Fritz GüntzlerCDU/CSU - Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute das Erbschaftsteuerrecht. Ich glaube, kein Steuergesetz ist so dafür geeignet, ideologische Debatten zu führen. Frau Wagenknecht, Sie haben das auch bewiesen. Ich finde es interessant, dass nicht die Fachpolitiker der Linken gesprochen haben, sondern dass Sie eine ideologische Rede gehalten haben.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Es hätte mich schon interessiert, wie Sie am Gesetzentwurf entlang argumentiert hätten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Erstaunt bin ich auch über Ihren Beitrag, Frau Ministerin Heinold. Der Bundesrat hat, glaube ich, nicht gerade bewiesen, dass er in diesem Punkt leistungsstark ist.
(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist es!)
Die Erbschaftsteuer ist eine Ländersteuer. Von daher wäre es auch Aufgabe der Länder gewesen, sich zu einigen und einen Gesetzentwurf vorzulegen, über den wir gerne debattiert hätten.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das haben sie versäumt!)
Sie aber haben die Verantwortung auf den Bund geschoben, und wir mussten Ihnen etwas vorlegen. Jetzt kritisieren Sie daran herum, ohne einen eigenen konkreten Vorschlag vorzulegen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, zum Thema Beratung: Das Urteil stammt vom 17. Dezember 2014. Herr Minister Schäuble hat zügig ein Eckpunktepapier vorlegt. Wir haben dann im September letzten Jahres hier die erste Lesung gehabt. Wir haben alle Punkte umfassend diskutiert und angesprochen. Wir haben im Ausschuss auch dargelegt, dass die Dinge, die von den Grünen und von den Linken bemängelt worden sind, in der Anhörung besprochen und andiskutiert worden sind. Von daher kann ich überhaupt nicht verstehen, dass man kurz vor Toresschluss sagt: Wir haben gar nicht mitberaten. – Dann haben Sie, Herr Pitterle, die ganze Zeit über Ihre Arbeit nicht gemacht. Das ist die Wahrheit!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, über das Urteil ist ja viel geschrieben worden. Die Überschriften lauteten immer: „Das Erbschaftsteuerrecht ist verfassungswidrig.“ Das ist zu kurz gegriffen. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Steuerbefreiung und die Verschonungsregelung grundsätzlich verfassungskonform sind. Es hat sogar gesagt, dass wir Unternehmensvermögen bis zu 100 Prozent freistellen können, wenn wir die richtige Begründung dafür geben. Das bisherige System wurde im Grundsatz durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Das war ein Erfolg. Der Erfolg hat auch sozusagen einen Sohn, das ist der Staatssekretär Dr. Michael Meister, der uns in Karlsruhe hervorragend vertreten hat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Worum geht es? Es geht um etwas, was hier in der Debatte meines Erachtens viel zu kurz gekommen ist, nämlich um die Sicherung von Arbeitsplätzen und der Investitionsfähigkeit von Unternehmen. Denn es ist so: Wenn ein Unternehmen in die nächste Generation übertragen wird, kommt es zu Erbschaftsteuerzahlungen, die – über Ausschüttungen oder Entnahmen – aus dem Unternehmen genommen werden müssen. Dies gefährdet das Unternehmen. Von daher gefährdet es auch Arbeitsplätze, meine Damen und Herren. Deshalb ist es kein Geschenk an die Unternehmer, sondern aus volkswirtschaftlichen Gründen sinnvoll, diese Unternehmensübergaben steuerfrei zu stellen, um die Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Natürlich befinden wir uns in einem Spannungsfeld, wenn wir verschonen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil ja auch ausgeführt. Es hat gefordert, das vernünftig zu begründen. Frau Paus, Sie haben auch wieder ausgeführt – auch die Linken haben das getan –, alles sei verfassungswidrig. Sie sind aber das einzelne Argument dafür schuldig geblieben, an welcher Stelle es verfassungswidrig ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat uns einen klaren Auftrag gegeben, was wir zu ändern haben. Dabei geht es darum, dass wir bis jetzt bis zu 50 Prozent Verwaltungsvermögen – sozusagen schlechtes Vermögen – in Zukunft nicht mitübertragen dürfen. Diesen Satz senken wir auf 10 Prozent. Damit haben wir dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen.
Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, dass wir die Gestaltungsanfälligkeit des Erbschaftsteuerrechts minimieren müssen. Auch das haben wir sogar schon vorher getan. Für die Cash-GmbHs haben wir eine Lösung über den Finanzmitteltest herbeigeführt. Herr Kollege Gambke, Sie müssten mir einmal neue Gestaltungen nennen. Ich bin ja beratend tätig. In diesem Gesetz habe ich keine neuen Gestaltungen gefunden, Sie anscheinend solche. Sie könnten uns diese ja dann verraten.
