Sabine ZimmermannDIE LINKE - Neuregelung des Mutterschutzrechts
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll – das sagt zumindest die Bundesregierung – der bestmögliche Gesundheitsschutz für schwangere und stillende Frauen gewährleistet werden. Sagen Sie einmal, meine Damen und Herren von der Regierung, und auch Sie, Frau Ministerin Schwesig, meinen Sie das wirklich ernst? Ich habe da so meine Zweifel. Ich will Ihnen auch erklären, warum: Kürzlich haben Sie der Rechtsverschärfung für Alleinerziehende im Hartz-IV-Bezug zugestimmt.
(Gülistan Yüksel [SPD]: Quatsch!)
Dass es nicht dazu gekommen ist und dieses Thema erst einmal abgesetzt worden ist, haben wir nur dem massiven Protest der Verbände und der Linken zu verdanken.
(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: So ist es!)
Jetzt wollen Sie den Mutterschutz für schwangere und stillende Frauen lockern. Da versteht man doch die Welt nicht mehr, wenn Sie den alltäglichen Überlebenskampf von Alleinerziehenden noch schwerer machen wollen und schwangere und stillende Frauen noch weniger schützen wollen. Was Sie hier machen, ist ein Angriff auf die Mütter und unsere Kinder. Sie sollten sich schämen, so etwas hier in den Bundestag einzubringen.
(Sönke Rix [SPD]: Bleiben Sie mal sachlich!)
Nun werden Sie sagen, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beziehen Sie Schülerinnen, Studentinnen und Praktikantinnen in den Mutterschutz ein. Ich sage Ihnen: Das war schon längst notwendig und überfällig.
(Sönke Rix [SPD]: Darum tun wir es ja! Aber Sie kritisieren es ja trotzdem!)
Gleichzeitig schaffen Sie aber – hören Sie mir bitte einmal zu – bestehende Schutzvorschriften faktisch ab. Das Verbot der Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit soll nach Ihren Vorstellungen nämlich dann nicht mehr gelten, wenn die Frau sich ausdrücklich dazu bereit erklärt. Man fragt sich ja: Welchen Bezug haben Sie zur Lebenswirklichkeit? Was glauben Sie denn, wie eine junge Frau, die von ihrem Job abhängig ist, auf die Frage ihres Chefs reagieren wird, ob sie denn ausnahmsweise eventuell spätabends oder am Feiertag arbeiten würde? Sie hat doch gar keine Alternative. Sie wird natürlich diesem Ansinnen zustimmen.
Dem Chef vehement zu widersprechen, das wird wohl die absolute Ausnahme sein, sofern der Chef überhaupt fragt und die Freiwilligkeit im Gesetz nicht ohnehin als Freibrief ansieht.
(Zuruf von der CDU/CSU: Was ist denn das für ein Weltbild, das die Linke hat?)
Diese angebliche Verbesserung ist nichts anderes als eine Aufweichung von Schutzvorschriften. Und das ist mit der Linken nicht zu machen.
(Beifall bei der LINKEN)
Das ist Handeln getreu dem Motto: Wenn die Beschäftigte sich vermeintlich freiwillig bereit erklärt, ist alles erlaubt.
(Sönke Rix [SPD]: Sagen Sie auch noch was zum Inhalt?)
Und das aus einem sozialdemokratisch geführten Hause! Das macht einen wirklich fassungslos.
Aber es geht noch weiter: Faktisch wollen Sie eine Unterscheidung in unverantwortbare und verantwortbare Gefährdung für schwangere und stillende Frauen einführen. Entweder ist eine Arbeit gefährdend, oder sie ist es nicht. Der Begriff „unverantwortbar“ lässt doch mehr offen, als er tatsächlich regelt. Das geht zulasten des Schutzes von schwangeren und stillenden Frauen. Auch das ist für die Linke völlig inakzeptabel.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, seit Jahren wird auf europäischer Ebene über die Ausweitung des Mutterschutzes diskutiert. Deutschland befindet sich mit seinen Regelungen im Vergleich zu anderen EU-Staaten am unteren Ende. Deutschland hat auch immer einen längeren Mutterschutz blockiert. Dabei zeigen Studien, dass ein längerer Mutterschaftsurlaub die Wiedereinstiegsquote ins Berufsleben fördert und Frauen gestärkter und motivierter wieder arbeiten gehen. Sie zeigen auch, dass ein verbesserter Mutterschutz bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie hilft. Außerdem steigert er die Chancen von Frauen im Berufsleben.
Meine Damen und Herren, ich empfehle Ihnen: Nutzen Sie die Sommerpause, um sich vor allen Dingen mit einer echten Stärkung des Mutterschutzes zu beschäftigen, sofern Sie das wirklich möchten. Ich kann nicht erkennen, dass das bislang der Fall ist.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)
Vielen Dank, Sabine Zimmermann. – Nächste Rednerin: Bettina Hornhues für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6969367 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 182 |
Tagesordnungspunkt | Neuregelung des Mutterschutzrechts |