Michael FuchsCDU/CSU - EEG-Novelle 2016
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Eigentlich habe ich mir fest vorgenommen, auf so etwas gar nicht mehr einzugehen, weil es immer dieselbe Platte, immer dieselbe Leier ist, Frau Kipping.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt genau der Richtige!)
Sie wollen einfach nicht wahrhaben, dass wir reformieren müssen. Wir geben mittlerweile 25 Milliarden Euro pro Jahr an Subventionen für erneuerbare Energien aus, und das 20 Jahre lang.
(Zuruf der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE])
Die erneuerbaren Energien sind uns also 500 Milliarden Euro wert. Wer dann davon redet, dass wir etwas kaputtmachen wollen, der versündigt sich an denjenigen, die das zu bezahlen haben, und das sind vor allen Dingen die kleinen Leute, das sind Ihre „Kunden“, die das zu bezahlen haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Weil die Industrie nicht zahlt! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es sind die Bürgerinnen und Bürger, die mit jedem Jahr mehr für das EEG etc. zu bezahlen haben. Zurzeit sind das 6,35 Cent pro Kilowattstunde.
Kollege Fuchs, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Meiwald?
Von mir aus.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Vielen Dank, Herr Fuchs. Sie haben gerade wieder von den 25 Milliarden Euro Subventionen gesprochen. Das hören wir seit Jahren immer wieder.
Ich kann sie doch nicht wegdiskutieren.
Wenn Sie den Bürgern erzählen, dass sie 25 Milliarden Euro für die Erneuerbaren als Subventionen bezahlen, dann müssen Sie auch zwei weitere Fragen beantworten, worum ich Sie bitte:
Die eine Frage lautet: Wer bezahlt Ihrer Meinung nach die 100 Milliarden Euro für die fossilen Brennstoffe, die wir jedes Jahr importieren? Die muss ja auch jemand bezahlen. Wer bezahlt das Ihrer Meinung nach?
Die zweite Frage schließt sich daran an: Die EEG-Umlage ist im Grunde die Differenz zwischen dem Börsenstrompreis und der Einspeisevergütung. Wenn jetzt der Börsenstrompreis sinkt und die EEG-Umlage steigt, dann bleibt die Differenz, also der Preis, in der Summe doch tendenziell gleich. Wie begründen Sie angesichts dessen Ihre Aussage, dass wir dafür sorgen müssen, dass der Strompreis aufgrund der Steigerung der EEG-Umlage nicht immer weiter steigt?
Erstens. Den Brennstoff für konventionelle Stromerzeugung müssen Sie natürlich bezahlen. Fossile Energien sind Brennstoffe und entsprechend zu bezahlen. Das ist aber keine Subvention,
(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)
sondern das ist der Preis für das Betreiben der Anlage. Sie können den Kauf von Brennstoffen doch nicht als Subvention bezeichnen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so, das ist keine Subvention! – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Geld ist weg aus dem Portemonnaie!)
Zweiter Punkt. Dieses Delta ist es ja nicht alleine. Der Netzausbau – auf dieses Thema komme ich gleich noch zu sprechen – wird ja auch ins Geld gehen, und zwar gerade jetzt und gewaltig.
Zurzeit fließen also 500 Milliarden Euro an Subventionen. Ich meine, es ist an der Zeit, dass wir eine generelle Bremse einführen, dass wir dafür sorgen, dass das nicht mehr so weitergeht.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat schon Peter Altmaier versucht!)
Es ist ja interessant, dass mittlerweile in vielen Gegenden darüber nachgedacht wird, dass es mit dem exorbitanten Ausbau des Bereichs Windenergie so nicht weitergehen kann. Der schleswig-holsteinische Energieminister, ein Grüner, hat sich gerade von der Idee verabschiedet, den Windenergieausbau wie bisher weiterzubetreiben. Jetzt gibt es Vorranggebiete und einen wesentlich geringeren Ausbau.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er geht von 300 Prozent auf 200 Prozent!)
Der Ausbau des Bereichs Windenergie soll zurückgeführt werden, weil er weiß, dass Schleswig-Holstein wesentlich mehr Windenergie produziert, als jemals in Schleswig-Holstein verbraucht wird. Das gilt, nebenbei bemerkt, auch für Niedersachsen. Herr Wenzel hat festgestellt, dass zurzeit in Niedersachsen eine Spitzenlast von 8,8 Gigawatt aus Windenergie gewonnen wird. Doch was wird kommen? Im Jahr 2020 sollen über 20 Gigawatt Strom aus Windenergie – On- und Offshore – stammen. Das ist einfach zu viel. Das kann nur funktionieren, wenn wir parallel dazu in vernünftige Netze investieren. Das tun wir aber nicht.
