23.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 179 / Tagesordnungspunkt 9

Sylvia PantelCDU/CSU - Aktionsplan gegen Sexismus

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Familienausschuss habe ich für die Unionsfraktion unter anderem die Berichterstatterthemen Prostitution, Menschenhandel, Gewalt gegen Frauen, Genitalverstümmelung und Zwangsverheiratung, also all jene Themen, die sich mit Gewalt gegen Frauen befassen. Das sind Probleme, über die man nicht gerne spricht.

Nun wurde ich gebeten, für die Union Stellung zu Ihrem Antrag zu beziehen. Ich habe Ihren Antrag gelesen. Zuerst habe ich mich gewundert. Er hat mich irritiert, und dann habe ich ihn erneut gelesen. Dann habe ich mich richtig geärgert. Was erlauben Sie sich? Was erlauben Sie sich, das Leid der Opfer von sexueller Gewalt zu relativieren und für Ihre Umerziehungspläne auszunutzen?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich habe von Ihrem Antrag nun wirklich nichts Konstruktives erwartet, aber das, was ich lesen musste, ist schon sehr oberflächlich. Sie erwecken den Eindruck, als hätten wir gesetzgeberisch in den vergangenen drei Jahren die Hände in den Schoß gelegt. Dabei wissen Sie ganz genau, was diese Regierungskoalition alles auf den Weg gebracht hat, um die Situation für Frauen zu verbessern.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nichts!)

Ihr Antrag ist der große Rundumschlag, Sie wollen einen großen Wurf. Dabei vergessen Sie aber, zu erzählen, womit Sie werfen wollen, auf was gezielt werden muss, wen oder was Sie treffen wollen und wer überhaupt der Werfer sein soll. Stattdessen werfen Sie wild mit Ideologie und Worthülsen um sich. Sie relativieren dabei das Leid der Opfer und verschweigen die wirklichen Probleme.

Gleich im ersten Punkt Ihres Antrags beginnen Sie damit, die Tatsachen zu verdrehen. Sie schreiben, die Ereignisse der Kölner Silvesternacht hätten ausländerfeindliche Vorurteile geschürt, seien benutzt worden für rassistische Hetze und Stigmatisierung von Muslimen.

(Sönke Rix [SPD]: Stimmt leider auch!)

Das sind also Ihre Schlüsse und das, was Sie an der Kölner Silvesternacht stört. Mich stört, dass mitten in Deutschland, mitten im pulsierenden Zentrum einer Stadt, die heute für Lebensfreude, Freiheit und rheinische Liberalität steht, Frauen begrapscht, beraubt und vergewaltigt wurden. Mich stört, dass Polizisten hilflos und überfordert waren, als Gruppen von nordafrikanischen Männern junge Frauen genötigt und erniedrigt haben.

Die Ergebnisse der Ermittlungen zeigen ganz genau, wer die Tätergruppen waren. Es waren eben nicht deutsche junge Männer, sondern es waren junge Männer aus Nordafrika, die sich zumeist als falsche Flüchtlinge in Deutschland aufhalten. Das heißt natürlich nicht, dass alle Männer aus Nordafrika Vergewaltiger, Grapscher oder Diebe sind. Das sagt auch niemand. Aber wir müssen die Dinge beim Namen nennen und differenzieren. Das heißt, dass wir zielgerichtet Werte vermitteln müssen, und das heißt, dass wir mit allem Nachdruck Grenzen aufzeigen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Diese Grenzen gelten für jeden in unserem Land, egal woher er oder sie kommt.

Wenn im Jemen eine Frau nicht alleine aus dem Haus darf, in Nigeria Mädchen wie Vieh verkauft werden oder in Syrien und Ostanatolien minderjährige Mädchen von ihren Familien verheiratet werden, dann will ich Protest hören. In vielen Regionen dieser Welt haben Frauen keine Rechte, und niemand sagt etwas, wenn sie geschlagen oder vergewaltigt werden. Niemand sorgt dafür, dass die Mädchen zur Schule gehen und eine angemessene Ausbildung bekommen. Niemand erklärt dort jungen Frauen, dass sie und nur sie allein über ihren Körper bestimmen. Das sind die wirklichen Probleme. Wir müssen genau darauf achten, dass wir diese Probleme nicht in unser Land importieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Gewalt gegen Frauen ist ein Problem, das wir durch Gesetze und Unnachgiebigkeit gegen die Täter lösen müssen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sagen Sie mal was zu unserem Antrag!)

Genau deshalb haben wir jetzt eine Lösung gefunden. Das „Nein heißt nein“ gilt ohne Wenn und Aber. Dafür bedanke ich mich im Übrigen auch ausdrücklich bei den SPD-Frauen,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dagmar Ziegler [SPD] – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nicht euer Ding!)

die mit den Unionsfrauen gemeinsam dafür gekämpft haben, dass Justizminister Maas ein Gesetz abliefert, das Frauen Schutz und Rechtssicherheit bietet.

