24.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 180 / Zusatzpunkt 10

Herlind GundelachCDU/CSU - Fracking und Ausdehnung der Bergschadenshaftung

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße sehr, dass wir heute für die konventionelle Erdgasförderung endlich einen tragfähigen rechtlichen Rahmen festlegen können, der Mensch und Umwelt sorgfältig schützt. Seit über fünf Jahren ist in Deutschland kein Antrag auf konventionelle Erdgasförderung mit der Anwendung der Fracking-Technologie mehr beschieden worden. Die Gasförderung in Deutschland ist kontinuierlich zurückgegangen. Ganze angegliederte Wirtschaftszweige sind bereits weggefallen. Wir haben auch einige Arbeitsplätze verloren, und qualifizierte Fachkräfte sind ins Ausland abgewandert.

Ich denke, gerade nach der zuletzt gehörten Rede ist es notwendig, einiges klarzustellen, was an Fehlinformationen gegeben wurde.

Es gab nie ein verbindliches Moratorium, auch wenn das häufig behauptet wird. Insofern gab es auch keine Erpressungsmöglichkeiten und auch keine Erpressungsversuche, wie den erdgas- und erdölfördernden Unternehmen dauernd und auch heute wieder unterstellt wird. Die Wahrheit ist: Es wurden auf freiwilliger Basis schlichtweg von den Unternehmen keine Anträge mehr gestellt, da die Politik zugesagt hatte, einen neuen ordnungsrechtlichen Rahmen für die Fracking-Technologie festzulegen, der den heutigen Anforderungen gerecht wird. Und so haben wir es damals auch im Koalitionsvertrag festgehalten: Wir wollen einen Gesetzesrahmen, mit dem wir Erdgas in Deutschland unter ökologisch verantwortbaren und wirtschaftlich vertretbaren Voraussetzungen fördern können, bei dem – und das betone ich ganz besonders – der Schutz des Menschen, seine Gesundheit und die Belange der Umwelt im Vordergrund stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Diesen ordnungsrechtlichen Rahmen für die konventionelle Förderung, also für die Förderung des sogenannten Tight Gas, haben wir gefunden. Er findet sich in dem vorliegenden Gesetzentwurf wieder, und er ist gut.

So haben wir beispielsweise festgelegt – jetzt kommen ein paar Fakten und keine Behauptungen –, dass die sogenannten Frack-Fluide, also die für das Offenhalten der Förderwege benötigten Flüssigkeiten, maximal die Wassergefährdungsklasse 1 haben dürfen. Das ist definitiv nicht giftig. Zum Vergleich: Shampoos enthalten häufig Inhaltsstoffe der Wassergefährdungsklasse 2, und die empfinden Sie vermutlich auch nicht als giftig.

Wir weisen ausdrücklich Schutzgebiete aus, in denen keine Erdgas- und Erdölförderung in Zukunft erlaubt sein soll. Diese Regelung dient vor allem dem Schutz unseres Trinkwassers – das war ein besonderes Anliegen – bzw. des zur Herstellung von Lebensmitteln benötigten Wassers. Die Wasserbehörden haben künftig ein Vetorecht bei Genehmigungen; so viel zu dieser Fehlinformation.

Wir verbieten die Errichtung von Anlagen zum Einsatz von Fracking-Maßnahmen in Nationalparks und Naturschutzgebieten. Das gilt selbstverständlich auch für die Tight-Gas-Förderung; die nächste Fehlinformation.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wir führen außerdem zum ersten Mal umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungspflichten ein, sodass schon bei der Aufsuchung, also dem Schritt vor der Förderung, eine erste UVP-Prüfung durchgeführt werden muss. So kann der gesamte Prozess der Förderung überwacht werden.

Wir regeln den Umgang mit Lagerstättenwasser neu. Es darf künftig nur noch in jene Schichten zurückgeführt werden, aus denen es kommt. Auch dieser Rückführung muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschaltet werden.

Ferner fordern wir die Länder auf, gemeinsam mit den Unternehmen Schlichtungsstellen zu schaffen, wie wir sie schon aus dem Kohlebergbau kennen, wo sie sich sehr bewährt haben, damit Schäden, die möglicherweise an Gebäuden in Fördergebieten entstehen, schnell und unproblematisch beseitigt werden können. Wir brauchen dazu die Länder; denn der Bund hat hier keine Gesetzgebungsbefugnis.