Viele Bürger sind mittlerweile auf einem anderen Trip. Einer, der den BUND mitgegründet hat, Enoch von und zu Guttenberg, ist wegen der exorbitanten Differenz aus dem BUND ausgetreten: Es sollen in Wälder Windmühlen gestellt werden, aber gleichzeitig wird gefordert, dass um Himmels willen nirgendwo ein Baum gefällt wird. – Das ist schon ein bisschen ärgerlich. Ich finde es mittlerweile sogar unerträglich, was an manchen Stellen in deutschen Wäldern passiert. Ich komme aus dem Hunsrück. Das ist eine wunderschöne Region. Ich kann Ihnen nur empfehlen, da mal durchzufahren und zu schauen, was dort passiert. Dort werden hektarweise Wälder abgeholzt. Aber wenn in der Stadt Koblenz einer einen Baum absägen will, dann muss er 24 Anträge dafür stellen. Das, was Sie da veranstalten, ist nicht konsequent, und das ist schon gar nicht ökologisch. Das wissen Sie ganz genau und der Herr Trittin erst recht.
(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich komme zu einem weiteren Punkt, den wir in diesem Gesetzgebungsprozess mit berücksichtigen. Lieber Hubertus Heil, Sie haben drei, vier Punkte genannt, die wir im Gesetzgebungsverfahren noch zu bearbeiten haben. Einen Punkt möchte ich noch erwähnen: die Synchronisation von Netzausbau und Ausbau des Bereichs der erneuerbaren Energien. Wer A sagt, erneuerbare Energien, der muss auch B sagen, Leitungsbau.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist sehr interessant, dass dieselben Leute, die überall den Ausbau erneuerbarer Energien fordern, sich parallel dazu dagegen wenden, dass irgendwo eine neue Leitung gebaut wird.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Horst Seehofer!)
In meinem Wahlkreis wird gerade eine alte Leitung ertüchtigt. Sie muss ertüchtigt werden, weil eine HGÜ-Leitung obendrauf kommt – drei zusätzliche Kabel. Die Grünen haben eine Bürgerinitiative gegründet und sagen: Das muss weg, das muss unter die Erde. – Das ist eine prima Idee. Jeder von uns weiß, dass eine Erdverkabelung ungefähr achtmal so teuer ist wie eine Überlandverkabelung.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Horst Seehofer!)
Das geht so nicht; denn damit steigen die Netzkosten immer weiter.
Dann kommt die Krönung des Ganzen: Das sind die berühmten Offshoreanlagen. Die Offshoreanlagen sollen schnell gebaut werden, sie sollen möglichst heute fertiggestellt werden. Man spricht von Fadenriss usw., wenn nicht jeden Tag eine neue Anlage gebaut wird. Parallel dazu sind die Leitungen nicht da. Dazu haben wir ein wunderbares Beispiel in Niedersachsen. Niedersachsen ist sowieso am weitesten hinterher, was den Leitungsausbau angeht.
(Johann Saathoff [SPD]: Im Gegensatz zu Bayern!)
In den EnLAG-Projekten – der ehemalige Minister Trittin, der sie damals mit angeschoben hat, nickt mit dem Kopf – haben wir rund 1 800 Kilometer geplant; davon sind knapp 600 Kilometer, also ein Drittel, gebaut. In Niedersachsen sind 405 Kilometer geplant. Davon ist noch nichts gebaut. Planfestgestellt sind noch nicht einmal 100 Kilometer.
So geht das nicht. So können wir den Strom aus erneuerbaren Energien nicht dahin bringen, wo er gebraucht wird. So kann das nicht funktionieren. Wenn wegen jedes Vogelschutzgebietes gesagt wird, dass dort gar nichts geht – das macht Herr Wenzel ja gerade –, dann kann ich nur sagen: So können wir nicht miteinander umgehen. Wenn wir die erneuerbaren Energien haben wollen, dann müssen wir auch bereit sein, den Strom dorthin zu bringen, wo er gebraucht wird.
Kollege Fuchs, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Lenkert?
Von mir aus. Das gibt alles mehr Redezeit für mich.
Herr Kollege Fuchs, wir waren beide in der Anhörung zu den Erdkabeln. Die Firma ABB hat in dieser Anhörung dargestellt, dass ihr Kabelsystem das Anderthalb- bis Zweifache von Freileitungen kostet. Auf die Einwendungen, die dann von Ihrem Sachverständigen kamen, dieses System sei nicht erprobt, antwortete der Vertreter von ABB mit: Nicht in Deutschland, aber weltweit liegen bereits 5 000 Kilometer dieses Systems unter der Erde und funktionieren, 2 000 Kilometer davon alleine von ABB. – Nur in Deutschland soll dieses System nicht ausgereift sein, nicht funktionieren. Wie begründen Sie das? Wie sehen Sie das in dem Zusammenhang, dass Deutschland eigentlich Vorreiter sein will? Das ist meine erste Frage.