Dann hat das Bundesverfassungsgericht gesagt, dass wir in Bezug auf die Lohnsummenregelung bei den kleinen Unternehmen mit über 20 Arbeitnehmern keine Befreiung von der Bürokratie vornehmen, wir müssten darunter gehen. Nun haben wir uns auf fünf Arbeitnehmer geeinigt, ursprünglich waren es ja drei Arbeitnehmer. Es wurde diskutiert, wie viele Unternehmen davon betroffen sind. Das weiß eigentlich keiner. Wir können das Statistische Bundesamt befragen. Dann sehen wir die Grundgesamtheit der Unternehmen in Deutschland, die davon betroffen sind. Die eigentliche Frage aber, die wir uns stellen müssen, lautet ja, wie viele von diesen Unternehmen tatsächlich in die nächste Generation übertragen werden. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen – das kann man aber auch nachlesen –, dass gerade bei kleineren Unternehmen eine Übertragung in die nächste Generation gar nicht stattfindet. Von daher müssen Sie das richtige Vergleichspaar suchen. Ich sage Ihnen noch einmal sehr deutlich: Ein Großteil dieser Übertragungen unterliegen den persönlichen Freibeträgen der Erbschaftsteuer, sodass es gar nicht zu einer Steuerbelastung käme. Von daher glaube ich, dass wir auch bei diesem Punkt auf einem guten Weg sind.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Letztlich hat uns das Bundesverfassungsgericht aufgetragen, die deutsche Wirtschaft in kleine, mittlere und große Unternehmen einzuteilen. Wir haben heftig darüber diskutiert, ab wann ein großes Unternehmen beginnt. Da gibt es unterschiedliche Definitionen. Wir haben uns jetzt an die Steuerklasse gehalten und sind bei 26 Millionen Euro gelandet. Ich verweise gerne auf die schöne Textziffer 175 des Bundesverfassungsgerichtsurteils, wo sogar auf einen rot-grünen Gesetzentwurf verwiesen wird, nach dem sogar eine Grenze von 100 Millionen Euro möglich gewesen wäre. Wir haben uns aber auf 26 Millionen Euro verständigt, um auch hier auf einem sicheren Weg zu gehen. Ich glaube, das ist eine vernünftige Lösung.
Danach werden wir die Bedürfnisprüfung haben, die wir uns auch nicht ausgedacht haben. Zum einen geht es um die Verschonungsbedürftigkeit. Da beziehen wir sogar das Privatvermögen mit ein, und wir schauen, ob das Bedürfnis der Verschonung gegeben ist, weil vielleicht genug privates Vermögen vorhanden ist, um 50 Prozent davon zur Bezahlung der Erbschaftsteuerschuld einzusetzen.
Parallel wird es ein Abschmelzmodell geben, was leider aus meiner Sicht etwas gemindert wurde; Herr Schneider hat darauf hingewiesen. Wir hatten uns das etwas anders vorgestellt. Ich finde es richtig, dass wir mit der Grenze von 26 Millionen Euro nicht quasi ein Fallbeil haben und wir von einer 85-prozentigen oder 100-prozentigen Verschonung auf eine Nullverschonung gehen, sondern wir einen gleitenden Übergang haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das waren die Aufgaben, die uns das Bundesverfassungsgericht aufgetragen hat. Die haben wir gelöst. Wir haben sogar noch eine Verbesserung erreicht, indem wir mit der Investitionsklausel den Unternehmern die Möglichkeit geben, Liquidität, die zu viel im Unternehmen ist, zum begünstigten Vermögen zu machen; denn es ist so, Frau Paus, dass sich die Unternehmer nicht nur auf die Kreditinstitute verlassen, sondern das Geld auch im Unternehmen ansammeln, um dann die Investition zu tätigen.
Es wäre nun wirklich dumm, wenn der Unternehmer gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem die Liquidität angesammelt ist, verstirbt und der Sohn oder die Tochter darauf Steuern zu zahlen hätten. Vielmehr müssen sie dann die Investition tätigen können, damit das Unternehmen weiterhin in der bisherigen Form erhalten bleibt und auch die Arbeitsplätze erhalten werden können. Von daher ist die Investitionsklausel eine gute Lösung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir haben uns auch mit der Bewertung beschäftigt. Sie haben ein Zahlenbeispiel gebracht. Sie sind von einer utopischen Bewertung ausgegangen. Wir haben mittlerweile im vereinfachten Ertragswertverfahren einen Faktor von 18. Alle Unternehmer, die ich kenne, würden für den Faktor von 18 ihr Unternehmen wahrscheinlich sofort veräußern, weil das völlig irreal ist. Wir haben deshalb jetzt eine Lösung gefunden, sodass das vereinfachte Ertragswertverfahren zu halbwegs vernünftigen Ergebnissen führt. Es steht übrigens im Gesetz, dass das Verfahren nur anzuwenden ist, wenn es nicht zu unrealistischen Ergebnissen führt. Wir hätten es eigentlich schon jetzt gar nicht mehr anwenden dürfen, weil der Faktor von 18 völlig unrealistisch ist. Ich sage Ihnen: Auch ein Faktor von 10 ist unrealistisch.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Von daher sind viele gut beraten, vielleicht ein Gutachten bei einem Wirtschaftsprüfer in Auftrag zu geben, um zu einem niedrigeren Wert zu kommen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, in der Kürze hätten Sie die Möglichkeit gehabt, zu zeigen, warum das Gesetz verfassungswidrig ist. Ich fand Ihre Argumente wenig überzeugend. Ich glaube, dass wir angesichts des Rahmens, der hier mehrfach geschildert worden ist, einen guten Kompromiss erzielt haben. Ich würde mir wünschen, dass der Bundesrat nicht blockiert, sondern dieses Gesetz mit beschließt, damit wir zügig Rechtssicherheit für die Unternehmerinnen und Unternehmer in Deutschland bekommen.
Zum Schluss – damit ich in meiner Redezeit bleibe, Herr Präsident – erlauben Sie mir eine persönliche Anmerkung. In diesem Prozess zur Erarbeitung des Erbschaftsteuergesetzes habe ich mich sehr ausgiebig mit unserem Kollegen Philipp Graf Lerchenfeld auseinandergesetzt. Wir haben gemeinsam diskutiert. Ich weiß, dass Graf Lerchenfeld am Fernseher die Debatte verfolgt, weil er gesundheitlich ein wenig angeschlagen ist. Ich wünsche ihm gute Besserung. Lieber Philipp, alles Gute von hier!
(Beifall)
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Letzter Redner ist der Kollege Lothar Binding für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6949392 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 180 |
Tagesordnungspunkt | Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz |