24.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 180 / Zusatzpunkt 10

Karsten MöringCDU/CSU - Fracking und Ausdehnung der Bergschadenshaftung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf, den wir heute verabschieden, dokumentiert, dass wir den Trinkwasserschutz und den Gesundheitsschutz an die allererste Stelle setzen. Symbolisch wird das dadurch deutlich, dass wir die Regelung zur Erdgasförderung aus dem Bergrecht weitgehend herauslösen und in das Wasserhaushaltsgesetz überführen.

Das hat praktische Bedeutung. Zum Beispiel legen wir im Gesetz fest, dass die Wasserbehörden im Verfahren zur Genehmigung von Bohrungen nicht nur involviert sind, sondern de facto ein Vetorecht haben. Es ist die Verantwortung der Wasserbehörden, darauf zu achten, dass die Trinkwasserversorgung gesichert ist und nicht gefährdet wird. Das wird dadurch sichergestellt, dass wir im Gesetz den Wasserbehörden diese Rolle zuweisen. Das ist uns ein großes Anliegen gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben es mit einem sehr komplexen Gesetz zu tun. Deswegen gibt es Grund, vielen Beteiligten zu danken – nicht nur den Kolleginnen und Kollegen, die sich hier im Haus damit befasst haben. Es ist auch – das sage ich ausdrücklich – den vielen Mitarbeitern der Abgeordneten zu danken, die sich Stunde um Stunde um die Ohren geschlagen haben, um mit fein ziselierten Formulierungen Ergebnisse zu produzieren, auf die wir uns hier heute verständigen werden. Und das ist einen Dank wert.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

In den Dank schließe ich auch die Mitarbeiter der beteiligten Ministerien ein, die uns vor einem Jahr einen aus zwei SPD-Ministerien stammenden Gesetzentwurf vorgelegt haben, den wir in dem einen Jahr im parlamentarischen Verfahren in erheblichen Punkten deutlich verändert haben, und zwar im Sinne von mehr Sicherheit, mehr Öffentlichkeitsbeteiligung und mehr Zukunftsaussichten, als ursprünglich vorgesehen war.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der eine oder andere hat vorhin angesprochen, dass es in den Fraktionen sehr unterschiedliche Auffassungen darüber gab, wie wir das im Konkreten gestalten sollten. Ich will nicht sagen, dass der eine oder andere hieran mehr beteiligt war, von Anfang an auf der richtigen Linie lag oder erst später. Ich will nur – da ich beim Danken bin – eines sagen: Es gibt auch bei uns jemanden, dem ich zu danken habe: Der CDU-Vorsitzende in NRW, Armin Laschet, hat mit seiner Einwirkung auf unsere Fraktion entscheidend dazu beigetragen,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

dass bei uns ein Meinungsbild zustande kam, das bei der heutigen Verabschiedung eine wesentliche Rolle spielt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Genau so!)

Wie führen wir die Trinkwassersicherung durch? Ich will in diesem Zusammenhang drei zentrale Punkte aus den vielen Einzelmaßnahmen nennen, die zum Teil auch schon erwähnt worden sind.

Erster Punkt. Ein Ziel war: Das Frack-Fluid darf nicht giftig sein. Ich ärgere mich über die Kampagnen, in denen immer noch behauptet wird, wir würden Gift in der Erde platzieren. Das ist kein Gift. Ein weiterer Punkt ist in diesem Zusammenhang wichtig: Das Frack-Fluid muss zurückgewonnen werden. Beide Dinge sind ein wesentlicher Bestandteil zur Sicherung unserer Trinkwasservorräte.

Der zweite Punkt hat erst im Laufe des Verfahrens eine immer größere Bedeutung bekommen. Dabei geht es um die Frage des Umgangs mit den Lagerstätten. Das Wasser, das aus großen Tiefen kommt, ist stark belastet. Es wurde bisher zum Teil oberflächennah in geeigneten Formationen wieder entsorgt. Dieses Lagerstättenwasser wird jetzt dorthin zurückgehen, wo es hergekommen ist, nämlich in die Tiefen, aus denen es ursprünglich stammt. Es gehört da auch hin. Da es zum Teil sogar an der Oberfläche aufbereitet wird – einige Stoffe werden entfernt –, kann man sagen: Es geht sauberer in die Tiefe zurück, als es herausgekommen ist.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)

Der entscheidende Punkt ist: Es wird sicher entsorgt.

Beim dritten Punkt geht es um die Frage: Wie gehen wir mit dem Schiefergas um? Die Regelung zum Schiefergas, die wir getroffen haben – das ist mehrmals gesagt worden –, enthält ein unbefristetes Verbot. Das heißt – ich gebe jetzt eine kleine Nachhilfe in Parlamentarismus – ganz einfach: Wenn nicht irgendein zukünftiger Bundestag hingeht und ein Gesetz verabschiedet, durch welches dieses Verbot aufgehoben wird, bleibt es auf Dauer so.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen – ich spreche jetzt auch die anderen Kritiker an –: Selbst wenn wir Ihrem Gesetz, das zu einem absoluten Verbot von Fracking führen würde, zugestimmt hätten, hätte es der nächste Bundestag wieder aufheben können.

