Ingbert LiebingCDU/CSU - EEG-Novelle 2016
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Ende dieser Debatte zum EEG können wir Bilanz ziehen. Das Fazit ist: Die Opposition hat sich redlich bemüht, ein Bild zu zeichnen, die Energiewende werde ausgebremst. Aber die Argumente waren dafür herzlich schwach.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es führt kein Weg an der Tatsache vorbei, dass wir ein klares Ziel miteinander haben. Wir, die Koalition, wollen die Energiewende zum Erfolg führen. Das war, das ist und das bleibt unsere Zielsetzung.
Es ist vor allem eine Zahl, mit der ich dies zum Abschluss dieser Debatte belegen möchte. Es geht um das Ausbauziel. Wir haben im geltenden EEG das Ausbauziel, dass wir bis zum Jahr 2025 40 bis 45 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugen wollen. An diesem Ausbauziel ändert sich nichts, gar nichts. Im Gegenteil: Wir bestätigen dieses Ausbauziel. Aber die Situation ist nicht so, dass wir im Moment Gefahr laufen, dass wir dieses Ziel unterschreiten würden. Ganz im Gegenteil: In den letzten Jahren war der Ausbau der erneuerbaren Energien stärker, schneller forciert, als wir es staatlicherseits von der Politik – Sie in der Opposition oder wir in der Regierung – erwartet und prognostiziert hätten. Wenn wir so weitermachen, dann überschreiten wir diese Zielsetzung.
Darüber kann man sich freuen, wenn denn die Rahmenbedingungen das auch ermöglichen. Aber genau darin liegt das Problem. Die Rahmenbedingungen dafür stimmen nicht. Deswegen gilt doch: Es geht nicht darum, so schnell wie möglich so viel Strom wie möglich aus erneuerbaren Energien zu erzeugen, sondern es geht um den Umbau des Gesamtsystems, wo wir am Ende des Tages die Stromerzeugung vollständig auf erneuerbare Energien umstellen wollen. Das ist die Zielsetzung. Aber dafür müssen die Rahmenbedingungen stimmen: vom Netzausbau über die Speichertechnologien. Auch der weiterhin notwendige intelligente Zusammenklang zwischen erneuerbaren Energien und konventionellen Kapazitäten, die wir vorübergehend brauchen, gehört genauso mit dazu. Wenn uns das gelingt, dann führen wir die Energiewende zum Erfolg. Aber deswegen ist Nachsteuerungsbedarf, deswegen ist Handlungsbedarf da. Dem entsprechen wir mit unserem Gesetzentwurf.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Bundesregierung hat sich mit den Ministerpräsidenten auf wesentliche Änderungen verständigt. Aber das heißt nicht, dass wir nicht auch etwas zu entscheiden hätten. So möchte ich drei Punkte nennen, die mir am Herzen liegen, über die wir in den nächsten zwei Wochen noch einmal sprechen müssen, um zu anderen, vielleicht, nein, sicherlich besseren Ergebnissen zu kommen.
Der erste Punkt ist: Akteursvielfalt und Bürgerenergieprojekte. Ich komme aus einer nordfriesischen Region, wo über 90 Prozent der Windparks Bürgerwindparks sind. Bürger einer Gemeinde sind Eigentümer ihres eigenen Bürgerwindparks. Vor über 25 Jahren ist dieses Modell dort entstanden – eine Erfolgsgeschichte.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Das unterstützen wir!)
Ich möchte, dass diese Erfolgsgeschichte auch unter den Bedingungen der Ausschreibungen fortgeschrieben wird. Das Ministerium hat einen Vorschlag gemacht. Ich glaube, dass es noch weiterführende Vorschläge gibt, die wir prüfen sollten, um genau diese Bürgerenergieprojekte in Zukunft abzusichern, ein klares Ziel.
Der zweite Punkt ist: Es ist extrem ärgerlich, dass Strom abgeriegelt wird, aber vergütet und nicht genutzt wird.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie uns das ändern!)
