Thomas BareißCDU/CSU - EEG-Novelle 2016
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Liebe Frau Bulling-Schröter! Lieber Oliver Krischer! Mir fiele jetzt viel zu den Themen ein, die ihr immer ansprecht. Ihr redet immer von der Braunkohlereserve und davon, dass Braunkohle und Kernenergie die Netze verstopfen. Auch das Wort „Energieverhinderungsgesetz“ wurde vorhin genannt. Die Großkonzerne werden gegeißelt. – Ihr wisst es besser: Das sind nicht die Probleme der Energiewende, es sind nicht die Themen, die uns derzeit bewegen, sondern wir haben andere Probleme. Die werden mit dem Gesetz, das wir jetzt vorgelegt haben, auch adressiert.
Ich wünsche mir manchmal – gerade auch vonseiten der Grünen – eine etwas sachlichere Debatte. Schließlich hat auch euer Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei der MPK mitgemacht.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist auch eurer, glaube ich!)
Schließlich gibt es ja auch den einen oder anderen Mitarbeiter an führender Stelle im Ministerium, der am Gesetz mitgeschrieben hat. Auch in dieser Hinsicht würde ich mir ganz gerne etwas mehr Sachlichkeit und mehr Mitarbeit von den Grünen hier im Parlament wünschen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hast du auch gelesen, was die geschrieben haben?)
Ich will noch einmal die Erfolge der Energiewende darstellen; denn ich glaube, dass die gerade vonseiten der Grünen und der Linken hier immer wieder kaputtgeredet wird. Wir haben schon heute einen Riesenerfolg zu verzeichnen, was den Ausbau erneuerbarer Energien angeht. 33 Prozent unserer Stromversorgung basieren auf erneuerbaren Energien. Wir haben uns Ziele wie sonst keine andere Industrienation der Welt vorgenommen.
Wir sind erfolgreich. Ich möchte in diesem Zusammenhang drei kleine Bereiche herausgreifen: Im Bereich Offshore haben wir das Ziel, bis 2020 7,5 Gigawatt zu erreichen. Bis 2030 wollen wir auf 15 Gigawatt kommen. Das heißt, dass wir hier in Deutschland, was Offshore anbelangt, einen Anteil von 50 Prozent am europäischen Markt haben werden. Das ist ein Riesenerfolg. Wir sind der Marktführer in Europa und damit auch Schrittmacher für die Welt.
Auch den Exportanteil im Offshorebereich haben wir enorm erhöht. Derzeit liegen wir bei 20 Prozent. Wir wollen da im nächsten Jahr weiter vorankommen. Auch hier werden wir mit unserer Technologie anderen Ländern bei der Energiewende helfen.
Bei der Onshorewindenergie – dabei geht es um Windräder auf dem Land – hatten wir in Deutschland 2014 einen Zubau, der rund ein Drittel des gesamteuropäischen Ausbaus ausmachte. Auch hier sind wir Marktführer in Europa. Der Exportanteil bei Windonshore liegt übrigens bei 60 Prozent. Also 60 Prozent der Windräder, die hier gebaut werden, werden exportiert. Auch das beweist, dass wir erfolgreich sind und die Produkte, die wir hier bauen, nicht nur für uns nutzen, sondern sie auch anderen Ländern, die damit Erfolg haben, zur Verfügung stellen.
Auch bei der Photovoltaik – dabei geht es um Solarenergie, die von vielen im Rahmen der Energiewende abgelehnt wird – produzieren wir von 100 Gigawatt, die in Europa erzeugt werden, 40 Gigawatt. Auch hier sind wir, was den Ausbau erneuerbarer Energien angeht, Weltmarktführer. Ich glaube, dass auch das etwas ist, was man herausstellen kann.
Andere Länder haben in den letzten Jahren anders auf die Herausforderung reagiert. Tschechien hat beispielsweise die Vergütung für Bestandsanlagen komplett eingestellt, Spanien hat seit Juli 2013 Einspeisevergütungen faktisch abgeschafft, und die Briten wollen seit dem letzten Jahr Windkraft an Land nicht mehr fördern.
Das beweist, dass wir im Hinblick auf erneuerbare Energien andere Schlagzeilen produzieren. Ich glaube, auch darauf sollten alle hier im Hause stolz sein. Wir sollten stolz darauf sein, dass wir die Energiewende Stück für Stück voranbringen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich möchte noch zwei wichtige Punkte aus dem Gesetz erwähnen.
