23.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 179 / Tagesordnungspunkt 17

Christoph SträsserSPD - Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich glaube, richtig an Ihrem Vortrag, Herr Movassat, war auf jeden Fall die letzte Bemerkung, dass es hinsichtlich der Form der Entwicklungszusammenarbeit mit privaten Unternehmen, über die wir hier heute streiten, einer breiten gesellschaftlichen Diskussion und auch einer Diskussion hier im Deutschen Bundestag bedarf. Daran gibt es aus meiner Sicht überhaupt keinen Zweifel. Deshalb, sage ich einmal, hat Ihr Antrag an dieser Stelle auch ein gewisses Verdienst.

(Beifall der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])

Was ich aber etwas schwierig finde, ist die Tatsache, dass wir uns über die Arbeit dieser Organisation unterhalten und deren Qualität und Wirkung lediglich an den vier Projekten, die Sie beschrieben haben, festmachen. Diese vier Projekte sind uns bekannt, sie sind der DEG bekannt, sie sind dem Aufsichtsrat bekannt, und sie werden öffentlich diskutiert. Es muss sich übrigens niemand über YouTube diesen Panorama- Artikel besorgen. Ich kann Ihnen den gleich geben. Ich habe ihn nämlich ausgedruckt und habe ihn sehr sorgfältig gelesen.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Film von 45 Minuten!)

Was können wir tun? Was müssen wir tun? Das Erste ist aus meiner Sicht, wirklich einmal hinzuschauen, über Bilanzen zu reden, über das, was im Internet und an anderer Stelle öffentlich sichtbar ist,

(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Dazu muss man aber lesen können!)

für das seit 2014 klar ein Beschwerdemechanismus gilt, und einfach einmal zu fragen: Was ist da vor Ort los? Was kann da getan werden? Welche Wirkung hat das?

Ich nehme einmal diese negativen Beispiele heraus und nehme die Zahlen, die mir übermittelt worden sind, die ich auch gerne weitergebe. Ich gehe davon aus, dass sie richtig sind. Im Jahre 2015 haben 73 Unternehmen DEG-Finanzierungen erhalten. In diesen 73 Unternehmen arbeiten 82 000 Menschen. In diesen Ländern wurden 13 000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Ich finde, das ist wichtig; das sollte man an dieser Stelle auch erwähnen.

Wir haben in der letzten Sitzungswoche über die SDGs geredet. Wir haben über SDG Nummer 8 geredet, über Arbeit, und wir haben gesagt: Es geht nicht – in Anführungsstrichen – nur um Arbeit, sondern es geht auch um gute Arbeit. Nach dem, was ich weiß, was ich gesehen habe und was ich gelesen habe, hat es im Jahre 2015 keine Kreditvergabe an Unternehmen gegeben, die nicht die ILO-Kernarbeitsnormen respektieren und die nicht die Arbeits- und Sozialstandards der ILO übernehmen. Ich finde, das sollte man an dieser Stelle sagen; denn es ist ein positives Signal auch für unsere Diskussion an anderer Stelle. Ich erinnere einmal an den Nationalen Aktionsplan „Wirtschaft und Menschenrechte“. Wenn das stimmt – davon gehe ich aus –, macht die DEG da eine vorbildliche Arbeit, und die sollten wir auch unterstützen und politisch begleiten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dann sind die Steuern angesprochen worden. Die Zahlen, die hier vorliegen, gehen davon aus, dass pro Jahr circa 1,5 Milliarden Euro an Steuern durch das, was die DEG an Krediten finanziert, in den Staaten, in denen gearbeitet wird, gezahlt werden. Das sind nicht nur 1,5 Milliarden Euro Steuern, das sind auch insgesamt 5,7 Milliarden Euro an Investitionen. Ich bleibe dabei, dass wir sehr, sehr kritisch beobachten müssen, was da passiert. Ich weiß ja auch, wer im Aufsichtsrat sitzt. Da muss man sich auch die Frage stellen, ob man dieses System überhaupt will, ob man will, dass der Privatsektor unterstützt wird, dass die privaten Unternehmen auch die Möglichkeit haben – gerade auch im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung –, vor Ort zu arbeiten, Arbeitsplätze zu schaffen, Investitionen zu generieren und im Übrigen auch im Bereich der Landwirtschaft zu arbeiten.

