Oliver KrischerDIE GRÜNEN - EEG-Novelle 2016
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Fuchs,
(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Ich bin nicht lieb!)
ich bewundere immer Ihre Kollegen Andreas Jung, Ingbert Liebing, Josef Göppel und andere engagierte Kollegen. Ich muss das hier nur alle paar Wochen hören, aber die müssen sich diesen Unsinn, den Sie zur Energiepolitik erzählen,
(Zuruf von der CDU/CSU: Na, na, na!)
wahrscheinlich jede Woche anhören.
(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Jeder Siebtklässler kann dazu qualifizierter reden, als Sie es hier tun. Ich finde, das muss mal gesagt werden. Ich habe der Zeitung entnommen, dass Sie demnächst nicht mehr dem Deutschen Bundestag angehören wollen.
(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Ich habe den Erleichterungsseufzer aus der CDU-Fraktion gehört, dass das endlich ein Ende hat, Herr Fuchs.
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich will Ihnen das an einer Stelle fachlich belegen: Sie haben eben Schleswig-Holstein dafür kritisiert, dass es Windstrom exportiert. Was Sie vergessen, ist, dass Schleswig-Holstein zu den Hochzeiten der Atomkraft die dreifache Menge Strom produziert und exportiert hat. Das haben Sie aber nie problematisiert. Warum nicht? Warum machen Sie das nur beim Windstrom? Dazu würde ich mir irgendwann einmal eine Aussage wünschen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Einer muss ja dumm schwätzen!)
Ich habe jetzt gelesen: Der Wirtschaftsrat der CDU, dem Sie angehören, macht eine Kampagne gegen erneuerbare Energien.
(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Genau!)
Da zeigen Sie Ihr wahres Gesicht und offenbaren, worum es geht. Wen haben Sie als Leiter für diese Kampagne genommen? Johannes Lambertz, der Manager bei RWE war und für den Niedergang dieses Konzerns sowie für die vielen Fehlentscheidungen verantwortlich ist. Das sind also die Leute, die Sie wieder an die Front setzen. Das ist doch wohl das Rückwärtsgewandteste, was man sich überhaupt vorstellen kann. Ich glaube, das kann niemand abstreiten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nachdem Sie die Photovoltaikförderung 2012 und die Förderung der Bioenergien 2014 reduziert haben, soll jetzt der Windenergieausbau um mindestens die Hälfte – 2020 sogar noch mehr – reduziert werden.
Man kann das alles irgendwie begründen. Aber die eine Konsequenz ist klar. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der unverdächtig ist, hat ganz klar gesagt: Diese EEG-Novelle bedeutet, dass wir die Klimaschutzziele 2020 definitiv und endgültig nicht mehr erreichen können. Wenn Sie ehrlich wären, würden Sie das hier sagen und den Menschen reinen Wein einschenken, dass Sie den Klimaschutz aufgeben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Ein Unding ist doch, dass die Welt auf Erneuerbare setzt, dass immer mehr in Erneuerbare investiert wird, aber wir in Deutschland, meine Damen und Herren, in die andere Richtung fahren.
(Thomas Jurk [SPD]: Unsinn! Quatsch!)
Das ist nicht in Ordnung.
Schauen wir uns an, welche Begründungen Sie liefern. Die Begründung mit den Kosten, Herr Fuchs, läuft überhaupt nicht mehr.
(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Dem grünen Lehrer ist das egal!)
Für die 20 Milliarden Euro bekommen wir ein Drittel nachhaltige Stromversorgung; der Kollege Meiwald hat es eben angesprochen. Was wäre denn die Alternative, Herr Fuchs? Man kann heute in einem anderen Zusammenhang nach Großbritannien schauen. Dort hat man ausgeschrieben, und man sieht, was das für ein neues Atomkraftwerk bedeuten würde. Das ist alles viel, viel teurer und nicht mehr wirtschaftlich. Kein einziges neues Kohlekraftwerk rechnet sich. Es würde uns viel teurer zu stehen kommen – die Folgekosten nicht einmal mit eingerechnet. Deshalb ist das auch ein volkswirtschaftlich effizienter Weg, den wir an der Stelle gehen, meine Damen und Herren.
