Henning OtteCDU/CSU - Regierungserklärung zum NATO-Gipfel
Herr Präsident, vielen Dank. – Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der bevorstehende NATO-Gipfel in Warschau ist die Zusammenkunft einer Verantwortungsgemeinschaft, die als festes Bündnis für Frieden, für Freiheit und für Stabilität einsteht. Gerade in dieser Zeit, in der wie in einer Zeitenwende stabil geglaubte Strukturen plötzlich instabil zu sein scheinen, in der eine russische Regierung mit einem Völkerrechtsbruch eine aggressive Politik führt, in der Staaten im Nahen und Mittleren Osten zu zerfallen drohen und in der der IS-Terror zu einer Bedrohung des Weltfriedens wird, ist es von elementarer Bedeutung, dass wir auf dem NATO-Gipfel das Signal nach außen senden, und zwar geschlossen und entschlossen: Freiheit und Sicherheit sowie die Wahrung unserer Werte innerhalb unseres Bündnisses sind für uns unantastbar.
Meine Damen und Herren, mit einem Dreiklang aus Verteidigungsbereitschaft, Ertüchtigungsbereitschaft und Dialogbereitschaft gewährleisten wir die Souveränität der Mitgliedstaaten. Die Souveränität, über die Deutschland jetzt verfügt, basiert auch darauf, dass die NATO eine Säule für den ständigen Dialog auch im Kalten Krieg war und ein Pfeiler der Wiedervereinigung. Dass die Linken das komplett anders sehen, ist nur so zu begründen, dass sie mit ihrer Geschichtsdeutung ohnehin ein Problem haben. Ich kann nur sagen: Wir von der Union und auch in der Großen Koalition wollen, dass diese Stabilität und Souveränität auch für die nächste Generation erhalten bleiben. Deutschland ist bereit, dafür Verantwortung zu übernehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Hellmich [SPD])
Mit der Neuausrichtung der Bundeswehr sind die notwendigen Voraussetzungen geschaffen worden. Wir haben ein breites Fähigkeitsspektrum, sodass wir als Rahmennation unseren Partnern anbieten können, sich anzulehnen. Wir können frühzeitig mit flexiblen Strukturen auf sich verändernde Sicherheitslagen reagieren, und wir übernehmen auch Verantwortung in Vorleistung, beispielsweise mit der sogenannten schnellen Speerspitze. Dies begleiten wir mit einer stärkeren finanziellen, personellen und auch materiellen Ausstattung; denn wir sagen: Attraktivität, Ausrüstung und Ausbildung sind die drei festen Säulen für unsere Streitkräfte innerhalb der NATO.
Unsere Bundeskanzlerin hat auch deutlich gesagt, dass wir, gemessen an der NATO-Quote, bereit sein müssen, mehr zu investieren. Eine gute Investition in Sicherheit, in Freiheit ist das unverrückbare Fundament unserer Gesellschaft. Diese Freiheit ist allerdings in Gefahr, zum einen aufgrund des aggressiven Vorgehens, mit dem Grenzen in Europa wieder mit militärischen Mitteln verschoben werden, zum anderen aufgrund des Aufkommens des IS-Terrors, im Zuge dessen ganze Staaten unterhöhlt, Menschen rücksichtslos gewaltsam ermordet oder durch Terroranschläge getötet werden. Dieser doppelten sicherheitspolitischen Bedrohung müssen wir ein klares Signal entgegensetzen, und zwar durch Bündnistreue und Verlässlichkeit.