Sie wissen, dass wir als Sozialdemokraten dazu eine eher kritische Haltung haben, dass große agrarökonomische Strukturen in Staaten wie zum Beispiel Sierra Leone geschaffen werden. Deshalb finde ich es auch gut und richtig, dass die DEG an dieser Stelle eben auch den anderen Weg geht, dass sie auch kleinbäuerliche Strukturen unterstützt mit ganz vielen Unternehmensbeteiligungen in den jeweiligen Staaten, insbesondere auch in Subsahara-Afrika. Ich würde mich sehr freuen, Herr Staatssekretär, wenn in den Ausschussberatungen auch Vertreter der DEG anwesend wären, damit wir mit ihnen ganz offen diskutieren können und von ihnen die Informationen bekommen, um die es geht. Dann können wir wirklich eine sachbezogene Diskussion führen, die letztlich den Menschen in den Staaten, um die es geht, auch nutzt.

Darum geht es ja auch in dieser Debatte, in diesem Antrag. Es gibt einige Verbesserungen in den letzten zwei Jahren, sie sind schon angesprochen worden: die Dialoge sowie die Alternativen, die durch Einrichtungen der Zivilgesellschaft zur Verfügung stehen. Brot für die Welt und andere sind ja im Dialog und im Diskurs mit der DEG, um diese Probleme aufzuarbeiten, zu klären und zu schauen, was wir machen können.

Wir haben öffentliche Jahresabschlussberichte, die nachlesbar sind, und wir haben eben an bestimmten Stellen Transparenzrichtlinien; sie sind zwar aus meiner Sicht nicht wirklich ausreichend, aber ich kann nur noch einmal sagen: Auch wenn man diesen ganzen Bereich sehr, sehr kritisch sieht, muss man anerkennen, dass es nicht anders geht. Das ist letztlich auch die Aufgabe der Beratung.

Man muss dazu sagen, dass bei Vergaben an Unternehmen, bei Kreditzusagen, Beratungen über Sozialprojekte und über Arbeitsrecht durchgeführt werden. All diese Dinge müssen die Unternehmen dann akzeptieren, und sie tun es in aller Regel auch. Das macht im Übrigen die Kreditvergabe durch die DEG teurer, als sie im normalen privaten Bankensektor wäre.

An dieser Stelle muss man also diesen Diskurs führen. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass wir – das ist ja angesprochen worden – durch die Einrichtung dieser Beschwerdestelle, dieser internationalen unabhängigen Beschwerdeeinrichtung, mehr Transparenz schaffen können. Diese Stelle arbeitet seit 2015, und zwar sehr vorbildlich im Rahmen einer bilateralen Zusammenarbeit mit der holländischen Organisation FMO. Auch diese Geschichte sollten wir begleiten. Dort arbeiten unter anderem ein Gründungsmitglied von FIAN und der stellvertretende Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, die Stellungnahmen abgeben; Sie haben ja selber eine angesprochen. Ich glaube, man sollte an dieser Stelle die Kirche im Dorf lassen.

Grundsätzlich sollten wir die Arbeit der DEG weiter beobachten, aber auch ganz klar sagen, dass für den privaten Sektor die DEG aus Sicht der deutschen Entwicklungszusammenarbeit unverzichtbar ist. Sie immer besser zu machen, das kann gelingen. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten. Aber ich glaube schon, dass man auch dafür sorgen muss, dass die DEG eine faire Chance hat und dass wir an dieser Stelle gemeinsam mit ihr Verbesserungen für die Menschen in den betroffenen Regionen herbeiführen können.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Als letzter Redner in dieser Debatte hat Johannes Selle von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6948066
Wahlperiode 18
Sitzung 179
Tagesordnungspunkt Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft
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