24.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 180 / Tagesordnungspunkt 14

Günter Krings - Informationsaustausch bei Terrorismusbekämpfung

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Terroranschläge in Paris und Brüssel haben jüngst in erschütternder Deutlichkeit gezeigt: Die Sicherheitsbehörden in Europa stehen nicht nur vor einer nationalen, sondern auch vor einer internationalen Aufgabe. Wenn sich Terroristen weltweit in ihrem menschenverachtenden Tun vernetzen, dann darf polizeiliche und nachrichtendienstliche Arbeit ebenfalls nicht an Staatsgrenzen haltmachen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Eine Reihe von Gesetzen und Maßnahmen haben wir deshalb bereits vor längerem vorangebracht. Ich denke auch an die Fluggastdatenrichtlinie, die PNR-Richtlinie, die wir bald auf nationaler Ebene umsetzen werden. Ich denke an die hervorragende Arbeit von Europol und des daran angegliederten Europäischen Zentrums für Terrorismusbekämpfung. Es ist gut, dass Deutschland einer der größten Zulieferer dieser Datenbank ist. Beim Auswerteschwerpunkt „islamistischer Extremismus“ sind etwa 80 Prozent aller Personendaten EU-weit aus Deutschland.

Auch auf nationaler Ebene haben wir gehandelt, durch Gesetzgebung, aber eben auch durch die Bereitstellung von mehr Personal für unsere Sicherheitsbehörden, vom Bundeskriminalamt bis zum Verfassungsschutz. Deshalb galt und gilt: Bei CDU und CSU ist die innere Sicherheit unseres Landes in guten Händen. Ich darf ergänzen: Auch bei der Großen Koalition ist sie in guten Händen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir nehmen die Freiheitsrechte der Bürger und die Schutzpflichten des Staates gleichermaßen ernst. Oder um es auf den Punkt zu bringen: Wir halten das Grundrecht auf Datenschutz für wichtig, aber nicht weniger wichtig ist für uns das Menschenrecht, nicht von einem Terroristen in die Luft gesprengt zu werden.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oje!)

Auf dieser Linie liegt auch das Gesetz, das wir heute abschließend beraten. Es ist ein Gesetz zur Stärkung unserer inneren Sicherheit und zur Stärkung unserer Abwehrkraft gegen den dschihadistischen Terrorismus. Deshalb ist die Kernregelung des Gesetzentwurfs die Schaffung klarer Rechtsgrundlagen für gemeinsame Dateien, die das Bundesamt für Verfassungsschutz mit wichtigen ausländischen Nachrichtendiensten einrichten und betreiben kann. Selbstverständlich ist die Voraussetzung für solche gemeinsamen Dateien die Gewährleistung rechtsstaatlicher Standards, einschließlich des nötigen Datenschutzniveaus.

Wir schließen heute ebenfalls eine für die Terrorbekämpfung relevante Sicherheitslücke, wenn es um den Erwerb vorausbezahlter Telefonkarten, sogenannter Prepaidkarten, geht. Telekommunikationsunternehmen müssen schon jetzt die Namen und Daten der Käufer von vorausbezahlten Handykarten speichern, nur verzichten sie derzeit leider darauf, sich den Ausweis zeigen zu lassen, was naheliegend wäre.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt denn „zeigen“?)

Das führt dann dazu, dass bei vielen Verträgen „Donald Duck aus Entenhausen“ als Kunde registriert wurde; Ihnen mag das lustig vorkommen, aber dadurch entstehen Sicherheitslücken. Ganz vertrackt wird es, wenn der Name einer anderen Person angegeben wird. So gerät auf einmal ein Unbescholtener ins Visier eines Staatsanwaltes. Deshalb wollen wir die Qualität der ohnehin gespeicherten Daten verbessern und dafür sorgen, dass man seinen Ausweis vorzeigen muss, wenn man einen solchen Vertrag abschließt. Das ist eine kleine Belastung im Moment des Verkaufs, aber ein großer Sicherheitsgewinn.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Aus der Opposition kommt der Vorwurf: Es gibt Ausweichmöglichkeiten. Die gibt es derzeit noch, aber immer mehr Staaten in Europa haben erkannt, dass hier eine Sicherheitslücke besteht. Es gibt immer mehr Staaten um uns herum, die die Ausweispflicht einführen. Wir sind nicht mehr an der Spitze der Bewegung, aber weitere Staaten werden dem Vorbild Deutschlands folgen, damit wir in dem Bereich einen gemeinsamen europäischen Sicherheitsraum schaffen. Das ist selten so nötig gewesen wie in diesen Tagen.

Ich will einen weiteren wichtigen Punkt ansprechen. Es geht darum, dass es verdeckte Ermittler, die zur Gefahrenabwehr in fast allen Landespolizeibehörden eingesetzt werden, künftig auch bei der Bundespolizei gibt. Das ist ein wichtiges Werkzeug, um die brutalen und abgeschotteten Strukturen der Schleuser und Menschenhändler aufzubrechen.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um Kinder!)

Auch dieses Instrument ist wichtig für unsere Sicherheit.

Ich will abschließend noch ein paar Bemerkungen zu den Vorwürfen der Opposition machen, das Ganze sei viel zu schnell durch die parlamentarischen Beratungen gegangen. Das ist ein reflexhafter Vorwurf. Wenn man in der Sache nicht viele Argumente vorzuweisen hat, dann sagt man: Das Verfahren war nicht in Ordnung. In der Tat, ich gebe gerne zu: Es ist immer schöner, wenn man viel Zeit hat, Gesetze im Parlament zu beraten.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie regieren seit 12 Jahren, Herr Krings! Gefühlt 15!)

Aber ich sage ganz klar: Wir haben dieses Verfahren nicht nur ordnungsgemäß, sondern auch vernünftig durchgeführt, inklusive einer Anhörung, an der Sie nicht teilnehmen wollten. Das ist Ihre Entscheidung. Wir haben uns die Arbeit nicht leicht gemacht. Man kann zügig und gründlich arbeiten. Das haben wir an dieser Stelle gezeigt.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird sich noch herausstellen!)

Ich sage Ihnen noch eines: Von den Sicherheitsbehörden erwarten Sie und erwarten wir, dass sie 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und 365 Tage für unsere Sicherheit da sind, zur Verfügung stehen, uns schützen. Da finde ich es schon blamabel, wenn es aus der Opposition heißt: Man will die Verabschiedung des Gesetzes am liebsten bis auf die Zeit nach der parlamentarischen Sommerpause verschieben, also noch mindestens zwei Monate ins Land gehen lassen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat niemand gesagt, Herr Krings! Das ist unlauter, was Sie hier machen! Lächerlich! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch eine billige Ausrede!)

Das Bundesministerium des Innern rät von einem solchen Spiel auf Zeit, weil man keine guten Sachargumente hat, dringend ab. Aber zum Glück kennen Polizei, Verfassungsschutz und unsere anderen Sicherheitsbehörden keine Sommerpause.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlich! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit der Bundespolizei? So was Peinliches: Erst kein anständiges Konzept und dann auf das Parlament schieben!)

Die Kollegin Ulla Jelpke hat für die Fraktion Die Linke das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6950008
Wahlperiode 18
Sitzung 180
Tagesordnungspunkt Informationsaustausch bei Terrorismusbekämpfung
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