Simone RaatzSPD - Deutsch-Indische Bildungskooperation
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn Frau Hein einige kritische Worte gesagt hat, so ist es ganz wichtig, festzuhalten: Alles, was die Kooperation betrifft, insbesondere im Bereich Bildung und Forschung, muss auf Augenhöhe stattfinden. Wir sollten nicht – das haben Sie schon angesprochen – Copy-and-paste machen. Darum geht es uns in unserem Antrag auch nicht.
Wichtig ist – das wurde auch bei Ihnen, Frau Hein, und auch bei meinem Kollegen, Herrn Kaufmann, deutlich –, festzuhalten: In der internationalen Zusammenarbeit ist die Kooperation im Bereich Bildung und Forschung ein ganz wichtiges Element. Ich glaube, das wird manchmal in den Debatten vergessen. Hier macht Deutschland enorm viel. Wir leisten viel, ohne immer darauf zu sehen, welchen Mehrwert es für uns hat, sondern es geht darum, den interkulturellen Austausch und im Endeffekt die gegenseitige Zusammenarbeit zu festigen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es geht bei den Kooperationen nicht nur um den Austausch von Wissen, Ideen und Erkenntnissen – natürlich steht das im Fokus –, sondern es geht auch darum, den interkulturellen Austausch zu stärken, bestehende Netzwerke zu festigen und neue zu knüpfen. Deswegen war eine kleine Delegation unseres Ausschusses für Bildung und Forschung vor einigen Monaten in Indien, um zu sehen, wie unsere Mittel wirken, wohin unsere Mittel fließen, die wir jährlich in den Haushalt einstellen. Natürlich darf man dann auch Fragen stellen, nämlich: Welche Programme laufen gut? Wo ist es sinnvoll, in der Kooperation neue und andere Wege zu gehen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Ergebnis dieser Reise ist der vorliegende Antrag „Deutsch-indische Bildungs- und Wissenschaftskooperation ausbauen“ – das kann man auch an der Medienwand lesen – als gemeinsame Initiative von Union, SPD und Grünen entstanden. Ich muss sagen: Ich bin besonders unseren Kollegen von den Grünen dankbar, dass sie diesen Antrag inhaltlich mitgestaltet und mitgetragen haben.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Dank an alle, die sich hier beteiligt haben. Das waren nicht nur die Mitglieder der Delegation, sondern auch viele andere Kollegen, auch wenn sich das hier in den Reihen nicht so widerspiegelt. Es haben sich Kollegen aus unserem Ausschuss, dem Wirtschaftsausschuss und Kollegen, die sich mit auswärtiger Bildungsarbeit beschäftigen, beteiligt. Im Endeffekt ist hier eine runde Sache entstanden. Darum, wie gesagt: Danke an alle Beteiligten und Danke an unsere Fraktionsspitzen, die uns bei unserem Projekt ganz rege unterstützt haben.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Diese große Übereinstimmung in den Inhalten des Antrags ist gut für unser parlamentarisches System. Man sollte das nicht immer negativ sehen. Es ist doch auch schön, wenn man einmal Anträge verabschiedet, bei denen wir uns weitestgehend einig sind. Natürlich kann man Kritik üben. Wenn man aber sagt, die Mehrheit der Punkte tragen wir gemeinsam, dann, denke ich, ist das gut und wichtig für die Sache selbst, insbesondere für die weitere Stärkung der Zusammenarbeit mit Indien.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, kaum ein anderes Schwellenland – ich glaube, Herr Kaufmann ist auch schon darauf eingegangen – investiert so viel in Bildung und Forschung wie Indien. Als weltweit größte Demokratie ist Indien auch für uns ein verlässlicher Partner mit einem vielfältigen Potenzial zur Kooperation. Allein bei Betrachtung des indischen Hochschulsystems wird die rasante Entwicklung des Landes deutlich: Die Zahl der Studierenden ist zwischen 2009 und 2015 von 12 Millionen auf knapp 30 Millionen gestiegen. In dieser Zeit hat sich auch die Zahl der indischen Studierenden in Deutschland mehr als verdoppelt. Damit bildet gerade diese Gruppe eine der größten Gruppen ausländischer Studierender hinter China und Russland.
