24.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 180 / Tagesordnungspunkt 26

Matthäus StreblCDU/CSU - Mindestlohn

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der gesetzliche Mindestlohn hat seit seiner Einführung 4 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern höhere Löhne beschert. Zusätzlich wurden viele geringfügige in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt. Wenn wir heute, nach eineinhalb Jahren, fraktionsübergreifend Bilanz ziehen, kann schon jetzt ohne Übertreibung gesagt werden – ich wiederhole es –: Es ist ein Erfolg, dass der Mindestlohn eingeführt worden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Marianne Schieder [SPD]: Weiß das die CSU auch schon?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, besonders im Einzelhandel und in der Gastronomie, um zwei Branchen zu nennen, profitieren viele Menschen vom gesetzlichen Mindestlohn. Dies bestätigen auch die Zahlen: In der Gastronomie stieg die Zahl der Vollbeschäftigten um 1,5 Prozent, die Zahl der Teilzeitbeschäftigten sogar um 1,8 Prozent. Von einem befürchteten Abbau von Arbeitsplätzen, besonders in der Gastronomie, wenn ich dabei bleiben darf, kann nicht die Rede sein. Der Mindestlohn bringt in erster Linie Gerechtigkeit für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Besonders Frauen, die häufig im Niedriglohnsektor arbeiten, profitieren davon. Sie haben einen Anteil von 62 Prozent an den vom Mindestlohn geschützten gering bezahlten Tätigkeiten.

Entgegen der ersten Vermutung profitieren nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Mindestlohn. Nein, er ermöglicht auch Gerechtigkeit für die Unternehmen. Wettbewerbsverzerrungen und Lohndumping werden verhindert. Benachteiligt wurden in der Vergangenheit ausgerechnet die Unternehmen, die ihren Beschäftigten angemessene Löhne gezahlt haben.

Werte Kolleginnen und Kollegen, über den Mindestlohn wurde vor seiner Einführung über Jahre hinweg kontrovers diskutiert. Die Meinungen hierzu gehen weit auseinander: Für die einen ist er ein unerlaubter Eingriff in die unternehmerische Freiheit und für die anderen ein soziales Wundermittel. Beide Ansichten halte ich für übertrieben.

Vor der Einführung des Mindestlohns wurde vor den Gefahren des Mindestlohns gewarnt. Ich nenne nur einige Beispiele aus der Zeit: Verlust von Arbeitsplätzen, unnötige Bürokratie oder nicht zu rechtfertigende Eingriffe in die Privat- und Tarifautonomie. Eingetreten sind die Befürchtungen nicht.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die gute Konjunktur und der positive Arbeitsmarkt für den Mindestlohn hilfreich sind. Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist so gut wie lange nicht. Nach den Prognosen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages wird die Zahl der Beschäftigten in Deutschland in diesem Jahr zum elften Mal in Folge steigen.

Allein im April dieses Jahres gab es über 43 Millionen Erwerbstätige, und die deutsche Wirtschaft befindet sich weiterhin in einer robusten Verfassung. Das ist vor allem durch höhere Investitionen und Konsumausgaben bedingt. Natürlich sind die meisten Arbeitgeber bereit, ihr gutes und qualifiziertes Personal angemessen zu entlohnen.

Ich sage aber auch: Gleichwohl muss der Mindestlohn im Einklang mit der Wettbewerbsfähigkeit stehen. Sonst würden wir hier auch Arbeitsplätze vernichten.

In den Regelungen zum Mindestlohn haben wir sowohl Übergangsregelungen für einige Branchen als auch Ausnahmen verankert. Ich möchte hier einige nennen:

Insbesondere die Ausnahme vom Mindestlohn für Beschäftigte unter 18 Jahren halte ich für besonders sinnvoll. Damit wollen wir verhindern – das ist der Punkt –, dass junge Menschen wegen besser bezahlten Hilfstätigkeiten auf eine Ausbildung verzichten; denn eine Ausbildung hat für die späteren Berufsjahre einen ungemein hohen Wert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Mit der Ausnahme vom Mindestlohn für Langzeitarbeitslose

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So, jetzt sind wir endlich beim Thema!)

wollten wir Anreize schaffen, Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien wieder einzustellen. Ich sagte: „wollten wir“.

Im Ausschuss wurde uns in dieser Woche von der Parlamentarischen Staatssekretärin Lösekrug-Möller ein Bericht der Bundesregierung über die Wirksamkeit dieser Regelung angekündigt, und ich begrüße es, dass die Vorlage zeitnah erfolgen soll. Ich denke schon, dass wir uns so lange gedulden sollten.

(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn Ihre Meinung? Sagen Sie uns doch einmal, wie Sie darüber denken!)

Meine Damen und Herren, 8,77 Euro oder 10 Euro: Über die Anpassung des Mindestlohns durch die Mindestlohnkommission kursieren in den Medien unterschiedlichste Zahlen.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um die Langzeitarbeitslosen!)

Viele Forderungen halte ich für überhöht; denn sie dienen nur der Stimmungsmache bei den Wählerinnen und Wählern. Ich halte es für wichtig, das Thema nicht zu instrumentalisieren.

Oft wird das Argument genannt, dass ein Gehalt auf Mindestlohnniveau auch nach 45 Beitragsjahren nicht für eine Rente oberhalb der Grundsicherung ausreicht.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Genau!)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Linken, dabei werden hier aber bestimmte Punkte übersehen:

Die meisten Beschäftigten werden in ihrem Arbeitsleben nicht ausschließlich nur einen Mindestlohn verdienen.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Viele sind arbeitslos über die Jahre! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gehen Sie mal nach Ostdeutschland!)

Der Mindestlohn definiert, wie uns allen bekannt ist, eine Lohnuntergrenze. Bedingt durch Erfahrung und Qualifikation steigt bei vielen Beschäftigten im Laufe des Berufslebens der Lohn. Auch wird unterschlagen, dass Menschen oft eine zusätzliche Altersvorsorge oder ein weiteres Einkommen haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend und zusammenfassend sagen: Sowohl Beschäftigte als auch Arbeitgeber bewerten den Mindestlohn durchweg positiv. Warten wir den Bericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ab, um dann weitere Schritte zu gehen und Entscheidungen zu fällen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Strebl. – Letzter Redner in der Debatte: Bernd Rützel.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6949630
Wahlperiode 18
Sitzung 180
Tagesordnungspunkt Mindestlohn
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