Uwe Beckmeyer - Aktuelle Stunde zur Beteiligung von Bundestag und Bundesrat an der CETA-Ratifizierung
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Dröge, lieber Herr Ernst, das, was Sie hier betreiben, ist Desinformation.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Hier wird kein Parlament ausgehebelt. Das Parlament redet mit bei CETA – das war Ihre Forderung, und das war auch unsere Forderung, die der Sozialdemokraten in Deutschland und in Europa. Wir haben uns immer dafür eingesetzt, dass das Parlament, der Deutsche Bundestag, und der Bundesrat darüber beraten und beschließen, und jetzt passiert es.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ihre Aufregung über das, was Sie hier als „Hinterzimmerpolitik“ beschreiben, ist absolut unsinnig.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es scheint getroffen zu haben, wenn Sie sich so aufregen! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben offensichtlich nullkommanull zugehört, Herr Beckmeyer!)
Sie desinformieren die Leute im Lande in einer Art und Weise, dass das Selbstverständnis dieses Parlamentes darunter leidet.
Der Bundesrat – das war Ihr Vorwurf an den Kollegen, liebe Frau Dröge – hat ein eigenes Selbstverständnis. Er wird sich zu Worte melden und ebenfalls darüber beraten und beschließen. Glauben Sie mir das. Wenn Sie einmal im Bundesrat gesessen haben,
(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Besser nicht!)
dann wissen Sie, mit welchem Selbstverständnis die Damen und Herren aus den Bundesländern dort arbeiten. Dazu brauchen sie keinen Hinweis von Ihnen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zur Geheimhaltung. Ich habe bisher nichts von Geheimhaltung gespürt. Die Punkte, die Sie beispielhaft vorgetragen haben, sind in den letzten Wochen und Monaten nachverhandelt worden. Gott sei Dank hat es einen Regierungswechsel in Kanada gegeben, der dazu beigetragen hat, dass die Signale der Sozialdemokratie aus Europa aufgenommen worden sind.
Zum Thema Vorsorgeprinzip. Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Es gilt. Daran wird gar nichts verändert. Das Vorsorgeprinzip in Deutschland und in Europa gilt. Glauben Sie mir das. Wenn Sie mir das nicht glauben, dann sollten Sie sich daran orientieren, was von der Fachwelt aktuell dazu geschrieben wird.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Zu den Investitionsgerichten. Wir sind weg von privaten Gerichten. Wir haben nachverhandelt und sie abgeschafft. Das ganze Thema ist inzwischen erledigt. Wenn Sie der Bevölkerung immer wieder die alten Kamellen, die Sie sich irgendwann zurechtgelegt haben, präsentieren, wird das langsam langweilig und dröge.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Lachen der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Abkommen ist ein gutes Abkommen. Es geht darum, in der Weltwirtschaft gemeinsame Spielregeln zu schaffen. Gemeinsame Spielregeln sind nämlich besser als gar keine Regeln. Wenn wir kein Abkommen haben, haben wir keine Regeln.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch!)
Dann wird die Situation schlechter sein als die, die wir erreichen könnten. Ich denke, wir wollen die wirtschaftliche Globalisierung in der Welt politisch mitgestalten. Wer diesen Anspruch aufgibt, der sollte überlegen, sich aus diesem Parlament zu verabschieden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das entscheiden aber nicht Sie!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sagen „Freihandel“, aber wir wollen dafür fortschrittliche Regeln. Ich denke, die letzten Monate haben deutlich gezeigt, dass wir uns bei dem CETA-Abkommen auch in schwierigen Zeiten durchsetzen können. Dies ist eine beachtliche Leistung, die in den letzten Monaten auch durch Druck aus Deutschland zustande gekommen ist. Die Initiativen, die von Sigmar Gabriel und anderen Sozialdemokraten in Europa gestartet worden sind, waren zielführend und haben dazu beigetragen, dass diese gemeinsamen historischen Ziele, die wir in Europa haben, angestrebt werden und dass sich die Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, von Freiheit, von sozialer Marktwirtschaft, von Respekt vor Individuen in diesem Vertragstext wiederfinden.
Ich glaube, dass uns die nächste Generation dafür dankbar sein wird, dass wir mit CETA eine solche Orientierung hinbekommen haben. Ob uns das mit TTIP gelingt, weiß ich nicht. Aber wir werden es erleben, wenn wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen werden.
Wir wollen – auf diesen Punkt komme ich zurück – die Globalisierung gestalten. Unsere zentralen Anliegen sind: Menschenrechte anerkennen, sozial-ökologische Standards verankern, Europäerinnen und Europäern Zugang zum Jobmarkt in Kanada zu verschaffen und umgekehrt. Wir machen Schluss mit privaten Schiedsgerichten. Wir geben ein, denke ich, richtiges Signal in die Welt, was wir aus europäischer Sicht unter neuen und modernen Handelsabkommen verstehen.
Die Themen, die in diesem Handelsabkommen verankert sind, wie Gestaltung der Globalisierung, Investitionsschutz, aber auch die ILO-Kernarbeitsnormen, werden beachtet. Tun wir doch bitte nicht so und weisen mit dem Finger auf die angeblich so dummen Kanadier, dass die die Ratifizierung der ILO-Kernarbeitsnormen nicht auf die Reihe bekommen. Der Mindestlohn gilt dort, glaube ich, seit 100 Jahren.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Wenn das die alleinige Errungenschaft ist!)
Daran möchte ich nur einmal erinnern. Die Kanadier sind in diesem Punkt schon viel weiter, als wir es noch bis vor ein paar Jahren waren. Als die deutschen Industriegewerkschaften noch darüber gestritten haben, ob sie den Mindestlohn haben wollten, hatten die Kanadier ihn schon.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle auch hinzufügen: Wir haben bei der Wirtschaft gute Entwicklungen erreicht. Wir haben bei dem Thema Zolllinien gute Ergebnisse erzielt. Wir kommen dazu, dass wir im Bereich der Exporte pro Jahr eine halbe Milliarde Euro einsparen können. Wir werden bei dem Thema Staatsunternehmen Regelungen bekommen und bei öffentlichen Aufträgen Zugang zu ungefähr 100 Milliarden kanadische Dollar Auftragsvolumen bekommen. Diese Chancen sollten wir nicht ausschlagen. Umgekehrt gilt das allerdings auch. Dabei wahren wir aber unsere individuellen und auch gesellschaftlichen Rechte. „ Right to regulate“ gilt, aber für beide Seiten. Das, denke ich, müssen wir akzeptieren. Die Kanadier sind Demokraten, wir sind Demokraten. Daran sollten wir uns orientieren.
Die Errungenschaften der Daseinsvorsorge, die wir hochhalten, werden in keiner Weise beeinträchtigt. Das ist eine Mär. Mit dieser Mär sollten wir endlich einmal Schluss machen. Sie sollten nicht immer diese falschen Behauptungen wie Fackeln vor sich hertragen und mit Desinformationen arbeiten. Machen Sie endlich Schluss mit solchen orientierungslosen Politikinhalten! Diese helfen uns nicht weiter. Die Menschen wollen Orientierung und Klarheit. Aber was Sie mit manchen Redebeiträgen, aber auch mit manchen Veröffentlichungen erreichen, ist genau das Gegenteil. Es tut mir leid, Ihnen das ins Stammbuch schreiben zu müssen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der nächste Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Joachim Pfeiffer.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6969318 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 182 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Beteiligung von Bundestag und Bundesrat an der CETA-Ratifizierung |