Klaus ErnstDIE LINKE - Aktuelle Stunde zur Beteiligung von Bundestag und Bundesrat an der CETA-Ratifizierung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Welche Geschichte hat das Handelsabkommen CETA, das jetzt fertig auf dem Tisch liegt? Die Verhandlungen liefen hinter dem Rücken der Menschen; nicht einmal das Verhandlungsmandat war bekannt. Es wurden große Vorteile für die Wirtschaften Europas beschrieben; diese Behauptung hielt jedoch keiner wissenschaftlichen Betrachtung stand. Es wurden Falschbehauptungen in den Raum gestellt, etwa dass nur Deutschland Widerstand gegen TTIP und CETA leisten würde. Was ist mit Österreich, mit Belgien, mit Frankreich, mit Luxemburg? Hierzulande wurden Kritiker diskreditiert. Herr Gabriel sagte, die Deutschen seien „reich und hysterisch“, und Herr Pfeiffer sprach von „Empörungsindustrie“.
(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Richtig! Hat er vollkommen recht!)
Rückblickend betrachtet kann man also sagen: Bei CETA kann man weder der Europäischen Kommission noch der Bundesregierung trauen;
(Beifall bei der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Ach geh! Erzählen Sie doch mal was Neues, Herr Ernst!)
die Bevölkerung tut das übrigens auch nicht. Die Handelspolitik der Europäischen Kommission erinnert mich an die Fernsehserie Vorsicht Falle! mit dem Untertitel „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Oh!)
Genau das ist es, was wir hier erleben.
Diese Politik soll nun fortgesetzt werden. Um CETA gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen, wollte die Kommission eine Abstimmung in den nationalen Parlamenten verhindern. Jetzt rudert sie zurück. Welch ein Schmierentheater! Die Kehrtwende erklärt sich am besten anhand eines Zitats von Kommissionspräsident Juncker. Dieses Zitat – ich habe es kaum glauben können – lautet folgendermaßen:
Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.
Dieses Zitat beschreibt wunderbar, wie die Kommission bei diesen Handelsabkommen vorgeht. Diesmal war der Aufschrei offensichtlich zu groß.
Die Methode hat sich aber nur scheinbar geändert. Mit List und Tücke will man CETA weiter vorantreiben. Zwar ist jetzt klar, dass die Zustimmung des Bundestages und auch des Bundesrates notwendig ist. Wir hoffen, dass es auch dabei bleibt; das war ja nicht immer so. Aber nun geht es darum, dass der Rat und die Kommission Teile von CETA schon vor der Abstimmung in den nationalen Parlamenten vorläufig in Kraft setzen wollen.
(Zuruf von der LINKEN: Unglaublich!)
Das soll möglicherweise schon am 23. September beschlossen werden. Welch ein Unfug! Wenn das gesamte Abkommen durch die nationalen Parlamente abgesegnet werden muss, dann verbietet es sich von selbst, dass Teile davon vorläufig in Kraft gesetzt werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist Logik, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Es ist höchst wahrscheinlich, dass die Abkommen mindestens an einem nationalen Parlament scheitern. Deshalb macht die Politik der Europäischen Union nach dem Motto „Bauernfänger“ natürlich Sinn. Man macht eine ähnliche Politik und will Fakten schaffen, die kaum mehr rückholbar sind. Im Übrigen ist vollkommen offen, welche Teile des Abkommens EU-only, also nur auf europäischer Ebene verantwortlich, sein sollen. Welche das sind und welche es nicht sind, das ist völlig offen. Auch eine Abstimmung im Europäischen Parlament reicht nicht aus, entsprechende Teile des Abkommens in Kraft zu setzen. Das Handelsabkommen ist eben kein normales Abkommen. Es ist äußerst umstritten, und zwar inzwischen in vielen Ländern Europas. Wenn man Europa stärken will, muss man die Parlamente beteiligen und darf sie nicht durch vorläufige Inkraftsetzung wieder außer Kraft setzen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das würde bedeuten, dass man die Europäische Union und die Zustimmung der Menschen zur Europäischen Union weiter infrage stellt. Ich kann nur raten, das nicht zu tun.
Wir wollen weder ein Sonderklagerecht für Konzerne noch eine Aushöhlung des Vorsorgeprinzips. Wir wollen keine Schwächung der Standards durch regulatorische Kooperationen, keine Einschränkung der kommunalen Selbstbestimmung und auch keine Öffnung für gentechnisch veränderte Organismen, weder vorläufig noch endgültig.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb fordere ich unseren Wirtschaftsminister auf, die vorläufige Anwendung auch nur von Teilen des Abkommens im Rat abzulehnen – auch nur von Teilen! Wenn hinterher sowieso über das gesamte Abkommen hier im Parlament und im Bundesrat abgestimmt werden muss, macht eine vorläufige Anwendung überhaupt keinen Sinn, wenn man nicht wieder die Parlamente aushebeln will. Hören Sie auf mit diesen Tricksereien!
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat der Kollege Dr. Michael Fuchs für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6969305 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 182 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Beteiligung von Bundestag und Bundesrat an der CETA-Ratifizierung |