Einen schönen guten Morgen! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen heute im Deutschen Bundestag eine Reform des Sexualstrafrechts beschließen. Wir wollen mit dieser Reform endlich den Grundsatz „Nein heißt nein“ ins deutsche Strafgesetzbuch schreiben.
(Beifall im ganzen Hause)
Wir wollen, dass jede nicht einvernehmliche sexuelle Handlung künftig unter Strafe gestellt wird. Wer gegen den erkennbaren Willen eine sexuelle Handlung an einer anderen Person vornimmt, macht sich künftig strafbar. Das ist eine wirklich wegweisende Reform. Wir nennen das auch einen Paradigmenwechsel. Außerdem wollen wir die sexuelle Belästigung endlich unter Strafe stellen. Bisher ist es so, dass viele sexuelle Belästigungen unterhalb der Erheblichkeitsschwelle sind und nicht mit dem Strafrecht geahndet werden können. Das wollen wir ändern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Und wir wollen bestrafen, wer sich an einer Gruppe beteiligt, wenn aus der Gruppe heraus Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung begangen werden. Das ist eine wegweisende Reform.
Wir können mit dieser Reform auch die Istanbuler Konvention ratifizieren, die 2011 unterschrieben wurde. Sie kann jetzt endlich umgesetzt werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulli Nissen [SPD]: Das wurde auch Zeit!)
– Das wurde auch Zeit.
Eine solche Reform hat immer viele Väter und Mütter, in diesem Fall ganz besonders viele Mütter. Deswegen möchte ich an dieser Stelle den vielen danken, die an dieser Reform mitgearbeitet haben; denn so etwas ist immer Teamwork. Verbände, Vereine und Einzelpersonen haben uns ganz tatkräftig unterstützt. Ich möchte hier einige stellvertretend für viele andere herausheben. Einige von ihnen haben wir eingeladen, heute an unserer Debatte teilzunehmen. Ich begrüße sie auf der Tribüne ganz herzlich.
(Beifall)
Herzlichen Dank an Katja Grieger und den Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe für die profunde Analyse der Strafbarkeitslücken, die eine gute Grundlage für unsere Debatte war.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herzlichen Dank dem Deutschen Juristinnenbund, stellvertretend Dagmar Freudenberg, dem Deutschen Institut für Menschenrechte, hier insbesondere an Heike Rabe, der Rechtsanwältin Christina Clemm, der Professorin Tatjana Hörnle, dem Professor Jörg Eisele und vielen anderen für guten juristischen Rat, für Unterstützung und für Hilfestellung bei den Formulierungen.
Ich möchte mich auch ausdrücklich nicht nur beim Koalitionspartner für die guten Gespräche bedanken, sondern auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Opposition. Vielen Dank für den guten Austausch, der ermöglicht, dass wir heute – mit großer Mehrheit hoffentlich – diese Reform im Deutschen Bundestag beschließen können. Auch dafür an dieser Stelle ganz herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als erste Rednerin in dieser Debatte möchte ich, lieber Heiko Maas, auch dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zunächst einmal für den guten Gesetzentwurf, der vor einem Jahr, im Sommer 2015, vom Bundesjustizministerium vorgelegt wurde und der Strafbarkeitslücken schließen wollte, danken. Das war das Ansinnen. Damals – daran muss ich an dieser Stelle auch erinnern – war in unserer Koalition nicht mehr möglich. Damals ging schon dieser Gesetzentwurf aus dem Haus von Heiko Maas dem Koalitionspartner zu weit, weswegen er lange blockiert wurde.
(Elisabeth Winkelmeier-Becker [CDU/CSU]: Stimmt ja gar nicht!)
Jetzt haben die Parlamentarierinnen und Parlamentarier die Initiative ergriffen. Es gab eine Möglichkeit, weiterzugehen. Deswegen, lieber Heiko Maas, möchte ich mich an dieser Stelle für die tolle Unterstützung bedanken. Bis zur letzten Minute hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz uns Abgeordnete mit fachlichem Rat und guten Formulierungen unterstützt. Dafür herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ein Wort, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu den Kritikern. Uns wird vorgeworfen, diese Reform greife viel zu weit und produziere Beweisschwierigkeiten. Diese Argumente kennen wir schon aus der Debatte um die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe. Erst seit 1997 – man mag es sich kaum vorstellen – ist die Vergewaltigung in der Ehe strafbar.
Ja, meine Damen und Herren, wir gehen weit. Wir verschärfen das Strafrecht, verschärfen es ganz ordentlich; denn wir wollen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ganz ausdrücklich stärken. Das tun wir auch mit den Mitteln des Strafrechts, indem wir die Täter schärfer bestrafen.
(Beifall bei der SPD)
Bei der sexuellen Selbstbestimmung gibt es ganz häufig Situationen, in denen nur zwei Personen beteiligt sind, und natürlich produziert das auch Beweisschwierigkeiten. Aber das ist schon jetzt so, und das wird sich durch unsere Reform nicht verändern. Ich vertraue ganz ausdrücklich auf die guten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, auf die Strafgerichte, die mit hoher Kompetenz in der Lage sind, die Aussagen gegenüberzustellen und zu bewerten und dann auch die richtigen Urteile zu sprechen. Das wird sich mit unserer Reform nur verstärken, aber keinesfalls verschlechtern.
Meine Damen und Herren, wenn wir das Strafrecht reformieren, dann ist das ein wichtiger Baustein, über den wir heute beraten. Aber was wir vor allen Dingen brauchen, ist eine tatkräftige Unterstützung für Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Wir brauchen Schutz für Opfer. Wir brauchen Beratungs- und Hilfsangebote, und wir brauchen vor allen Dingen eine flächendeckende Möglichkeit der anonymen Dokumentation solcher Straftaten, damit die Opfer die Möglichkeit haben, sich in Ruhe zu überlegen, ob sie die Straftat anzeigen oder nicht. Das sind weitere wichtige Begleitmaßnahmen, die wir zusätzlich benötigen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Eine letzte Bemerkung in Richtung des Koalitionspartners. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mich schon für die guten Gespräche und die gute Verhandlung bedankt. Wir haben in dieser Legislaturperiode die Quote gemeinsam verabschiedet; das war ein langer Weg. Wir haben gute Überzeugungsarbeit geleistet, konnten sie im März verabschieden. Wir verabschieden heute die Reform des Sexualstrafrechts. Diese Reform wurde lange blockiert, jetzt haben Sie sich von uns überzeugen lassen. Das ist gut so.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist die Unwahrheit! Das stimmt ja gar nicht! Eine Frechheit! Der Herr Maas hat keinen Entwurf vorgelegt!)
Ich würde gern in dieser Legislaturperiode, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einen dritten Schritt mit Ihnen gemeinsam gehen und auch die Lohngleichheit verabschieden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Das darf in dieser Debatte auch gesagt werden. Dann hätten wir in dieser Koalition einen ganz wunderbaren Dreiklang aus Quote, Sexualstrafrecht und Lohngleichheit.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Eva Högl. – Schönen guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, von meiner Seite! Nächste Rednerin: Cornelia Möhring für die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6969555 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 183 |
Tagesordnungspunkt | Schutz der sexuellen Selbstbestimmung |