23.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 179 / Tagesordnungspunkt 8

Kerstin GrieseSPD - Änderung des SGB II - Rechtsvereinfachung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das SGB-II-Änderungsgesetz, das wir heute hier beraten, hat uns im Ausschuss für Arbeit und Soziales lange beschäftigt, allerdings zunächst eher begleitend; denn es ist erarbeitet worden von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe und von Expertinnen und Experten aus den Jobcentern, die aus Sicht der Praxis Verbesserungsvorschläge gemacht haben. Ich will ganz zu Beginn den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Jobcentern danken. Ihre Arbeit ist nicht immer einfach. Sie engagieren sich sehr für die Menschen, die zu ihnen kommen. Es ist auch gut, wenn wir aus dieser Praxis Verbesserungsvorschläge bekommen. Herzlichen Dank an die Mitarbeiter!

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir haben schon viele Details dazu gehört, wo Verbesserungen vorgeschlagen werden. Ich will auf eine Verbesserung kurz und auf eine länger eingehen. Eine Verbesserung, über die ich sehr froh bin, ist die, dass wir für anerkannte Flüchtlinge, die noch in Gemeinschaftsunterkünften leben – davon gibt es einige –, einfachere Verfahren einführen werden.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Denen sollen die Leistungen gekürzt werden! Die sollen nur noch Sachleistungen kriegen! Das ist eine Verschlechterung, und zwar eine deutliche!)

Wenn sie sich in Gemeinschaftsunterkünften nicht selbst versorgen können, dann werden den Betreibern die Kosten für ihre Versorgung erstattet. Das ist gut, das ist praxistauglich, und das ist eine Verbesserung für die Flüchtlingsunterkünfte.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte auf ein Thema eingehen, das schon angesprochen wurde, nämlich auf die Alleinerziehenden. Ich will ausdrücklich sagen: Wir haben uns mit Alleinerziehenden sehr intensiv über ihre Situation unterhalten. Ja, es war eine Regelung geplant, die zunächst wie eine Vereinfachung und eine rechtliche Klarstellung aussah, die aber, wäre sie so ins Gesetz aufgenommen worden, für manche Alleinerziehenden finanzielle Einbußen hätte bedeuten können; das konnte man vorher nicht wissen. Dagegen hat sich viel Protest gebildet, und das, wie wir gemerkt haben, durchaus zu Recht.

Ich will sagen: Das war auch ein kleines Lehrstück im Hinblick auf Theorie und Praxis bei der Umsetzung von Gerichtsurteilen. Denn in der Theorie – aber eben nur teilweise in der Praxis – war es so, dass nach einem Urteil des Bundessozialgerichts die Leistungen für das Kind aufgeteilt werden mussten und der Aufenthalt bei beiden Elternteilen stündlich erfasst werden musste. Das war eine riesige Bürokratie, die zu umfangreichen und komplexen Bescheiden von 200 Seiten geführt hat. Das wollten wir nicht mehr, und das sollte vereinfacht werden.

Das war eine gute Idee. Allerdings hat sich gezeigt, dass dieses komplizierte Verfahren in vielen Jobcentern gar nicht angewandt wurde.

(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: So ist es!)

Daraus haben wir gelernt und haben deshalb gesagt: Diesen Änderungsvorschlag nehmen wir aus dem Gesetzentwurf heraus. – Außerdem haben wir uns über dieses Thema besonders mit den betroffenen Alleinerziehenden unterhalten. Wir tun das, weil uns die Bedürfnisse der Kinder wichtig sind; um sie geht es.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Verbreiten Sie bitte nicht einen solchen Unsinn wie mit den zwei Kinderbetten. Schon jetzt werden natürlich zwei Kinderbetten bezahlt, wenn in den Wohnungen beider Elternteile ein Kinderbett nötig ist.

(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Genau! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur bei der Erstausstattung!)

Man darf hier die Leute nicht verunsichern.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir wollen eine Lösung, die die getrennt lebenden Elternteile der Kinder nicht auf Kosten der Kinder gegeneinander ausspielt, die keine Anreize bietet, die Kinder nicht zu dem anderen Elternteil zu lassen, und die keine Einschränkungen der Kinder zur Folge hat. Deshalb haben wir überlegt, was wir tun können, um Alleinerziehenden zu helfen und sie nicht schlechterzustellen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will auch noch einmal sagen, warum: Alleinerziehende sind die Gruppe, die am stärksten von Armut bedroht ist. Von allen Kindern, die in Hartz IV leben, lebt die Hälfte bei einem alleinerziehenden Elternteil.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit dem Umgangsmehrbedarf?)

Deshalb haben wir innerhalb der Koalition intensiv beraten, wie man Alleinerziehende besser unterstützen kann, und wir sind dabei, ein Konzept für einen Umgangsmehrbedarf zu entwickeln.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)

Unser Ziel ist nämlich, dass der umgangsberechtigte Elternteil seinen kindbedingten Mehrbedarf decken kann, ohne dass es bei dem anderen alleinerziehenden Elternteil zu Problemen kommt.

(Beifall bei der SPD)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. – Dieser Umgangsmehrbedarf wäre eine wirkliche Verbesserung für die Kinder getrennter Eltern, die sich beide – das wollen wir ja gerade fördern – um die Kinder kümmern wollen. Wir sind in der Koalition gerade in der Diskussion über die Ausgestaltung und die Finanzierung und bleiben da dran; denn ein solcher Umgangsmehrbedarf wird der Lebenswirklichkeit gerecht.

Frau Kollegin Griese.

Ich freue mich, wenn wir ihn demnächst hier gemeinsam beschließen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nächster Redner ist jetzt der Kollege Matthias W. Birkwald.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6947633
Wahlperiode 18
Sitzung 179
Tagesordnungspunkt Änderung des SGB II - Rechtsvereinfachung
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