Wir verschärfen außerdem das Bergschadensrecht. So wird die Beweislast für mögliche Bergschäden auch bei der Erdgas- und Erdölförderung sowie bei Kavernenspeichern den Unternehmen auferlegt.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum nicht bei der Braunkohle?)

Wir haben uns die Beratung dieses Gesetzentwurfs in den Koalitionsfraktionen – Herr Miersch hat es gerade schon gesagt – weiß Gott nicht leicht gemacht. Ich kann mich an kein Gesetz erinnern, bei dem ich in so vielen Sitzungen und Gesprächen mitgewirkt habe. Viele der neuen Regelungen, die wir heute verabschieden werden, sind in diesen Gesprächen entstanden und von der Regierung zum Teil schon im Kabinettsbeschluss aufgenommen worden. Dafür möchte ich mich bei beiden Ressorts ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben uns dieser Mühe unterzogen, weil wir die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst genommen haben. Wir wollten ihnen ein Gesetzeswerk liefern, das ihre Ängste und Befürchtungen zerstreut. Aber wir mussten während der ganzen Beratungen feststellen, bis heute – die gerade gehaltene Rede war das beste Beispiel dafür –, dass es wohl nur wenige Themen gibt, die politisch so aufgeladen sind und bei denen es so viele Fehlinformationen gibt, bis hinein in die öffentlichen Medien.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Das Gesetz, dessen Entwurf heute verabschiedet wird, regelt ausschließlich den Bereich der sogenannten konventionellen Förderung, nicht den der Gasförderung im Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein. Für diese Art der Förderung sieht der Gesetzentwurf ein unbefristetes Verbot vor. Allerdings sollen bis zu vier Probebohrungen zugelassen sein, sofern die jeweiligen Landesregierungen diesen zustimmen. Ob es angesichts der Rahmenbedingungen dazu überhaupt kommt, muss nach heutiger Kenntnis erst einmal offen bleiben. Sollten jedoch Probebohrungen beantragt werden, wird zu deren Beobachtung eine wissenschaftliche Kommission eingesetzt. Diese soll dann bis 2020/2021 einen Bericht vorlegen, der wiederum Grundlage für eine Überprüfung der Verbotsentscheidung durch den Bundestag im Jahre 2020/2021 sein soll.

Lassen Sie mich zum Ende meiner Rede eine persönliche Bemerkung machen. Unser Ursprungsvorschlag sah ebenfalls Probebohrungen und eine wissenschaftliche Kommission vor, die über die Machbarkeit von Fracking im unkonventionellen Bereich urteilen und ebenfalls einen Bericht vorlegen sollte. Wäre dieser positiv ausgefallen, hätte danach nach unserer Auffassung die kommerzielle Förderung erfolgen können. Das heißt, der Bundestag hätte in dieser Legislaturperiode abschließend entschieden und wäre seiner Verantwortung nachgekommen, wie wir es im Koalitionsvertrag ja auch festgehalten haben. Ich möchte aus meiner Einbringungsrede im Rahmen der ersten Lesung eine Passage zitieren, aus der hervorgeht, weshalb ich schon damals für eine solche Regelung eingetreten bin – ich zitiere –:

Der zweite Punkt, warum meines Erachtens die Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs wichtig ist, hängt damit zusammen, dass wir auch ein Signal nach draußen setzen: dass sich Deutschland auch in schwierigen Feldern bewegen kann, dass wir uns nach wie vor technologieoffen zeigen und nicht ausschließlich an Verteilungsprozessen interessiert sind. Wir zeigen damit, dass wir

– in Deutschland –

noch immer in der Lage sind, Innovationen anzustoßen und diese auch umzusetzen.

Diesen Beweis sind wir nun leider nicht angetreten. Das bedauere ich persönlich ganz außerordentlich.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Gundelach. – Schönen guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, von meiner Seite aus. – Die nächste Rednerin: Dr. Julia Verlinden für Bündnis 90/Die Grünen.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Julia, freust du dich auf Zwischenfragen?)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6949454
Wahlperiode 18
Sitzung 180
Tagesordnungspunkt Fracking und Ausdehnung der Bergschadenshaftung
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