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Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Die Grünen fordern ein verbindliches Klimaschutzgesetz. Das ist sicher richtig. Wir brauchen ein solches Gesetz, weil wir in Sachen Klimaschutz keineswegs Vorreiter sind, wie es hier immer tönt. Es ist auch richtig, dass konkrete Maßnahmen in verschiedenen Politikfeldern verankert werden müssen. Die Debatte hier zeigt aber auch, dass der Klimawandel keineswegs ein Umweltproblem ist, dass es auch nicht um die Zukunft der Erde geht, sondern um die Zukunft unserer Gesellschaft und darum, wer die Folgen und die Lasten des Klimawandels zu tragen hat, und darum, ob wir zulassen, dass immer die Gleichen die Bestimmer und die Gewinner sind. Wir als Linke wollen das nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen, dass es einen sozial-ökologischen Umbau dieser Gesellschaft gibt. Wir wollen, dass über Verteilungsfragen geredet wird, über die Frage, wie Konzerne, die dafür sorgen, dass wir immer noch Braunkohle verbrennen und immer mehr Autos in unseren Städten und immer mehr Lkws auf unseren Autobahnen haben, entmachtet werden können. Wir müssen eine Umkehr organisieren.

Das wird nicht mit den Spitzen der Automobilkonzerne gehen. Frau Hendricks, Sie haben von verantwortungsvollem Management in den Automobilkonzernen gesprochen. Ich bitte Sie, wo leben Sie denn? Diese Automobilindustriemanager haben zusammen mit dieser Bundesregierung dafür gesorgt, dass es in Europa keine sinnvollen, deutlich reduzierten CO 2 -Abgasnormen für Autos gibt. Man kann das in der Süddeutschen nachlesen. Dort ist Schritt für Schritt dokumentiert, wie die Deutsche Umwelthilfe und andere Verbände ausgebootet wurden und wie die Kanzlerin auf europäischer Ebene praktisch dafür gesorgt hat, dass die deutsche Automobilindustrie auch weiterhin große, dicke Autos bauen und exportieren kann. Das ist das Gegenteil von verantwortlicher Mobilitätspolitik. Dagegen muss man ernsthaft Politik machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt sind Sie auf die glorreiche Idee gekommen, eine Kaufprämie für Elektroautos einzuführen. Das läuft unter der Überschrift „Klimaschutz“. Das ist völlig absurd. Jeder, der sich ein bisschen damit beschäftigt, weiß, dass die Tatsache, dass zusätzlich Elektroautos auf unseren Straßen fahren, überhaupt nichts zum Klimaschutz beiträgt. Man könnte fast sagen: Im Gegenteil. Erstens wissen wir, dass das Zweitwagen sein werden. Es wird also kein einziges normales Auto stattdessen abgemeldet werden. Zweitens wissen wir aus Norwegen, dass die Leute, die ein Elektroauto haben, 80 Prozent weniger den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Warum? Weil sie das Gefühl haben: Jetzt ist ja alles öko, jetzt kann ich ja auch mein Auto nehmen. – Das stimmt aber nicht.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Also keine E-Mobilität? Das ist falsch, oder wie? Was denn jetzt?)

Für die Produktion von Elektroautos muss mehr Energie aufgewendet werden als für die Produktion von normalen Autos, und wenn man sich anschaut, mit welchem Strommix sie fahren, muss man sagen: Im Endeffekt ist die CO 2 -Bilanz von Elektroautos nicht besser.

Das heißt, das ist ein Riesenplacebo. Sie geben 600 Millionen Euro aus, um eine Automobilindustrie zu pampern,

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die auch 600 Millionen zahlen muss!)

die wirklich großen Schaden für diese Volkswirtschaft und den sozial-ökologischen Umbau verursacht hat, und Sie sorgen dafür, dass sich einige Besserverdienende ein ökologisches Feigenblatt anschaffen können.

Wir sind dagegen. Wir wollen, dass mit diesem Geld wirklich der Umbau der Mobilität für alle finanziert wird.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Die Linke gegen Elektromobilität! Bravo!)

Was könnte man machen? Man könnte mit 600 Millionen Euro beispielsweise 4 300 Kilometer Fahrradwege bauen.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Oh!)

Das Volksbegehren in Berlin hat gezeigt, dass die Leute genau das wollen. Innerhalb von dreieinhalb Wochen haben 105 000 Menschen unterschrieben, dass sie einen sehr systematischen Umbau der Stadt wollen, sodass sowohl Kinder als auch alte Leute sicher und in Ruhe Fahrrad fahren können. Damit tragen sie ungleich viel mehr zum Klimaschutz bei als mit den allertechnokratischsten Modellen, die Sie sich überlegen können.

Sie tragen damit übrigens auch dazu bei, dass die Lebensqualität in den Städten besser wird. Sie tragen auch dazu bei, dass es gute Arbeit gibt. Gute Arbeitsplätze in der Verwaltung werden gefordert. Der öffentliche Dienst in Berlin ist kaputtgespart worden. Wenn man vernünftige Strukturen für das Fahrradfahren entwickeln will, wenn man Stadtumbau machen will, braucht man mehr Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Natürlich braucht ein solcher Umbau auch Baufirmen und Unternehmen, die genau das organisieren. Mehr Fahrräder werden auch gebraucht.

Wenn es Ihnen wirklich darum gehen würde, die Beschäftigten in der Automobilindustrie zu unterstützen, dann würden Sie einen Umbaufonds einrichten. Dann würden Sie die 7 Milliarden Euro, die Sie nutzen, um Diesel zu subventionieren, dort einzahlen und den Leuten, den Gewerkschaften und den Beschäftigten, sagen: Überlegt euch, wie man das Geld so einsetzen kann, dass niemand arbeitslos wird, dass es vernünftige Perspektiven gibt und dass Arbeitszeitverkürzungsmodelle subventioniert werden. Da gibt es gute Erfahrungen. Aber so weiterzumachen und die Automobilmanager weiter am Ruder zu lassen und ihnen neue Geschäftsfelder zu ermöglichen, das ist der falsche Weg.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Keine Autos, nur Fahrräder!)

Wir schlagen Alternativen vor. Ich hoffe, dass wir in dieser Richtung irgendwann einmal einen Schritt weiterkommen.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollegin Leidig. – Für die SPD: Frank Schwabe.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6946380
Wahlperiode 18
Sitzung 179
Tagesordnungspunkt Klimaschutz
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