07.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 183 / Tagesordnungspunkt 4

Niels AnnenSPD - Regierungserklärung zum NATO-Gipfel

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kauder, wir sind auch zuversichtlich; darauf können Sie sich gern beziehen.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Ich möchte in meiner kurzen Redezeit doch noch einmal etwas zur NATO sagen. Herr Kauder, Sie haben Helmut Schmidt genannt. Es ist immer gut, ihn in diesem Hause zu nennen, aber ich darf schon darauf hinweisen, dass es in diesem Parlament einen Grundkonsens gibt – vielleicht mit Ausnahme der Kolleginnen und Kollegen der Linken. Schon seit 1960, seit der großen Rede von Herbert Wehner, bekennt sich dieses Land zur engen Einbindung in die NATO. Ich glaube, dass uns das insgesamt, dass es unserer Sicherheit und unserer Verankerung gutgetan hat.

Deswegen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, sagen wir auch vor dem NATO-Gipfel: Beides brauchen wir. Wir brauchen die Stärke des Bündnisses, ja, auch die Abschreckung, aber wir brauchen ebenfalls die Dialogbereitschaft. Dass das nicht nur eine Phrase ist, hat unser Außenminister in den letzten Monaten bewiesen. Wir handeln nach der Philosophie des Harmel-Reports. Dazu will ich hier einige Beispiele nennen.

Das erste Beispiel ist die NATO-Russland-Grundakte. Sie ist ein Dokument, das wir dringender als jemals zuvor nötig haben; das hätten wir alle uns nicht träumen lassen. Wir müssen es jetzt wieder mit neuem Leben erfüllen. Deswegen haben wir eine klare Linie formuliert. Es bleibt dabei: keine permanente Stationierung substanzieller Kampftruppen in den neuen Mitgliedstaaten. Dafür hat sich die SPD eingesetzt, und es wird umgesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin ferner dankbar, dass die Bundeskanzlerin das angesprochen hat – wir haben lange daran gearbeitet –: Die Operation Active Endeavour wird von Artikel 5 des Washingtoner Vertrages entkoppelt, und damit wird die Möglichkeit geschaffen, sie auf eine breitere politische Grundlage zu stellen – das richtige Signal vor den Beratungen, die jetzt in Warschau beginnen.

(Beifall bei der SPD)

Insgesamt ist diese Philosophie von Abschreckung und Dialog auch in dem nachlesbar, was jetzt an Gipfeldokumenten vorbereitet worden ist.

Ich will aufgrund der aktuellen Spannungen, auf die hingewiesen worden ist, noch ein paar andere Punkte nennen, zum Beispiel die militärische Krisen-Kontakt-Diplomatie, wenn man das so sagen darf, also das, was man früher „Rotes Telefon“ genannt hat. Meine Damen und Herren, wir brauchen offensichtlich solche Instrumente heute wieder. Ich bin unserem Außenminister dankbar, dass diese Initiative gestartet worden ist, dass es wieder direkte Militär-zu-Militär-Kontakte gibt, um Missverständnisse zu vermeiden.

Ich habe mir die Reaktivierung des NATO-Russland-Rats hier dick angestrichen, weil auch sie ganz entscheidend ist. Ich hätte mir gewünscht, dass es noch ein Treffen vor dem Gipfel gibt. Es gibt eines nach dem Gipfel; Russland hat sich mit der NATO darauf verständigt. Aber es bietet auch eine Chance der direkten Kommunikation, wenn die Beratungen abgeschlossen sind. Wir sollten uns vornehmen, das weiter fortzusetzen. Ich glaube, das kann in diesem Parlament unterstützt werden.

Ich will einen weiteren Punkt nennen. Wir haben eine ganze Reihe von Instrumenten aus der Zeit des Kalten Krieges, die Vertrauen schaffen sollen, und wir brauchen sie heute wieder. Deswegen ist die Frage, ob man bei Manövern, bei Übungen Beobachter einlädt, keine Banalität. Wir wissen, dass die Regeln zum Teil unterlaufen werden: durch die Größe der Manöver, durch kurzfristige Ankündigungen etc. Also: Wir müssen zu dieser Kultur des Vertrauens zurückkommen. Deswegen setzen wir uns als SPD-Fraktion dafür ein, dass beispielsweise das Open-Skies-Regime auch durch einen eigenen Beitrag unterstützt wird. Ich hoffe, Frau Ministerin, dass wir das versprochene, in Aussicht gestellte Flugzeug hierfür bald bereitstellen können.

Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zu der allgemeinen Philosophie sagen, über die ich gesprochen habe. Deutschland steht zu den Rückversicherungsmaßnahmen. In der deutschen Öffentlichkeit ist nicht immer im Detail darüber gesprochen worden, was wir alles getan haben. Air Policing, Very High Readiness Joint Task Force – wer sich solche Begriffe ausdenkt, weiß ich auch nicht so genau – und andere Maßnahmen sind ein ganz klares Commitment zur Sicherheit der baltischen Staaten. Auch der Dialog mit Russland – ich würde mir manchmal wünschen, das würde von den Kolleginnen und Kollegen in den baltischen Staaten einmal honoriert – dient der Sicherheit des Bündnisses. Deswegen ist es richtig gewesen, dass unser Außenminister das deutlich gemacht hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde, wir haben uns vor diesem Gipfel vernünftig, ausgleichend, aber auch entschlossen aufgestellt. Das wird sicherlich auch in den Beratungen deutlich werden. Dass sich das deutsche Parlament in diesem Geiste mit der NATO identifiziert, aber auch die eigenen Interessen deutlich macht, –

Herr Kollege.

– das ist der richtige Weg.

Ich danke für die Aufmerksamkeit und wünsche gute Beratungen in Warschau.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Florian Hahn ist der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6969546
Wahlperiode 18
Sitzung 183
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum NATO-Gipfel
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