Besonders ärgerlich finde ich, dass es nach aktueller Rechtslage auch verboten ist, diesen abgeriegelten, aber vergüteten Strom zu nutzen. Das möchte ich ändern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir diskutieren jetzt darüber, in welcher Form dies geht. Es gibt die Konzepte der zuschaltbaren Lasten, die man nutzen kann. Mir ist dieser Vorschlag noch zu starr im alten System verhaftet. Hier gibt es intelligentere, weiterführende Möglichkeiten, die Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energien auch in die Verantwortung zu nehmen, ihnen Geschäftsmodelle, direkte Geschäftsbeziehungen zu ermöglichen. Wenn der Mehrerlös daraus gleichzeitig zu einem wesentlichen Teil in das Härtefallkonto zurückfließt, dann entlastet es finanziell auch das Gesamtsystem; ein guter Vorschlag, den wir uns in den Ausschussberatungen noch einmal genauer ansehen sollten. Es ergibt Sinn, jetzt die Umsetzung der Ergebnisse der konkreten Projekte in den SINTEG-Regionen, die vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert und mit initiiert wurden, auf den Weg zu bringen. Diese Chance sollten wir allemal miteinander nutzen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Ein dritter Punkt, der mir am Herzen liegt, ist das Thema Referenzertragsmodell. Es sieht vor, dass an windschwächeren Standorten eine höhere Vergütung gezahlt wird. Das haben wir heute schon. Aber wenn mit dem Gesetzentwurf jetzt vorgeschlagen wird, dies zu verstärken, also für schwächere Standorte noch mehr Geld einzusetzen, dann ist das nach meiner Auffassung das Gegenteil dessen, was wir jetzt mit dem Systemwechsel erreichen wollen: Über Ausschreibungen wollen wir die effizienteren Projekte nach vorne bringen. Insofern ergibt die Stärkung des Referenzertragsmodells keinen Sinn. Wir müssen uns hier einmal ansehen, Herr Minister, ob all das Sinn ergibt, was angesichts der Interessenlage einzelner Bundesländer in den Gesetzentwurf eingeflossen ist. Wir müssen miteinander ein Interesse daran haben, die effizientesten Standorte voranzubringen. Das senkt dann die Kosten; das ist die Zielsetzung, um die es hier geht.
Ich möchte mich zuletzt an unsere grünen Kolleginnen und Kollegen richten, die hier mit viel Verve unseren Gesetzentwurf kritisiert haben. Mein Rat ist: Schauen Sie einmal nach Schleswig-Holstein. Der schleswig-holsteinische grüne Umweltminister Robert Habeck hat gerade seine Form der Energiewende vorgelegt. Er verschiebt seine Ausbauziele mal eben um zehn Jahre, von 2020 auf 2030. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Das kritisiere ich nicht.
(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Das versteht aber der Krischer nicht! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das sind 300 Prozent!)
– Ja, das Ziel ist ja auch in Ordnung.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Fuchs, haben Sie das gehört? 300 Prozent findet er gut!)
Da sind wir uns völlig einig. Das entspricht der Menge an Energie, die wir bisher in drei Kernkraftwerken produziert haben. Wir wollen sie durch erneuerbare Energien ersetzen. Da werden Sie nichts dagegen haben; ich habe auch nichts dagegen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber, Herr Fuchs, haben Sie das gehört?)
– Entschuldigung, Oliver, hör doch mal zu.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD – Bundesminister Sigmar Gabriel: Das ist nicht gerade seine erfolgreichste Eigenschaft!)
– Zuhören ist nicht seine Stärke. Das haben wir den Tag über schon erlebt. Ist so.
Ich mache darauf aufmerksam, dass Sie das bitte jetzt in einen Satz packen sollten.
Genau. – Also, schauen Sie sich an, was Herr Habeck da macht. Offensichtlich führt Regierungsverantwortung dazu, dass man sich schrittweise ein bisschen der Realität annähert. Das, was dort geschieht, kritisiere ich nicht. Aber Sie sollten sich daran einmal orientieren und erkennen, dass es vielleicht tatsächlich Sinn ergibt, etwas zu ordnen und zu steuern, was aus dem Lot geraten ist. Das tun wir mit diesem Gesetzentwurf. Damit werden wir uns jetzt in den Ausschussberatungen beschäftigen, damit daraus am Ende ein gutes Gesetz wird.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6950003 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 180 |
Tagesordnungspunkt | EEG-Novelle 2016 |