hat den Auftrag, ein Dachgeschoss zu dämmen und auszubauen. Der Auftrag wird erledigt, und die Trockenbaufirma bezieht eine Dampfsperre, die fehlerhaft ist. Sie hat Löcher, ist damit luftdurchlässig, sodass Feuchtigkeit in die Dämmung eindringen kann. Das wird entdeckt, nachdem eingebaut worden ist. Dann hat der Bauherr gegen die Trockenbaufirma Anspruch auf Lieferung einer neuen Dampfsperre, aber auch auf Aus- und Einbau und Tragung der Kosten. Das Problem ist, dass dann kein Rückgriff möglich ist. Die Trockenbaufirma hat gegen den Lieferanten nur Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Dampfsperre. Das ist eine Lücke, die es zu schließen gilt.

Ich freue mich, dass die Forderung der Union, diese Lücke zu schließen – Kollege Hoppenstedt hat es vorhin schon dargestellt –, durch unseren Impuls Niederschlag im Koalitionsvertrag gefunden hat. Heute können wir, wenn wir den vorliegenden Gesetzentwurf anschauen, sagen: Jawohl, wir liefern. Wir regeln hier die Rechtsverhältnisse ähnlich wie im Verbrauchsgüterkauf. Es gibt eine eigene Anspruchsgrundlage, ein echtes Rückgriffsrecht. Deswegen sage ich: Allein die Vorlage dieses Gesetzentwurfs macht diesen Tag zu einem guten Tag für die Handwerker.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir sollten das parlamentarische Verfahren selbstverständlich nutzen, um uns noch einmal gründlich das Für und Wider vor Augen zu führen, inwieweit hier nun noch eine AGB-Festigkeit erforderlich ist oder die Rechtsprechung in diesem Bereich, insbesondere die Indizwirkung von § 307 BGB – Sie haben es vorhin angesprochen –, ausreichend ist.

Nun zurück zum ersten Themenfeld: die bessere Anpassung des Werkvertragsrechts an die Erfordernisse im Baubereich. Ich will auf zwei Themen eingehen, zunächst auf die Abschlagszahlungen, § 632a BGB. Bisher ist es so, dass sich die Höhe der Abschlagszahlungen am Wertzuwachs orientiert, den der Auftraggeber durch die Lieferung und den Einbau der Sache erlangt. Das ist im Einzelfall bisweilen schwierig zu beurteilen, weil natürlich gerade der Verbindungs- oder Einbauvorgang eine ganz andere Wertentwicklung mit sich bringen kann. Deswegen, glaube ich, ist die vorgeschlagene Neuregelung ein guter Schritt. Jetzt soll sich die Abschlagszahlung an dem Wert der erbrachten Leistung orientieren. Das ist im Einzelfall zweifelsfrei festzustellen; denn es ergibt sich letztendlich aus dem Leistungsverzeichnis.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister, wir sollten eine Stelle der Neuregelung unbedingt hinterfragen und uns überlegen, ob wir sie so beibehalten wollen. In der Neufassung ist die frühere Regelung gestrichen, dass die Verweigerung einer Abschlagszahlung wegen unwesentlicher Mängel nicht möglich sein soll. Das war in der Vergangenheit eine ganz wichtige Klarstellung. Ich bekomme aus meinem Wahlkreis und gerade auch aus der Handwerkerschaft in Bayern sehr viele Rückmeldungen. Dort besteht die große Angst, dass man, wenn man diese Klarstellung streicht, dem Missbrauch Tür und Tor öffnet, dass dann nämlich wegen unwesentlicher Mängel Abschlagszahlungen verweigert werden. Das sollten wir dringend überdenken.

Das zweite Thema, auf das ich im Bereich des Werkvertragsrechts noch eingehen will, ist die Abnahme, geregelt in § 640 BGB. Bisher ist es so, dass die Fälligkeit der Werklohnforderung dann hinausgeschoben wurde, wenn der Auftraggeber fristgerecht die Verweigerung der Abnahme erklärt hat. Dafür brauchte er in der Vergangenheit aber keine Gründe anzugeben. Deswegen finde ich es im Interesse der Handwerkerschaft sehr gut, dass die Neuregelung fordert, dass die Verweigerung auch die Benennung der Gründe beinhalten muss. Damit können wir letztendlich, ich sage jetzt mal, bestimmte Winkelzüge, bestimmte Missbräuche, die nur dazu dienen, am Schluss die Fälligkeit der Werklohnforderung hinauszuzögern, verhindern.

Noch eine Ergänzung: Wenn die Verweigerung der Abnahme mit der Benennung der Mängel formuliert ist, dann – das halte ich für sehr gelungen – findet ein, ich sage jetzt mal, Wechselspiel statt. Der Handwerker hat nämlich dann einen Anspruch auf Zustandsfeststellung. Ich glaube, das ist für die Praxis ein ganz wichtiger Punkt. Es wird der Zustand, der Status quo, draußen auf der Baustelle festgestellt. Das schafft letztendlich Klarheit für den Fall, dass später die Diskussion aufkommt: Wer trägt die Verantwortung für später entdeckte Mängel? Ich glaube, das ist ein weiteres wirklich praxistaugliches Instrument.

Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich am Ende zusammenfassen: Ich glaube, wir haben mit diesem Entwurf eine gute Arbeitsgrundlage. Er bringt vor allem für die Handwerkerschaft viele Pluspunkte. Es gibt den Rückgriffsanspruch. Es gibt die Begründungspflicht bei der Abnahmeverweigerung. Es gibt den Anspruch auf Zustandsfeststellung. Es gibt darüber hinaus noch die Sicherungshypothek und die Bauhandwerkersicherung. Daneben bekommt aber auch der Kunde als Verbraucher viele Schutzkomponenten neu eingeräumt. Zu nennen ist die umfassende Informationspflicht in der Baubeschreibung. Es gibt das Widerrufsrecht; das ist schon angeklungen. Und es gibt den Mindestinhalt beim Bauvertrag. Als Mindestinhalt müssen zukünftig der Zeitplan und der Fertigstellungstermin aufgenommen werden. Ich glaube, auch das ist eine praxistaugliche Ergänzung, die am Schluss den Verbraucherinnen und Verbrauchern in unserem Land hilft.

Alles in allem, meine Damen, meine Herren, ein guter Anfang! Bringen wir es im vor uns liegenden parlamentarischen Verfahren gut voran und gut zu Ende!

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sabine Poschmann ist die nächste Rednerin für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6910549
Wahlperiode 18
Sitzung 177
Tagesordnungspunkt Reform des Bauvertragsrechts
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