Herlind GundelachCDU/CSU - Klimaschutz
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Klimaschutz – ich denke, darin sind wir uns einig – gibt es nicht erst seit dem Abkommen von Paris. Seit Jahrzehnten treiben wir den Klimaschutz in Deutschland, in Europa und in der Welt voran. Paris ist allerdings ein Meilenstein – das haben wir heute schon mehrfach gehört –, aber nicht nur für die deutsche Politik. Paris ist ein Zeichen für mehr Klimaschutz in der ganzen Welt.
Dieser Umstand und auch diese Erkenntnis sind relevant für die Weiterentwicklung unserer nationalen Klimapolitik. Bei uns macht sich immer wieder – manchmal leicht versteckt, manchmal etwas offener – die Haltung breit – über die Motive will ich jetzt gar nicht spekulieren –, dass Deutschland dem Klimawandel auch alleine begegnen oder als Vorreiter vorangehen könnte, während wenige andere folgen.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer sagt das denn? Niemand sagt das!)
– Das kommt immer wieder. – Wenn ich mir den Antrag der Grünen so durchlese, dann kann ich nur sagen: Das ist zum Teil offensichtlich auch ihre Auffassung.
Ich bin in der Zwischenzeit seit über drei Jahrzehnten in der Politik und habe zeitweise in dem gleichen Haus gearbeitet, das jetzt den Klimaschutzplan entwickelt. Meine Umweltminister hießen Töpfer und Merkel. Beiden gemein war die Erkenntnis, dass Klimaschutzpolitik nur im internationalen Maßstab wirklich erfolgreich gestaltet werden kann. Wir als schwarz-rote Koalition haben daher aus gutem Grund im Koalitionsvertrag festgehalten, dass wir den Klimaschutz europäisch denken und dass unser zentrales Instrument – der Kollege Jung hat das schon gesagt – im Kampf gegen den Klimawandel der europäische Emissionshandel ist. Deswegen möchte ich hier ausdrücklich mit einer immer wiederkehrenden Fehlinterpretation aufräumen.
Der europäische Zertifikatehandel gibt dem klimaschädlichen CO 2 einen Preis, zugegebenermaßen im Augenblick nur einen sehr geringen. Das ändert aber nichts daran, dass die Emissionen im vereinbarten Maße zurückgehen, auch wenn der Ertrag für die öffentliche Hand geringer ist als erwartet und deswegen aus Steuergeldern in einem Fonds nachgesteuert werden muss. Insofern entfaltet der europäische Emissionshandel durchaus seine Wirkung für den Bereich, für den er gedacht ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Diese europäische Lösung, der wir alle in diesem Hause zugestimmt haben, führt aber zu einem Problem, wenn wir im gleichen Feld eigene rationale Lösungen einführen wollen. Alles, was wir zusätzlich einsparen, kann an anderer Stelle – auch das ist schon mehrfach gesagt worden – wieder verbraucht werden, direkt oder mit einer gewissen Verzögerung. Das heißt, eine zusätzliche deutsche Maßnahme in Sektoren, in denen der Zerfitikatehandel wirkt, hätte keinen Effekt auf die insgesamt für diesen Bereich zur Verfügung stehende Menge an CO 2 . Ich glaube, das kann man nicht häufig genug betonen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Energiewende, ein wichtiger Baustein in der Klimapolitik, hat noch immer eine große Unterstützung in der Bevölkerung. Aber wenn wir ehrlich sind, stellen wir fest: Diese hat in den vergangenen Monaten durchaus gelitten. Hintergrund ist: Die gestiegene EEG-Umlage, die Kosten für den Netzausbau, der Netzausbau insgesamt, Mangel an Netzanschlüssen, zu wenig Marktwirtschaft und zu viel Planwirtschaft sowie steigende Redispatch-Kosten fordern durch dramatisch gestiegene Kosten ihren Tribut.
Ähnliches kann uns auch – darauf möchte ich hinweisen – bei einer falschen und vermeintlich gutgemeinten Klimapolitik passieren. Denn Klimapolitik ist – ich glaube, das zeigen auch viele Diskussionen, die wir vor Ort führen – für die meisten Menschen nach wie vor abstrakt und sehr schwer zu fassen. Theoretisch gefragt, unterstützt jeder die Klimapolitik, vor allem wenn das mit so einfachen Fragen wie „Sind Sie für oder gegen Klimaschutz?“ einhergeht.
Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland leisten bereits ihren Beitrag zum Klimaschutz, und zwar auf sehr unterschiedliche Weise. Denn die Durchführung von energieeffizienten Maßnahmen zum Beispiel ist auch Klimaschutzpolitik. Wir haben dazu in Deutschland eine ganze Menge geleistet: Wir haben heute effizientere Kühlschränke, Energiesparlampen, Null-Energie-Häuser und vieles andere mehr.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Super! Super Konjunkturprogramm!)
– Ja, und damit wollen wir auch weitermachen.
Wenn Sie aber fragen, ob zum Beispiel Mietsteigerungen aufgrund energetischer Sanierung oder der Wegfall bzw. die Verlagerung von Arbeitsplätzen aufgrund höherer Energiekosten akzeptiert werden, käme vermutlich eher eine negative Antwort. Das sollten wir auch und gerade im Interesse des Klimaschutzes zu vermeiden wissen. Deswegen ist für mich ganz wichtig: Wir müssen die Menschen bei unserer Politik mitnehmen, und sie müssen sie verstehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die CDU hat sich 1994 – das ist schon lange her – in ihrem Grundsatzprogramm nach intensiver Diskussion zur ökologischen und sozialen Marktwirtschaft bekannt. Das heißt, wir haben uns zu marktwirtschaftlichen Strukturen mit ökologischen und sozialen Leitplanken bekannt. Das ist auch heute noch unsere Maxime.
Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Bulling-Schröter?
Im Prinzip ja, aber ich habe momentan wahnsinnige Probleme mit meiner Stimme,
(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Sehr seltsam!)
und deswegen bin ich froh, wenn ich gut zum Ende komme.
(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Logisch! Bei den Grünen hätten Sie es schon erlaubt!)
Okay, dann nicht.
(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Sehr seltsam!)
Danke. – Denn wir sind eben nicht davon überzeugt, dass Menschen sich aufgrund von staatlichen Vorgaben ändern. Sie ändern ihr Verhalten aus Überzeugung oder aus Eigeninteresse. Und das ist unser Weg: Wir wollen überzeugen und sie durch Anreize dafür gewinnen, den richtigen Weg zu gehen. Das Stichwort NAPE ist heute schon gefallen. Dabei waren wir durchaus erfolgreich. Von 1990 bis 2015 sank der Treibhausgasausstoß um mehr als 27 Prozent.
Zeitgleich ist es uns gelungen – auch das möchte ich betonen –, den Anteil der industriellen Bruttowertschöpfung bei rund 23 Prozent zu halten; in Europa beträgt dieser Anteil 17 Prozent. Daraus resultiert nicht zuletzt unsere Wirtschaftskraft.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Energiewirtschaft und die Industrie setzen heute immer stärker auf eine Verzahnung von Energieumwandlung, Industrie, Mobilität, Gebäude, Wärme und flexible Speicherlösungen. Durch Digitalisierungsmärkte werden die Energieeffizienz und die Flexibilität des Energiesystems gestärkt und neue Wachstumsfelder erschlossen. Die Umstellung auf ein intelligentes, effizientes Energiesystem kann allerdings nur gelingen, wenn Planungssicherheit und ein verlässlicher Ordnungsrahmen mit gemeinsamen Standards geschaffen werden, damit Unternehmen für Innovationen Sorge tragen können.
Daher sollten nach unserer Auffassung die in den Klimaschutzplan aufzunehmenden Maßnahmen unter folgenden Prüfkriterien ausgewählt werden: Kosten-Nutzen-Analyse, Auswirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Arbeitsplätze, Technologieoffenheit, Rechts- und Investitionssicherheit, EU-Kompatibilität und letztendlich auch die Einbettung in ein globales Regime.
Ich bin sicher: Wenn wir so vorgehen, dann wird die Regierung einen guten Klimaschutzplan vorlegen und dann brauchen wir Ihr Klimaschutzgesetz definitiv nicht.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin, und gute Besserung für Ihre Stimme.
Der nächste Redner: Arno Klare für die SPD.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6946434 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 179 |
Tagesordnungspunkt | Klimaschutz |