24.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 180 / Zusatzpunkt 10

Johann SaathoffSPD - Fracking und Ausdehnung der Bergschadenshaftung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dat wurr hochnödig Tied, würde man in Ostfriesland sagen. Also, es wird dringend Zeit, dass wir Fracking endlich gesetzlich regeln.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Denk an die Stenografen, Johann! Die verstehen kein Plattdeutsch!)

– Keine Sorgen um die Stenografen. Die bekommen anschließend eine Übersetzung von mir.

Wir wollen die Übersetzung aber auch. Ich komme aus Schwaben. Das war mir jetzt erst einmal fremd.

Frau Präsidentin, Sie haben ein Übersetzungsabo bei mir.

Im Koalitionsvertrag wollten wir eigentlich nur höhere Anforderungen an unkonventionelles Fracking formulieren. Wir haben Fracking mit diesem Gesetz nun zwar nicht kurzfristig geregelt – das kann man nicht behaupten –, dafür aber besonders gründlich und besonders sicher im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.

Ich möchte an dieser Stelle meine Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, wem hier alles in der Debatte gedankt wurde. Ich finde, über den Dank an Herrn Laschet muss man nachdenken. Ich habe ein Zitat von ihm in Erinnerung, dass Fracking zugelassen werden müsse, weil es Arbeitsplätze schaffe. Ich glaube, es ist vor allen Dingen Hannelore Kraft zu verdanken, dass wir diesen Gesetzesstand haben.

(Beifall bei der SPD – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Das ist ein Witz! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Unkonventionelles Fracking, wie in den USA praktiziert, wird bei uns verboten. Die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger werden berücksichtigt und werden ernst genommen. Es gibt derzeit keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber – das muss man sagen –, ob unkonventionelles Fracking, also Fracking in unkonventionellen Lagerstätten, wirklich verantwortet werden kann. Deswegen ist es schön, dass wir das mit diesem Gesetz jetzt klarstellen und festzurren können, und zwar dauerhaft und rechtssicher.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Lange haben wir uns damit beschäftigt. Wir haben uns darüber beraten, wie eine Expertenkommission zusammengesetzt werden muss, wie die Bundestagsbeteiligung aussehen kann. Wir haben unzählige Gespräche darüber geführt. Jetzt herrscht Klarheit, und das ist die gute Nachricht des Tages.

Bisher – ohne dieses Gesetz – war Fracking in Deutschland grundsätzlich erlaubt.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Wir brauchen dieses Gesetz also dringend. Es ist gut, dass wir uns heute so entscheiden wollen. Am Zustandekommen dieses Gesetzes hat aus meiner Sicht auch der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies einen entscheidenden Anteil. Er hat nämlich mit seiner Initiative am Wochenende genau den richtigen Punkt getroffen. Nun ist endlich eine Lösung möglich.

Laut Gesetz können vier wissenschaftlich begleitete Probebohrungen erlaubt werden, dies allerdings nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des betroffenen Bundeslandes. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein entsprechender Antrag gestellt wird, ist schon sehr gering; aber die Wahrscheinlichkeit, dass das betroffene Bundesland dann auch noch zustimmt, ist noch viel geringer. Wenn dem so wäre, dann würden wir uns spätestens 2021 im Bundestag noch einmal damit beschäftigen.

In diesem Zusammenhang davon zu sprechen, dass mit diesem Gesetz Fracking ermöglicht werden soll, stellt die Realität auf den Kopf.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

In Wahrheit handelt es sich um ein Fracking-Verbotsgesetz. Das ist eine gute Botschaft, die von diesem Gesetz ausgeht. Die zweite gute Botschaft ist, dass wir mit diesem Gesetz die Voraussetzungen für konventionelles Fracking deutlich verschärfen. Es wird verpflichtend die Umweltverträglichkeitsprüfung eingeführt. Dadurch sind die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger bei den geplanten Vorhaben künftig wesentlich besser informiert und vor allen Dingen auch beteiligt.

Die Menschen haben Sorgen um ihr Trinkwasser. Der Schutz des Trinkwassers ist ein hohes Gut, keine Frage. Aber dieser Sorge der Bürgerinnen und Bürger wird mit diesem Gesetz entgegengewirkt. In und unter Wasserschutzgebieten, Heilquellenschutzgebieten, Einzugsgebieten von Brunnen und Wasserentnahmestellen für die öffentliche Trinkwasserversorgung wird es kein Fracking geben.

(Beifall bei der SPD)

Im Falle von durch Erdgasförderung entstandenen Erdbeben wird mit diesem Gesetz erstmals die Beweislast umgekehrt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Künftig muss nicht mehr der Hauseigentümer beweisen, dass die Schäden an seinem Haus von der Erdgasförderung herrühren, sondern das Förderunternehmen muss beweisen, dass die Schäden mit der Erdgasförderung nichts zu tun haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich betone: Das Unternehmen muss es beweisen. Behaupten reicht nicht.

Wiederholung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Mutter der Pädagogik. Dies ist ein Fracking-Verbotsgesetz, ein gutes Gesetz im Sinne der Sorgen der Bürgerinnen und Bürger. Deswegen ist es absolut zustimmungsfähig.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Kollege, jetzt übersetzen Sie bitte noch den ersten Satz Ihrer Rede.

Frau Präsidentin, sehr gerne: „Dat wurr hochnödig Tied“ kommt aus dem Altostfriesischen und bedeutet: Das wurde aber auch dringend Zeit.

(Heiterkeit und Beifall)

Vielen herzlichen Dank für diesen Erkenntnisgewinn. – Der letzte Redner in dieser Debatte, dem bitte alle ihre Aufmerksamkeit schenken mögen – das hat er nämlich verdient; wenn das heute eine Sternstunde ist, dann hat das letzte Sternchen auch noch einmal – – Oh, jetzt muss ich aufpassen.

(Heiterkeit und Beifall)

Also, Dr. Andreas Lenz verdient jetzt Ihre Aufmerksamkeit. Für die CDU/CSU ist er der letzte Redner in dieser Debatte.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6949511
Wahlperiode 18
Sitzung 180
Tagesordnungspunkt Fracking und Ausdehnung der Bergschadenshaftung
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