Jetzt muss ich Sie fragen: Erlauben Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung von Herrn Behrens?

Bitte.

Gut.

Vielen Dank, Herr Kollege Möring, dass ich die Zwischenfrage stellen kann. – Sie haben eben darauf hingewiesen, dass die Fracking-Flüssigkeiten wieder an die gleiche Stelle zurückgepresst werden, von der sie gekommen sind. Sie wissen, dass diese Flüssigkeiten nach diesem Vorgang eine unterschiedliche Qualität haben.

Sie sagen, alles sei ungefährlich und es gebe keine Probleme. Wie erklären Sie sich, dass die Ergebnisse des Monitorings, das gerade diese Frage untersuchen sollte, bislang in Niedersachsen nicht veröffentlicht worden sind?

Herr Kollege, ich vermute, Sie meinen Lagerstättenwasser und nicht Frack-Fluid in Ihrer Frage.

(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Entschuldigung! Ja!)

Ich kann über die niedersächsischen Verhältnisse im Detail nichts sagen.

(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sollten Sie aber, wenn wir heute über das Gesetz abstimmen!)

Ich weiß nur, dass es natürlich den einen oder anderen Störfall gegeben hat, der damit zu tun hat, dass wir an der Oberfläche zum Teil falsche Rohre und Materialien und Ähnliches mehr benutzt haben. Es ist aber Sache der Genehmigungsbehörden, darauf zu achten, dass die Vorschriften eingehalten werden.

(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind hier der Gesetzgeber!)

Ich komme zurück zu dem Punkt: Auch wenn wir jetzt kein Fracking-Verbot haben, könnte der nächste Bundestag ein solches beschließen. Gesetzgebung ist immer frei. Auch wenn in diesem Gesetz steht, dass bis 2021 der Bericht vorgelegt werden soll und der Bundestag dann darüber beschließen kann, so kann er auch 2020 oder 2025 darüber beschließen. Das ist alles offen. Aber wir beschließen hier und jetzt ein unbefristetes Verbot mit Ausnahme von vier Probebohrungen, mit denen wir Erkenntnisse gewinnen wollen. Das haben wir in unserem Koalitionsvertrag schon von vornherein so festgelegt.

Betrachten wir die Tatsachen und befassen wir uns nicht mit Schlagworten oder falschen Behauptungen; denn wer keine Argumente hat, der neigt dazu, Angstkampagnen zu produzieren und auf diese Weise zu versuchen, ein öffentliches Klima herbeizuführen, in dem eine sachliche Lösung keinen Platz hat.

(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine billige Unterstellung!)

Wir haben hier eine sachliche Lösung. Auf dieser Feststellung bestehen wir. Die Bevölkerung kann sehr beruhigt sein, wie wir mit dem Thema umgehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wollen den Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung. Es wird uns entgegengehalten, wir sollten doch das Gas dann in der Erde belassen. Das Gas, das wir in Deutschland fördern können, entspricht der Menge, die unsere chemische Industrie als Rohstoff braucht. Wir brauchen das Gas nicht zur Energieerzeugung. Wenn wir eine vollständig dekarbonisierte Energieversorgung hätten, dann könnten wir immer noch dieses Gas gebrauchen, um uns selbst zu versorgen.

Woher kommt denn unser Gas jetzt? Es kommt aus Holland, aus Norwegen, aus Russland und zu einem kleinen Teil aus der Eigenproduktion. Schauen wir uns die Situation an, wie sie ist. Die Förderung in Holland und Norwegen sinkt. Alles, was wir zusätzlich brauchen – das sind jedes Jahr 1 bis 2 Prozent mehr –, importieren wir aus Russland.

(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stichworte: Gebäudesanierung und Energieeffizienz! Noch nie davon gehört?)

Wer sich die Förderbedingungen anschaut und sieht, dass über eine Strecke von 5 000 Kilometern eine Gaspipeline unterhalten werden muss, der weiß, wie viele Verluste von Erdgas es auf diesem Wege gibt. Dazu kann ich nur sagen: Wenn der globale Umweltschutz gilt, dann muss auch an dieses Problem herangegangen werden. Die Versorgung, die wir unter völlig anderen Bedingungen selber organisieren, ist wesentlich besser. Deswegen sage ich schlicht und einfach: Mir ist jeder Kubikmeter Gas, der in Deutschland unter Einhaltung deutscher Umweltstandards gefördert wird, lieber als jeder aus Russland importierte Kubikmeter Gas, von der Versorgungssicherheit einmal ganz abgesehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie diesem Gesetzentwurf heute zu. Dann sind Sie auf der sicheren Seite. Wir sind es.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Karsten Möring. – Nächster Redner für die SPD: Johann Saathoff.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6949510
Wahlperiode 18
Sitzung 180
Tagesordnungspunkt Fracking und Ausdehnung der Bergschadenshaftung
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