Kollege Bareiß, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Verlinden?
Sehr gerne, ja.
Bitte.
Herr Bareiß, Sie haben ja davon gesprochen, dass die Energiewende Schritt für Schritt vorangebracht werden soll. Sie sprechen hier im Plenum auch immer gerne das Thema Energieeffizienz an. Sie sei wichtig, damit das Ganze gelingt. Ich möchte rückfragen, wie das Thema der besonderen Ausgleichsregelungen jetzt in der Koalition weiter diskutiert wird. Wir haben ja aus den Medien erfahren, dass es eine große Debatte darüber gibt, dass privilegierte Unternehmen lieber absichtlich Energie verschwenden, damit der Stromverbrauch entsprechend hoch ist, um weiter die Befreiungen in Anspruch nehmen zu können, anstatt eben vernünftig in Energieeffizienz zu investieren. Das wird von den anderen Stromkunden – also auch von den kleinen Unternehmen, die eben nicht befreit sind, sowie von den privaten Verbrauchern – quersubventioniert.
Ich habe jetzt mit großer Freude zur Kenntnis genommen, dass das Land Baden-Württemberg – Sie kommen ja aus Baden-Württemberg – im Bundesrat zur Abstimmung gestellt hat, genau an diesem Punkt, also was die besondere Ausgleichsregelung angeht, nachzubessern, um nämlich genau den Anreiz für Unternehmen zu erhöhen, tatsächlich in Energieeffizienzmaßnahmen zu investieren. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass dieser Vorschlag des Landes Baden-Württemberg im Bundesrat hier umgesetzt werden kann?
Frau Verlinden, ich bin Ihnen dankbar für die Frage. Der Bereich der Energieeffizienz verhält sich wie andere Bereiche. Auch da sind wir Weltmarktführer. Wir haben es als einzige Industrienation der Welt geschafft, den Wohlstand unserer Nation von dem zusätzlichen Energieverbrauch zu entkoppeln. Das hat keine andere Nation geschafft. Wir haben es in den letzten 20 Jahren geschafft, unseren Energieverbrauch um 6 Prozent zu reduzieren, während unser Bruttoinlandsprodukt um 30 Prozent gestiegen ist. Auch das ist ein großer Erfolg unserer Industrie und unserer Wirtschaft.
Deshalb wollen wir auch diejenigen Unternehmen, die in Energieeffizienz investieren und die es geschafft haben, ihren Energieverbrauch Stück für Stück zu reduzieren, nicht bestrafen, sondern wir wollen, dass diese von der besonderen Ausgleichsregelung profitieren können. Das war der Grund dieses Änderungsgesetzes. Das haben wir auch geschafft, und ich glaube, wir sind auf einem richtigen Weg. Das werden wir auch entsprechend umsetzen.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also den Baden-Württemberg-Vorschlag umsetzen?)
– Den werden wir prüfen.
Ich will zu zwei Themen in diesem Gesetzentwurf kommen, die mir sehr wichtig sind, weil ich glaube, dass diese für die nächsten Jahre etwas Neues bieten werden, was entscheidend für das Gelingen der Energiewende sein wird.
Das erste Thema betrifft die Ausschreibungen. Wir werden einen Systemwechsel einleiten. Das heißt, wir werden von der starren EEG-Umlage wegkommen. Wir werden zu einer Ausschreibung übergehen, die dazu führt, dass wir erstens die Mengensteuerung in den nächsten Jahren konsequenter umsetzen können und dass wir wirklich nur dort investieren, wo wir Bedarf sehen. Zweitens werden wir die Preise für erneuerbare Energien nicht mehr hier im Deutschen Bundestag festsetzen, sondern wir werden per Ausschreibung dafür sorgen, dass sich die erneuerbaren Energien dem Markt stellen müssen. Damit werden wir enorme Potenziale für uns heben.