(Zuruf von der LINKEN: Da klatscht nicht einmal die CDU!)

Als Nächstes fordern Sie in Ihrem Antrag eine geschlechtersensible Pädagogik, dazu noch ein Kontroll­gremium, das Werbung verhindern soll, die spezifische Geschlechterrollen nutzt. Müssen demnächst in der Spülmittelwerbung immer gleichzeitig ein Mann und eine Frau an der Spüle stehen? Ist es schon Sexismus, wenn bei der Grillwürstchenwerbung ein Mann mit Bier am Grill steht und Frauen mit der Flasche Sekt daneben sitzen? Wer entscheidet, ob das eine sexistische Darstellung oder vielleicht auch einfach die Wirklichkeit ist, wie sie in Hunderttausenden Gärten in Deutschland beobachtet werden kann?

Der uns hier vorliegende Antrag beklagt den Sexismus und sieht ihn an jeder Ecke in unserer Gesellschaft. Für manche ist die Verwendung des generischen Maskulinums bereits Sexismus, also wenn man „Schüler“, „Studenten“ und „Kollegen“ statt „Schüler und Schülerinnen“, „Studenten und Studentinnen“ und „Kollegen und Kolleginnen“ sagt. Auf die Spitze getrieben wird die Angst, sich dem Vorwurf des Sexismus auszusetzen, wenn zum Beispiel der sprachlich völlig verkorkste Begriff „Studierende“ benutzt wird. Dabei spielen Wortsinn und Grammatik für Sie schon lange keine Rolle mehr. Sprache lebt; aber sie entwickelt sich und darf nicht von oben verordnet werden.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es nicht verstanden! Sie haben einfach nicht verstanden!)

Wir alle wissen ja: Linke geben gern das Geld der anderen aus. Aber haben Sie nie darüber nachgedacht, was es die Universitäten kostet, Ihren ideologischen Forderungen gerecht zu werden?

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt reden Sie schon wie die Kerle!)

Da werden Schilder, Dokumente und Millionen Seiten Papier neu gedruckt, weil aus dem „Studentenwerk“ ein „Studierendenwerk“ geworden ist.

(Zuruf von der LINKEN)

– Aus „Studentenwerk“ ist „Studierendenwerk“ geworden, richtig.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stand das nicht auch bei der AfD?)

Hat sich dadurch die Situation der Studenten verbessert? Oder haben Sie dadurch etwas für die Forschung getan? Nein. Bekommt auch nur eine einzige Frau eine bessere Ausbildung, einen besseren Job oder mehr Gehalt, weil Sie einen gendersensiblen Sitzkreis mit Unterstrich und Sternchen abgehalten haben? Nein.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist so billiger Populismus!)

Genau das ist das Problem bei dieser Debatte. Es geht Ihnen weder um den Schutz der Opfer noch darum, das Leben der Menschen in unserem Land so zu verbessern, dass sie ihren eigenen Weg finden können.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sagen Sie etwas zu unserem Antrag!)

Nein, es geht Ihnen um Ideologie, Bevormundung und Umerziehung.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sagen Sie doch mal was zu unserem Antrag!)

– Das ist Ihr Antrag. Den sollten Sie besser lesen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Den haben wir gelesen!)

Sie sprechen in der Begründung Ihres Antrages davon, dass in unserem Land Sexismus als eine Strategie zur Absicherung patriarchaler Herrschaft – –

(Zurufe von Abgeordneten der LINKEN)

– Nun hören Sie doch zu. Ich lese gerade Passagen aus Ihrem Antrag vor.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ich bin ganz Ohr!)

Sie sprechen in der Begründung Ihres Antrages davon, dass in unserem Land Sexismus als eine Strategie zur Absicherung patriarchaler Herrschaft alle Politik- und Lebensbereiche durchziehe.

(Beifall bei der LINKEN)

Ist das Ihr Ernst? Haben Sie einmal einen Blick in das Kanzleramt und an den Kabinettstisch geworfen?

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt Kanzlerinnenamt!)

Meinen Sie wirklich, die Bundeskanzlerin oder zum Beispiel die Ministerinnen Nahles, Schwesig oder von der Leyen hätten nicht ganz genau im Blick, wie es um die Rollen der Frauen in unserem Land steht?

(Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Leider nicht!)

Meine Damen und Herren von der Linken, Ihr Antrag will einen bundesweiten Aktionsplan zum Sexismus die Rote Karte zeigen. Ich sage, wir müssen solchen Anträgen wie dem Ihren die Rote Karte zeigen, damit nicht mehr relativiert wird, damit Geld nicht mehr in absurde Gender-Mainstreaming-Projekte fließt, damit vielmehr Opfern geholfen wird, damit Täter verfolgt und damit Frauen gefördert werden.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Schöne Grüße an die AfD!)

Vielen Dank. – Jetzt hat die Kollegin Ulle Schauws vom Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6946999
Wahlperiode 18
Sitzung 179
Tagesordnungspunkt Aktionsplan gegen Sexismus
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