Thomas FeistCDU/CSU - Deutsch-Indische Bildungskooperation
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Genauso verstehe ich parlamentarische Arbeit: Wir haben angeregt, die deutsch-indische Kooperation auszubauen, die Bundesregierung hat das übernommen und nach einiger Zeit schauen wir: Wo stehen wir? Was können wir vielleicht noch besser machen? Wo sollten wir neue Schwerpunkte setzen? – Genau das ist das Ziel unseres vorliegenden Antrages, in dem es nicht nur um Wissenschaftskooperationen geht, sondern vor allen Dingen auch um Bildungskooperationen. Auf diese möchte ich kurz eingehen.
Die Zahlen sind schon mehrfach genannt worden, aber es ist trotzdem immer wieder erstaunlich: Monat für Monat drängen 1 Million junge Menschen in Indien auf den Arbeits- bzw. Ausbildungsmarkt. Es ist wichtig, diesen jungen Menschen Perspektiven zu geben. Frau Hein, natürlich machen wir das auf Augenhöhe; denn auch wir können aus der beruflichen Bildung dort etwas lernen. Die Regierung in Indien hat zum Beispiel ein eigenes Ministerium für die Kompetenzentwicklung und die berufliche Bildung eingerichtet. Das heißt, dass der Stellenwert der beruflichen Bildung in Indien sehr hoch angesiedelt ist. Dass dieser Stellenwert der beruflichen Bildung so wichtig ist, das haben wir gestern im Zusammenhang mit dem Berufsbildungsbericht diskutiert. An Indien sollten wir uns durchaus ein Beispiel nehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Das Zweite ist: Wie macht die indische Regierung das? Die indische Regierung hat dafür gesorgt, dass das zuständige Ministerium eine Kampagne über den Wert einer dualen Berufsausbildung initiiert; denn anders als bei uns oder in anderen deutschsprachigen Staaten hier in Europa ist es so, dass die Arbeit mit den Händen und mit dem Kopf – das möchte ich hinzufügen – in Indien keine Selbstverständlichkeit ist; vielmehr versucht man, durch ein akademisches Studium einen bestimmten Status zu erreichen. Diese Idee ist in Deutschland mittlerweile nicht mehr ganz fremd, aber in Indien sehr verbreitet.
Dort setzt man auf authentische Vorbilder. Authentische Vorbilder heißt – das konnten wir uns vor Ort in Indien anschauen –, dass man diejenigen Auszubildenden mit besonderen Ergebnissen, mit besonderen Leistungen oder auch mit besonderen Biografien herausstellt, die belegen, dass man eben auch aus einer unteren Kaste heraus den Aufstieg erreichen und damit für sich und seine Familie ein sicheres Fundament des Lebens in Indien schaffen kann. Diese guten Beispiele werden also besonders herausgehoben. Ich denke, davon können wir lernen: Wir brauchen auch in Deutschland authentische junge Leute, die davon reden, was duale Berufsausbildung für sie und ihr Leben bedeutet.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es geht bei Kooperationen immer um Gegenseitigkeit. Wir haben das in Bangalore gesehen. Gerade im IT-Bereich – Kollegin Raatz ist darauf eingegangen – sind dort viele große deutsche Unternehmen vor Ort präsent, und man sieht, was im Bereich IT möglich ist, nämlich wirklich die globalisierte Welt zu erfahren. Ich habe das an einem Beispiel gesehen. Wir waren dort bei einer Firma, deren Namen ich jetzt nicht nenne, weil ich sonst alle anderen auch nennen müsste, die sich darauf spezialisiert hat, Messinstrumente zu entwickeln und damit technische Überwachungen von Prozessen zu übernehmen. Dort habe ich auf einem Monitor ein Bild gesehen, das mir recht bekannt vorkam. Es hatte etwas mit einem Auto zu tun, das in Leipzig produziert wird. Ich habe den jungen Mann gefragt, was er denn da mache, und er sagte: Ja, ich kontrolliere hier die Endfertigung dieses Wagens der gehobenen Klasse, der in Leipzig produziert wird. – Das ist wirklich erstaunlich.
Wichtig ist bei der Kooperation nicht nur, dass deutsche Firmen davon profitieren, wenn sie in Indien investieren. Vielmehr ist für mich auch ganz entscheidend, dass wir – wie dieses Beispiel zeigt – den jungen Leuten in Indien eine Perspektive geben; denn darauf kommt es an. Es kommt nicht nur auf den Mehrwert für die deutsche Wirtschaft an, sondern auch darauf, dass wir jungen Leuten in Indien und anderswo eine Perspektive geben, und dafür ist das ein gutes Beispiel.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist angesprochen worden, welche Schwerpunkte wir setzen. Ich halte es auch für sehr gut, dass wir in diesem interfraktionellen Antrag, den wir mit den Grünen gemeinsam eingebracht haben, Punkte herausgearbeitet haben, die nicht nur für Deutschland, sondern auch für Indien ganz besonders wichtig sind.
Zwei wichtige Themen möchte ich am Schluss noch herausgreifen. Eines davon ist die Infrastruktur. Wenn man in Indien unterwegs ist, so erlebt man etwas, wogegen der größte Berliner Stau wirklich lachhaft ist. Deswegen ist es wichtig, dass wir überlegen: Welche Mobilitätskonzepte brauchen diese Städte dort, aber auch welche Infrastrukturkonzepte? – Da kommt wieder die duale Ausbildung ins Spiel, weil man in einer dualen Ausbildung natürlich nicht nur einen Arbeitsgang erlernt, sondern auch etwas über Arbeitsschutz, Umweltschutz und Nachhaltigkeit lernt. Deswegen ist es wichtig, dass wir dies auch in unserer bilateralen Kooperation verstärken.
Wie tun wir das? Wir können natürlich jetzt nicht die Hälfte der 1 Million junger Inder, die jeden Monat auf den Arbeits- und auf den Ausbildungsmarkt drängen, nach Deutschland holen und sie hier ausbilden. Das würde überhaupt gar keinen Sinn ergeben. Deswegen müssen wir effektiv und zielgerichtet vorgehen. Zielgerichtet vorzugehen heißt, dass wir das Programm „Train the Trainer“ besonders unterstützen. „ Train the Trainer“ heißt, dass wir besonders gute Ausbilder nach Deutschland holen oder sie auch vor Ort fortbilden, und zwar nach deutschen Kriterien, und auch mit einem deutschen Zertifikat ausstatten; denn damit können wir auch etwas für das Image der beruflichen Bildung tun. Ein deutsches Zertifikat ist in Indien viel wert, und wenn wir dies noch verstärken können, wäre das eine gute Sache – für Deutschland und für Indien.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Swen Schulz ist der nächste Redner für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6910614 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 177 |
Tagesordnungspunkt | Deutsch-Indische Bildungskooperation |