23.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 179 / Tagesordnungspunkt 5

Norbert Lammert - Forschung und Innovation 2016

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gehring, Sie sagten gerade: Wir müssen den Anschluss schaffen. – Diese Aussage zeigt, dass Sie den Bericht nicht gelesen haben. Wenn Sie sich einmal anschauen, was das Weltwirtschaftsforum und alle Rankings sagen, dann stellen Sie fest: Wir müssen nicht den Anschluss schaffen, wir sind ganz weit vorn.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Herr Gehring muss ihn schaffen!)

– Vielleicht. – Wir sind innovationsstark. Wir sind effektiv bei den Innovationen. Herr Röspel hat das auch noch einmal herausgehoben. Aber es gilt das, was Stefan Kaufmann gesagt hat: Sich darauf auszuruhen, geht nicht.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Allein schon bei Robotik!)

Wir sind ganz vorn. Aber wir bleiben nicht ganz vorn, wenn wir uns nicht verändern, wenn wir nicht besser werden, wenn wir nicht noch anderes machen und wenn wir nicht noch mehr Geld ausgeben. Das ist die These.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die EFI nimmt sich immer auch Themenbereiche vor, die sie besonders intensiv untersucht. Ein Punkt, den kein Mensch hier erwähnt hat, ist der Bereich Hochschulpolitik. Die EFI hat sich einmal angeschaut, was wir in diesem Bereich machen. Das Urteil der EFI ist grandios, finde ich jedenfalls.

Frau Lötzsch, als ich Ihre Rede hörte, dachte ich: Man hat Ihnen das falsche Redemanuskript gegeben.

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Total!)

Sie haben so geredet, als sei das Wissenschaftszeitvertragsgesetz nicht novelliert worden.

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: So ist es!)

Sie haben von Zwölfmonatsverträgen geredet. Das ist einfach schon erledigt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird die Evaluation zeigen! – Zurufe von der LINKEN)

Ich will aber jetzt nicht die Fakten, die gut sind, nennen, sondern auf die Probleme oder – positiv formuliert – die Herausforderungen hinweisen; denn wir haben in dem Bericht auch Hinweise für unsere Politik bekommen.

Ein Punkt, der uns beschäftigt, ist, dass unsere Forschungs- und Entwicklungsausgaben – zwei Drittel kommen aus dem privaten Bereich, ein Drittel aus dem öffentlichen Bereich – sehr stark auf einige wenige Branchen – Automobil, Chemie, Maschinenbau – konzentriert sind. Hier müssen wir die Förderung dringend verbreitern. Das heißt eben auch, mehr Geld für Innovationen in kleinen und mittleren Unternehmen bereitzustellen. Ihre differenzierte Betrachtung, Herr Röspel, mit dem internationalen Vergleich war völlig richtig. Trotzdem muss man sagen: Durch das EFI-Gutachten wissen wir, dass nicht erst seit dem letzten Jahr, sondern schon viel länger das viele Geld, das wir da bereitstellen – allein ZIM hat ja schon ein Volumen von einer halben Milliarde Euro –, nicht reicht bzw. nicht den gewünschten Effekt hat.

Allein durch mehr Geld wird das Problem aber nicht gelöst. Vielmehr muss man überlegen, woran es liegt, dass dieses Geld nicht den gewünschten Effekt hat. Das haben wir über einen langen Zeitraum mit den Betroffenen, unter anderem mit Wissenschaftlern, diskutiert und daraus Konsequenzen gezogen mit unserem Zehn-Punkte-Programm „Vorfahrt für den Mittelstand“. Von der Presse wurde es im ersten Moment nicht so begeistert aufgenommen, aber von den Handwerkskammern, den Industrie- und Handelskammern und Managern haben wir viele Reaktionen bekommen. Übernächste Woche wird eine große Konferenz zu diesem Thema stattfinden, damit dieses Programm auch wirklich in der Praxis genutzt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es wurde so schön gesagt: Junge Leute begeistern. – Partizipation ist für uns ein Thema, und zwar noch viel stärker als vor fünf oder sieben Jahren. Es gibt die Internetseite buergerschaffenwissen.de , wo wir versuchen, das zu aktivieren. Wir unterstützen die Maker-Bewegung und bereiten gerade eine Bekanntmachung zum Thema „Förderung im Bereich Citizen Science“ vor. Das ist ein Thema, das für uns in der Koalition ganz wichtig ist.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann hat sich unser Druck aber gelohnt! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt sind Sie erst mal baff!)