Ich glaube, wir haben hiermit einen großen Schritt gemacht. Wir haben schon lange diese Ausschreibung gefordert. Wir haben immer wieder Kritik an der Ausschreibung gehört. Ich kann nur sagen: Die Ausschreibung funktioniert. In Dänemark funktioniert sie einwandfrei. Sie hat dazu geführt, dass Offshorestrom in Dänemark 5 Cent günstiger als beispielsweise in Deutschland ist. Wir haben auch in Deutschland Pilotprojekte im Bereich von PV-Freiflächen gemacht. Auch in diesem Fall haben wir gesehen, dass die Ausschreibung funktioniert. Hier gehen wir also einen großen Schritt voran und bringen die erneuerbaren Energien in den Markt. Sie können sich schon heute dem Markt stellen, was für uns einen großen Schritt nach vorne bedeutet.
Der zweite Punkt betrifft die Synchronisation von Netzausbau und erneuerbaren Energien. Auch hier wollen wir den Anforderungen, die wir haben, besser gerecht werden. Einerseits erfolgt der Ausbau der erneuerbaren Energien schneller als gedacht, andererseits erreicht leider der Netzausbau – auch das haben wir schon gehört – derzeit noch nicht die Geschwindigkeit, die wir brauchen.
Oli Krischer, du hast eben gesagt, in Bayern säßen die großen Verhinderer. Ich kann dir sagen: In Niedersachsen wurde seit sieben Jahren keine einzige neue Leitung genehmigt. Man sieht, dass auch andere Bundesländer das genauso restriktiv handhaben. Ich glaube, alle müssen an einem Strang ziehen, um die Netze auszubauen. Wir brauchen 8 000 Kilometer in den nächsten Jahren, 700 davon haben wir gebaut. Das sind gerade einmal 9 Prozent. Das ist zu wenig. Da müssen wir mehr tun, weil sonst die erneuerbaren Energien nicht auf den Markt kommen. Das wäre ein ganz großer Fehler.
Wir müssen das tun, um Kosten einzudämmen, wir müssen das tun, damit wir die Versorgungssicherheit in den nächsten Jahren weiter auf hohem Niveau halten können. Deshalb brauchen wir die richtigen Instrumente.
Ein Instrument ist die Netzengpassgebietszone, die wir ausrufen wollen. Diese Netzengpassgebiete werden dafür sorgen, dass dort eher weniger Windräder aufgebaut werden. Ich glaube, das ist wichtig, damit wir die Geschwindigkeit etwas drosseln und das Netz in den Vordergrund stellen. Ich glaube, es wäre ein Fehler, wenn wir das, was die EU-Kommission vorgeschlagen hat, nämlich die zwei Preiszonen, umsetzen würden. Das wäre nicht das, was wir hier in Deutschland wollen. Das würde den Binnenmarkt konterkarieren. Deshalb sind wir ganz klar für die Instrumente, die dafür sorgen, dass wir den Netzausbau mit den erneuerbaren Energien wirklich synchronisieren.
Wir sehen ebenfalls Veränderungsbedarf im parlamentarischen Verfahren. Da sind einige Punkte für mich und uns wichtig. Der eine Punkt ist die Akteursvielfalt im Bereich der Energieträger. Ich glaube, wir brauchen einen breiten Mix von erneuerbaren Energien. Es ist wichtig, dass wir in Wind- und Sonnenenergie investieren. Wir brauchen aber auch die Wasserkraft, die Geothermie und die Biomasse. Bei der Biomasse wird es uns wichtig sein, dass wir gerade auch die Kleinanlagen zukünftig in die Ausschreibung hereinholen, damit auch die eine Chance haben, am Markt zu bestehen. Wir wollen auch bestehenden Biogasanlagen eine verlässliche Zukunftsperspektive bieten.
Das Thema Eigenstrom ist für uns von so großer Bedeutung, dass wir es noch einbringen wollen. Das Gleiche gilt für das Thema Akteursvielfalt. Auch das wurde von den Kollegen der SPD schon adressiert.
Meine Damen und Herren, das EEG 2016 ist ein wirklich großer Schritt. Wir werden die erneuerbaren Energien in den Markt bringen. Wir werden für Verlässlichkeit im EEG sorgen, und wir werden den Netzausbau mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien synchronisieren. Ich glaube, das ist ein großer Schritt. Wir müssen es anpacken. Die nächsten zwei Wochen erfordern ambitionierte Arbeit. Ich glaube, wir werden sie gemeinsam bewältigen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Kollegin Dr. Julia Verlinden hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6949936 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 180 |
Tagesordnungspunkt | EEG-Novelle 2016 |