Stefan KaufmannCDU/CSU - Forschung und Innovation 2016
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das diesjährige EFI-Gutachten, über das wir heute im Kern debattieren, und auch der Bundesbericht Forschung und Innovation 2016 beschreiben eine Erfolgsgeschichte: Dieses Jahr liegen die Ausgaben im Bundeshaushalt für Forschung und Entwicklung bei 15,8 Milliarden Euro. Damit sind die Ausgaben des Bundes in diesem Bereich in den letzten zehn Jahren um sage und schreibe 75 Prozent gewachsen. Zusammen mit der Wirtschaft hat der Staat im Jahr 2014 sogar 84 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Das ist beeindruckend, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die gestiegenen Investitionen zeigen Wirkung: Die Zahl neuer Arbeitsplätze für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hat zwischen 2005 und 2013 fast um ein Drittel zugenommen. Heute arbeiten sage und schreibe 600 000 Menschen in Deutschland in Forschung und Entwicklung. Die Zahl weltmarktrelevanter Patente pro 1 Million Einwohner liegt in Deutschland um mehr als 240 Prozent über dem EU-Durchschnitt und ist damit doppelt so hoch wie in den USA.
Flankiert wird dies durch nachhaltige Investitionen in die Exzellenz. Ich darf in diesem Zusammenhang die Bundesregierung zu der Verabschiedung des Exzellenzpaketes in der letzten Woche beglückwünschen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Die Bundesregierung hat also die Zeichen der Zeit schon seit langem erkannt. Und die Zahlen zeigen: Wir sind auf einem guten Weg, und wir sind in vielen Bereichen international vorne. Doch, meine Damen und Herren, reicht das aus, um im internationalen Wettbewerb, der immer rascher voranschreitet und bei dem immer ehrgeizigere Ziele angestrebt werden, vorne zu bleiben?
Dazu sage ich nur: „Sonnenweg“. Wer in den letzten Wochen die internationale Wissenschafts- und Innovationspolitik verfolgt hat, wird etwas mit diesem Wort anfangen können. Denn mit „Sonnenweg“ wird der neueste und schnellste Supercomputer der Welt bezeichnet, den die Chinesen in der letzten Woche vorgestellt haben. Schon der bisher zweitschnellste Rechner der Welt kam aus China. Der Abstand wird immer größer: Jetzt wird eine Leistung von 93 PetaFLOPS erreicht. Das sind 93 Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde. Damit ist der neue Supercomputer dreimal schneller als alle bisherigen Rechner auf der Welt.
Das Besondere, meine Damen und Herren, an diesem neuen Supercomputer ist: Die Chinesen haben keine importierte Technologie von Intel oder IBM benutzt, sondern die Chips und sogar die Software zur Steuerung der Chips selbst entwickelt. Es handelt sich also um eine chinesische Eigenproduktion. Nur „copy and paste“, das war einmal. Der schnellste Supercomputer Deutschlands steht übrigens in meiner Heimatstadt Stuttgart. Er hat allerdings eine Leistung von nur 5,9 PetaFLOPS.
Was zeigt uns das? Die Chinesen sind gewillt, massiv in Zukunftstechnologien zu investieren, und wir drohen in diesem Bereich durchaus etwas abgehängt zu werden. Das aber können wir uns nicht leisten; denn viele wesentliche Erkenntnisse gerade im Bereich der Computer – dabei geht es um Simulationen zum Klimawandel, um Erdbebenvorhersagen usw. – sind nur mit solch unglaublich schnellen Anlagen zu gewinnen.
Was wir also brauchen, meine Damen und Herren, sind noch mehr Investitionen in unsere Forschung und Wissenschaft. Wir brauchen eigene Innovationen und dürfen nicht von Innovationen aus den USA und China abhängig werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deswegen gab es in den letzten Wochen ja auch die Aufregung um den Augsburger Robotikhersteller Kuka. Forschung und Innovation sind eben entscheidende Faktoren für unsere künftige internationale Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb war es gut und richtig, dass sich die Bundeskanzlerin letzte Woche in China erfolgreich dafür eingesetzt hat, dass die Mehrheit der Geschäftsanteile von Kuka weiterhin in der Hand europäischer Investoren bleibt. Herzlichen Dank dafür.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Im Übrigen regt das EFI-Gutachten in diesem Kontext eine eigene deutsche Robotikstrategie an, die auch ich hier gerne unterstütze. Doch nicht nur in der Robotik gilt: Die großen FuE-Supermächte USA, Japan, Südkorea, Israel und eben auch China stehen mit Deutschland in unmittelbarem Wettbewerb. Und hier bedeutet Stillstand für uns mehr denn je Rückschritt.
Nur zur Erinnerung nenne ich zum Vergleich – bezogen auf den Anteil am Bruttoinlandsprodukt – die FuE-Ausgaben im Jahr 2013: Schweiz 3,0 Prozent, Japan 3,4 Prozent, Südkorea 4,2 Prozent und Baden-Württemberg 5,1 Prozent. Auch das ist eine sehr beeindruckende Zahl! Das müsste eigentlich unsere Benchmark sein. Deshalb frage ich: Warum sind wir nicht mutig und setzen uns für das Jahr 2025 wenigstens einen Anteil von 3,5 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung als Ziel? Das ist – das möchte ich gleich dazusagen – ein ehrgeiziges Ziel, welches natürlich nur gemeinsam mit den Anstrengungen auch der Wirtschaft zu realisieren ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Aber nur so stellen wir sicher, dass Deutschland weiterhin zur internationalen Spitzenklasse gehört. Deshalb lassen Sie uns alle gemeinsam daran arbeiten. Wir hier sind der Haushaltsgesetzgeber, haben es also letztlich auch ein Stück weit selbst in der Hand. Gehen wir also – gemeinsam mit der Regierung, die schon viele Vorleistungen erbracht und wirklich Erfolge vorzuweisen hat, aber auch gemeinsam mit den Unternehmen – mutig voran. Und nutzen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, dabei vor allem auch das riesige Innovationspotenzial der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Die Bundesregierung hat dazu ein Programm vorgelegt, das genau in die richtige Richtung weist. Wenn wir dies alles realisieren, mutig und ehrgeizig bleiben, dann, meine Damen und Herren, bleiben wir auch das Land der Ideen und der Innovationen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Gesine Lötzsch ist die nächste Rednerin für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6946204 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 179 |
Tagesordnungspunkt | Forschung und Innovation 2016 |