Es ist aber auch festzustellen – mein Kollege Herr Kaufmann hat es eher positiv gesehen; ich würde sagen, hier können wir vielleicht noch einen Tacken zulegen –, dass Deutschland für indische Bachelor-Studierende bisher kaum attraktiv ist. Um hier den Austausch zu verbessern, fordern wir in unserem Antrag, das erfolgreiche Programm „Working Internships in Science and Engineering“ weiter auszubauen. Ziel ist es dabei, den Bachelorstudierenden ein Stipendium zugutekommen zu lassen, damit sie ein Praktikum an einer unserer Forschungseinrichtungen oder einer Hochschule machen können.
Genauso – darauf müssen wir gemeinsam mit dem DAAD hinwirken – muss es mehr deutsche Studierende geben, die sich für einen Studienaufenthalt in Indien interessieren. Während – Sie haben die Zahlen genannt – 2014 9 200 indische Studierende an unseren Hochschulen eingeschrieben waren, waren nur 730 deutsche Studenten – wir haben es im Antrag auf 1 000 aufgerundet – in Indien. Das ist nicht einmal ein Zehntel. Ziel muss sein, dass der Austausch in beide Richtungen etwa gleich hoch ist.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Thomas Feist [CDU/CSU])
Natürlich müssen die Hochschulsysteme auch attraktiv sein. Ich glaube, dass Indien auf einem sehr guten Weg ist. Gerade im Bereich Mathematik und Informatik könnte der Austausch wesentlich besser sein. Bereits heute besteht in Deutschland ein Fachkräftemangel. Wir wissen, dass der Fachkräftemangel im Zuge der Digitalisierung weiter zunehmen wird. Schon jetzt fehlen rund 40 000 IT-Experten. Ich habe gehört, dass derzeit bei uns 17 000 Menschen Informatik studieren. Das ist viel zu wenig. Da merkt man ja schon, dass hier eine Lücke klafft. Damit sind wir im Moment auf die Ressourcen solcher Länder wie Indien angewiesen.
Das haben wir auch deutlich gesehen, als wir in Bangalore, der IT-Hochburg, waren, wo über 200 deutsche Unternehmen wie Siemens, Allianz und Infineon, also die großen, bereits mit Tochterunternehmen und Vertretungen unterwegs sind, um von den indischen IT-Spezialisten zu profitieren. Die Zahl der Spezialisten, auf die wir da bauen, ist nicht im Hunderterbereich, sondern im Tausenderbereich.
Umso wichtiger ist es, dass wir den Studierenden- und Wissenschaftleraustausch im MINT-Bereich intensivieren. Das muss in enger Zusammenarbeit – es wurde schon gesagt – mit der DFG, dem DAAD und der Alexander-von-Humboldt-Stiftung erfolgen; denn wir müssen international wettbewerbsfähig bleiben. Das ist, wie gesagt, ein wichtiger Punkt unseres Antrags.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Gerade in Zeiten, in denen populistische Parteien an Zuspruch gewinnen und in denen Vorurteile gegenüber anderen Kulturen zunehmen, ist es umso wichtiger, dass wir in allen Bereichen, auch im Bildungs- und Wissenschaftsbereich, den Austausch mit anderen Nationen verstetigen und intensiv pflegen. Das tun wir heute mit dem Antrag zur deutsch-indischen Kooperation. Ich denke, das ist ein wichtiges Zeichen. Wir werden daran arbeiten, dass gerade die Kooperationen im Bereich Bildung und Forschung weiter aktiviert und intensiviert werden.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Kai Gehring erhält das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6910611 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 177 |
Tagesordnungspunkt | Deutsch-Indische Bildungskooperation |