Thema Digitalisierung. Wir brauchen in Deutschland, um die Chancen, die wir haben, zu nutzen, eine Bildungs- und Qualifizierungsinitiative im Bereich der Digitalisierung; da bin ich mir mit meiner Kollegin Nahles sehr einig. Ich denke, dass die Fördermechanismen, die wir diesbezüglich entwickelt haben, zum Beispiel die Programme zur Medizininformatik und Mikroelektronik – eben wurde der Superleistungsrechner in China angesprochen – geeignet sind. Unser Rahmenprogramm zur Mikroelektronik, das hier auch zur Diskussion steht, ist, glaube ich, ein richtiger Schritt. Liebe Haushälter, das muss natürlich auch entsprechend finanziell unterlegt werden. Da können Sie etwas machen.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Weil der Schäuble so gut haushalten kann!)

– Hoffe ich. – Aber wir haben durch die Veränderung der EU-Beihilferegelung wirklich eine Chance, um den Standort Europa – nicht unbedingt nur Deutschland – in diesem internationalen Wettbewerb ganz weit nach vorn zu bringen. Dazu zählen natürlich die Dinge, die im Bereich Forschung und Entwicklung getan werden.

Wenn ich mir das EFI-Gutachten und anderen Gutachten anschaue, dann ist es so, dass ich viele Empfehlungen teile, aber nicht alle Analysen gleichermaßen richtig finde.

Zum Thema Robotik kann ich Ihnen sagen: Es ist immer noch so, dass China und die USA am meisten in Deutschland ordern und kaufen. Natürlich sind wir in der Produktionsrobotik die Stärkeren. Das hat aber auch etwas mit kulturellen Dingen zu tun. Servicerobotik für Ältere, wie zum Beispiel in Japan eingesetzt, werden wir nie so haben, wollen wir auch nicht. Trotzdem haben wir im Hightechforum Schlussfolgerungen gezogen. Wir freuen uns, lieber Stefan Kaufmann, dass das Future Work Lab im Herbst 2016 in Stuttgart eröffnet wird, gemeinsam, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, mit den Gewerkschaften. Es ist eine wichtige Schnittstelle, an der es vor allen Dingen um die sozialen Aspekte der Weiterentwicklung geht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Steuerliche FuE-Förderung: Dafür bin ich sehr. Das ist ein Punkt, über den wir weiter diskutieren müssen, weil wir das – das muss man ehrlich sagen – in den Koalitionsverhandlungen nicht geschafft haben. Ich sehe hier viele Kollegen, die das genauso sehen; damals ist uns eben nicht alles gleichzeitig gelungen.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Eben!)

– Eben nicht. Herr Kampeter, das muss man an der Stelle sagen.

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Auf den letzten Metern noch frech werden! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Legislatur ist ja noch nicht vorbei!)

– Ja, eben.

3 Prozent vom BIP: Hier müssen wir uns natürlich noch steigern; das ist völlig klar. Wir müssen aber auch realistisch sein und schauen, was das für die Wirtschaft heißt. Anzunehmen, dass die Wirtschaft für Forschung und Entwicklung circa 25 Milliarden Euro so schnell zusätzlich zu den 60 Milliarden Euro, die sie bringt, auflegt, ist irreal. Deswegen ist es wichtig, dort realistische Forderungen zu stellen und natürlich von staatlicher Seite, was unser Drittel anbetrifft, vorwegzumarschieren. Ich glaube, da haben wir, wenn ich mir unsere mittelfristige Finanzplanung anschaue, sehr, sehr gute Möglichkeiten

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Eine letzte Bemerkung. Herr Gehring, Sie schauen doch immer auf unsere Seiten, sind da also gut informiert. Dann müssten Sie doch eigentlich gesehen haben, dass wir Ihren Antrag, den Antrag der Grünen, gar nicht schlecht finden, weil wir die darin formulierten Ziele teilen.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das findet er jetzt wieder schlecht!)

Im Gegensatz zu Ihnen verfolgen wir sie schon und brauchen keine Nachhilfe.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nächster Redner ist der Kollege Ralph Lenkert für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sag doch mal was Nettes!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6946208
Wahlperiode 18
Sitzung 179
Tagesordnungspunkt Forschung und Innovation 2016
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