Die zweite Frage bezieht sich auf Ihren Entwurf zum EEG. Sie begründen hier ausgiebig, dass Stromleitungen in Niedersachsen fehlen, insbesondere zum Anschließen von Offshorewindparks. Mir erschließt sich aber nicht, wieso Sie einen Deckel für Windkraft an Land machen, die diese fehlenden Leitungen überhaupt nicht benötigt, weil sie sozusagen dahinter einsteigt, und ausgerechnet die Offshorewindkraft nicht deckeln.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Also, das ist völlig unlogisch.
(Widerspruch bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wissen Sie, wo die meisten Windanlagen stehen? 5 600 Anlagen sind bereits allein in Niedersachsen in Betrieb. Ich rede jetzt nicht von Offshore-, sondern von Onshoreanlagen. Sie stehen an der Küste in Niedersachsen. Es ist ziemlich wurscht, ob Sie von der Küste oder vom Meer den Strom nach Süden transportieren. Das, was Sie sagen, ist ziemlich unlogisch; aber das kennen wir ja von den Linken.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Im Übrigen bin ich kein Techniker von ABB. Mir liegen Gutachten vor, nach denen der Ausbau der Kabeltechnik eben nicht sicher genug ist. TenneT hat uns bestätigt, dass sie nicht so sicher sind, ob das funktioniert. Solange uns die Übertragungsnetzbetreiber keine Garantie dafür geben, kann ich nicht sagen, dass es eine sichere Technik ist, die wir jetzt einführen können. Wenn Sie das besser wissen, soll es mir egal sein. Dass ABB ein Interesse hat, Kabel zu verkaufen, das kann ich verstehen.
Ich bleibe beim Thema Offshoreanlagen. Dass Offshoreanlagen nötig sind, glaube ich sogar; denn damit haben wir fast grundlastfähige Möglichkeiten. Sie haben bis zu 5 000 Stunden Laufzeit; an manchen windhöffigen Stellen vielleicht sogar 5 500. Das ist schon ganz gut. Es ist aber eine sehr teure Technologie. Das wissen wir. Denn nach dem Stauchungsmodell bekommen sie – allerdings nur für acht Jahre – 19,4 Cent Einspeisevergütung. Das ist auch der Grund, warum die Industrie da so schnell wie möglich bauen will. Aber es muss sichergestellt sein, dass der Strom dann auch dahin kommt, wo er gebraucht wird.
Jetzt bleibe ich einmal bei BorWin3; so heißt das Ding. Diese Plattform befindet sich in der Nähe von Borkum. Dort soll eine 900-MW-Anlage gebaut werden. Die Industrie ist schneller, als wir es gedacht haben. Sie sollten eigentlich erst Ende 2019 fertig werden; sie werden jetzt Mitte 2018 fertig. Das Stromkabel liegt schon an Land, aber da endet es auch, und zwar im Sand. Wenn die Anlage läuft, dann bedeutet das, dass rund 900 Millionen Euro im Jahr für Strom vergütet werden müssen, den wir nirgendwo, auch nicht mit neuen Technologien, verwenden können. Erst dann, wenn die Leitung von Emden/Ost nach Conneforde und weiter nach Merzen gebaut ist, ist der Strom verwendbar.
Wir haben mit Herrn Ministerpräsident Weil und auch mit dem Umweltminister Wenzel mittlerweile x-mal darüber gesprochen und überlegt, wie wir das beschleunigen können. Wir wollen das beschleunigen. Aber schneller – nach Aussage von Herrn Wenzel – geht es nicht. Ich kann ihn völlig unbefangen hier zitieren; er gehört nicht meiner Partei an. Er hat mir gesagt: Wir müssen erst die Sache mit dem Vogelschutzgebiet lösen. Dann müssen wir da und dort eine Lösung finden. Das ist eine Notifizierungsfrage in Brüssel. – Aber wenn wir das doch wissen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, können wir die Genehmigungen für solche Offshoreanlagen erst dann erteilen, wenn wir sicher sein können, dass der Strom verwendet werden kann.
Das hat für mich eine gewisse Logik. Dafür werbe ich. Wir sind dabei, das ein Stück weit in den Griff zu bekommen. Wir haben im Gesetzgebungsverfahren – da bin ich völlig einig mit Hubertus Heil – noch einiges zu verändern. Aber wir sind auf dem richtigen Weg. Die Ausschreibung ist der richtige Weg. Wir wollen am Ende des Tages erneuerbare Energien haben, aber zu Preisen, die die Bürgerinnen und Bürger sowie vor allen Dingen die mittelständischen Unternehmen in Deutschland bezahlen können.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Vor allen Dingen zuerst die Unternehmen, nicht zuerst die Bürgerinnen und Bürger! Typisch Fuchs!)
Das Wort hat der Kollege Oliver Krischer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Olli, nicht so laut dieses Mal!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6949871 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 180 |
Tagesordnungspunkt | EEG-Novelle 2016 |