Anette Kramme - Änderung des SGB II - Rechtsvereinfachung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bund und Länder haben einen Prozess hinter sich gebracht: Sie haben lange an einer Reform des Sozialgesetzbuches II gearbeitet, für die Jobcenter, für die Leistungsbezieher und Leistungsbezieherinnen und schließlich auch für die Sozialgerichte. Das vorliegende Gesetz bringt Fortschritte. Unnötige Bescheide fallen weg. Die Beratung und auch die Einbindung mithilfe von Integrationsvereinbarungen werden verbessert. Auszubildende können künftig Leistungen des Sozialgesetzbuches II erhalten. Durch Klärungen und Vereinfachungen im Verfahrensrecht schafft das Gesetz mehr Rechtssicherheit. Entsprechend dem Struck’schen Gesetz hat die Beratung hier im Parlament den Gesetzentwurf an der einen oder anderen Stelle noch besser gemacht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kollegen und Kolleginnen, dass Auszubildende, wenn Ausbildungsförderung und Ausbildungsvergütung nicht zum Leben reichen, in Zukunft unkompliziert ergänzend Arbeitslosengeld II beziehen können, ist ein echter Meilenstein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zusätzlich haben wir eine Härtefallregelung aufgenommen. Dadurch bekommen auch diejenigen eine Chance, die erst spät die Kurve kriegen. Auch sie können jenseits der Altersgrenze von 30 Jahren eine schulische Ausbildung machen, finanziert über einen Zuschuss.
So wichtig und richtig diese Regelung im Grundsatz ist, so will ich doch nicht verhehlen, dass sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hier auch eine andere Lösung hätte vorstellen können, nämlich über eine Anpassung der Altersgrenze im BAföG. Wir müssen über diesen Punkt sicherlich perspektivisch diskutieren.
(Beifall bei der SPD)
Entscheidend ist aber: Wir ermöglichen jungen und auch etwas älteren Menschen trotz schwieriger Umstände doch noch den Start ins Arbeitsleben.
Beim Übergang in den Beruf, auch nach langer Arbeitslosigkeit, ist es oft gut und sinnvoll, die Menschen noch eine Weile im Job nachgehend zu begleiten und zu betreuen. Das haben wir jetzt in diesem Gesetz vereinbart. Wir haben damit eine Forderung umgesetzt, die sowohl aus den Reihen der Bundesagentur, aber auch immer wieder aus den Reihen der Wissenschaft vorgetragen worden ist.
Wir haben im Zuge der Beratungen im Haus auch an einer anderen Stelle Klarheit geschaffen: Eine Verschärfung der sogenannten Zwangsverrentung wollen wir nicht. Das ist im Gesetz nicht vorgesehen.
(Beifall bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: War aber vorgesehen! – Gegenruf der Abg. Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Die Dinge ändern sich!)
Es gab zwischenzeitlich aufgeregte Debatten auch über das Thema „temporäre Bedarfsgemeinschaften“. Wie immer, wenn die Wellen hochschlagen, ist auch hier einiges durcheinandergeraten. Ich kann Ihnen dazu klipp und klar sagen: Es ging uns zu keiner Zeit um eine Schlechterstellung der Betroffenen,
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Bundesregierung hatte es beschlossen als Vorschlag, als Formulierungshilfe! – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Aber wir sind das Parlament! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Parlament nicht, das ist richtig!)
weder in Bezug auf die aktuelle Rechtspraxis noch in Bezug auf die geltende Rechtslage. Unsere Maßgabe war immer: Die besondere Situation von Alleinerziehenden und ihre Mehrbedarfe werden weiter berücksichtigt, und die Leistungen werden weiterhin an den überwiegend betreuenden Elternteil ausgezahlt.
(Beifall bei der SPD)
Entzündet hat sich die Debatte an der Aufteilung der Leistung. Dies ist bereits geltendes Recht. Sie hätte sich durch die diskutierten Vorschläge, bei denen es nicht um eine Kürzung, sondern um ein Verfahren der Aufteilung der Leistung zwischen beiden Haushalten der Eltern ging, nicht verändert. Aber wir wollen ausschließen, dass es durch ein neues Verfahren zu einer Verschlechterung im Einzelfall kommt. Darum haben wir die Regelung aus dem Gesetzentwurf herausgenommen.
Einen Punkt möchte ich abschließend noch nennen. Menschen, die schon lange ohne Arbeit sind, haben meist einen langen Weg vor sich, bis sie wieder im allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Es ist eines unserer zentralen Anliegen, sie auf diesem Weg zu begleiten, zu stabilisieren und zu unterstützen, und zwar durch intensive Beratung und Betreuung und auch durch das Angebot von Arbeitsgelegenheiten. Dabei sollen künftig auch die Kosten sozialpädagogischer Betreuung übernommen werden. In den Fällen, in denen 24 Monate nicht ausreichen, um die Menschen zu stabilisieren, soll es in Zukunft möglich sein, ein weiteres Jahr dranzuhängen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass es uns gelungen ist, diesen langwierigen Prozess nun zum Ende zu bringen. Sicher: Mehr geht immer. Und ich sage an dieser Stelle ganz klar: Das Thema Sanktionen ist für uns auch mit diesem Gesetz nicht erledigt.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kai Whittaker [CDU/CSU])
Aber ich denke, wir haben etwas erreicht, das sich sehen lassen kann.
In diesem Sinne: Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt Katja Kipping.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6947566 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 179 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des SGB II - Rechtsvereinfachung |