Jetzt möchte ich etwas zu dem neuen Argument, das immer wieder angeführt wird, sagen: Beim Netzausbau haben wir Probleme. – Ja, da haben wir in der Tat Probleme, aber nicht, weil da irgendwelche Grünen oder sonst wer unterwegs ist, sondern weil Herr Seehofer blockiert.
(Beifall der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE] – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Herr Seehofer ist aber nicht niedersächsischer Ministerpräsident!)
Er hat nicht nur dafür gesorgt, dass auf Bundesebene noch kein Kilometer gebaut wurde – davon reden wir doch gar nicht –, sondern auch dafür, dass Sie noch gar nicht mit den Planungen angefangen haben.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir sind drei Jahre zurück. Sie produzieren das Problem und nehmen es dann als Begründung dafür, die Erneuerbaren auszubremsen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Wie kann man nur so ein dummes Zeug reden!)
Ich sage Ihnen: Sie sind nicht einmal in der Lage, eine vernünftige Fehlerdiagnose vorzunehmen.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Sie sagen, die Erneuerbaren seien schuld. Dabei ist es aber so: Kohle und Atomstrom verstopfen die Netze.
(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Ach so! Das ist ja interessant!)
Denn dann, wenn Erneuerbare viel produzieren, werden Moorburg und Brokdorf nicht abgeregelt, sondern die laufen weiter. Wenn Sie die Netze entlasten wollen, dann schalten Sie Moorburg und Brokdorf ab! Das wäre die richtige Antwort, nicht aber das Ausbremsen der Erneuerbaren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Zum Schluss möchte ich noch auf etwas anderes hinweisen; da fand ich das, was der Kollege Heil gesagt hat, gut.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der SPD und der CDU/CSU: Oh! – Na, so was!)
– Ja, ja.
(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU], an den Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD] gewandt: Sei vorsichtig, Hubertus!)
Sie sagen, auf Ausschreibungen könnten wir verzichten; außerdem gebe es ja die De-minimis-Regelung. Das alles wollen Sie aber nicht hören. Auch das Stichwort „Bürgerenergie“ ist, wenn es konkret wird, immer gut für Sonntagsreden. Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass Sie an dieser EEG-Novelle noch etwas ändern werden.
(Andreas Jung [CDU/CSU]: Man sollte die Hoffnung nie aufgeben!)
Heute Morgen habe ich aber gehört: Die Sektorkopplung ist ein Thema, bei dem wir erneuerbare Erzeugung und Verbrauch zusammenbringen wollen; dazu gibt es gute Vorschläge, etwa eine Experimentierklausel. – Gestern habe ich gehört, dass alle beim Strommarktgesetz für Speicher sind. Nur: Sie haben einen Gesetzentwurf beschlossen, in dem sie nicht drinstehen. Lassen Sie uns doch diesen Aspekt in diesem wenn auch sehr kurzen Verfahren ernst nehmen und ihn in den Gesetzentwurf einfügen, um diesen schlechten Gesetzentwurf zumindest an ein paar kleinen Stellen, an denen Sie über Ihren Schatten springen können, zu verbessern. Das wäre doch etwas, wenn Sie schon die Energiewende nicht richtig voranbringen wollen.
Kollege Krischer, Sie müssen zum Ende kommen.
Aber ich fürchte, in einer Woche stehen wir wieder hier und stellen fest, dass Sektorkopplung und Speicher wieder nicht im EEG enthalten sein werden. Das ist meine große Sorge. Denn am Ende will man gar keine Erneuerbaren haben – das hört man ja in den Reden von Herrn Fuchs –, sondern man will sie ausbremsen.
(Andreas Jung [CDU/CSU]: Nein! So ein Quatsch!)
Das ist der falsche Weg. Wir brauchen mehr statt weniger Erneuerbare. Das ist die Antwort auf Paris.
Ich danke Ihnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Das Wort hat der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Wir sind gespannt!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6949874 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 180 |
Tagesordnungspunkt | EEG-Novelle 2016 |