Insbesondere unsere Partner in den baltischen Staaten und in Polen machen sich Sorgen um die Integrität ihres Staatsgebietes. Gerade wir in Deutschland können dies nachempfinden. Deswegen ist es gut, dass wir die NATO-Pläne in Warschau konkretisieren, dass wir mit einer Enhanced Forward Presence, einer „Vorne-Präsenz“, deutlich machen: Wir stehen füreinander ein. Warum und mit welchem Ziel? Mit dem Ziel, einem möglichen Aggressor deutlich zu machen, dass er sich, wenn er Grenzen überschreiten sollte, nicht nur mit einem Land anlegt, sondern mit allen, und mit dem klaren Ziel, dass dies möglichst nicht geschieht. Dieses Vorgehen ist in Bezug auf den Personalumfang und durch die rotierenden Formationen im Einklang mit der NATO-Russland-Grundakte. Es bleibt unverrückbar, dass die NATO-Russland-Grundakte durch die Annexion der Krim gebrochen worden ist; das müssen wir immer wieder ganz deutlich herausstellen. Wir lassen unsere Verbündeten nicht allein, und wir lassen uns durch Drohungen auch nicht einschüchtern. Das ist beileibe kein Säbelrasseln, sondern Ausdruck politischer Verantwortung für Frieden und Freiheit in Deutschland und Europa. Ich danke unserer Bundeskanzlerin und unserer Bundesverteidigungsministerin, dass sie keinen Zweifel daran aufkommen lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der osteuropäische NATO-Deich muss so erhöht werden, dass Aggressionen nicht überschwappen können, und er muss so stabil sein, dass auch eine Unterhöhlung durch eine hybride Kriegsführung mittels Propaganda nicht gelingen kann. Eine solche Garantiestellung darf aber keine Einbahnstraße sein. Alle osteuropäischen NATO-Partner sind aufgefordert, das Mögliche zu tun, um ihre Strukturen zu stärken. Wir wollen mit einer klaren Dialogbereitschaft und mit einer klaren abschreckenden Verteidigungsstrategie deutlich machen, dass diese Investition der beste Schutz der Sicherheit sozusagen im inneren Ring ist.
Aber auch der äußere Ring muss vor dem weltweit agierenden Terrorismus geschützt werden. Terrororganisationen wie al-Qaida, al-Nusra, Boko Haram, Taliban oder eben der IS sind eine Bedrohung für den Weltfrieden. Dem stellen wir uns aus unserer Überzeugung für eine zivilisierte Welt entgegen – zur Wahrung der Menschenrechte und zum Schutz unserer Bündnispartner. Wir wollen uns Gefahren dort entgegenstellen, wo sie entstehen. Deswegen ist es gut, dass wir Länder wie Afghanistan und Irak auf ihre Einladung hin unterstützen, dass wir sie in die Lage versetzen, für Stabilität und Sicherheit im eigenen Land zu sorgen, indem wir sie im Kampf unterstützen, aber vor allem auch bei der Ausbildung, über Beratung und Ertüchtigung, immer orientiert an der jeweiligen Lage, immer orientiert am besten Einsatz der Institutionen, Vereinte Nationen, OSZE, EU oder auch NATO.
Die Gleichzeitigkeit und Schnelligkeit der Krisen fordern uns. Das ist eine Herausforderung. Ebenso haben wir eine unsichtbare Herausforderung, nämlich die Gefahr im Cyberraum. Darauf wird mit dem Weißbuch aus dem Verteidigungsministerium ein deutlicher Schwerpunkt gelegt. Wir müssen uns diesen Gefahren entgegenstellen; denn Angriffe über Server in allen Teilen der Welt, deren Wirkung erst später sichtbar wird, können verheerende Konsequenzen haben.
Zusammengefasst: Der NATO-Gipfel muss auf die gleichzeitigen Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, Antworten finden, und zwar immer im Geiste der Kooperation, immer im Geiste der Diplomatie. Wir wollen, dass unsere Werte und Grundsätze gelebt, geschützt und auch verteidigt werden können. Freiheit kann es nur mit Sicherheit geben. Gemeinsam sind wir stark – gestern, heute und auch morgen für die nächsten Generationen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Hellmich [SPD])
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Jürgen Hardt für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6969551 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 183 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zum NATO-Gipfel |