07.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 183 / Tagesordnungspunkt 6

Jörn WunderlichDIE LINKE - Vereinbarkeit von Arbeit und Leben

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Ich versuche, mich daran zu halten.

Gut.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Zeit für mehr“: Ich hätte gerne mehr Zeit zum Reden. Die allgemeinen Zeitprobleme hat die Kollegin Möhring ja hier schon erörtert. Aufgrund der mir zur Verfügung stehenden Redezeit möchte ich nur auf den ersten Punkt im Antrag der Grünen eingehen.

Sie fordern, dass der Anspruch auf Kinderzeit Plus, so nennen Sie es jetzt, auf 24 Monate erhöht wird – pro Elternteil 8 Monate zuzüglich 8 Monate, die die Eltern untereinander aufsplitten können. Alleinerziehende sollen die vollen 24 Monate in Anspruch nehmen können. Der Schonraum im ersten Lebensjahr soll erhalten bleiben, sodass Eltern im ersten Lebensjahr des Kindes die Möglichkeit des vollständigen Ausstiegs aus dem Berufsleben nutzen können. Kinderzeit Plus kann genommen werden, wenn der vorherige Stellenumfang um mindestens 20 Prozent reduziert wird und dabei noch mindestens die Hälfte der tariflichen oder branchenüblichen Wochenarbeitszeit umfasst. Und letztlich soll die Kinderzeit Plus unterbrochen werden und bis zum 14. Lebensjahr des Kindes – bis zur Strafmündigkeit – verlängert werden können. Das klingt alles ganz toll, auch die Überschrift „Zeit für mehr – Damit Arbeit gut ins Leben passt“.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Schöne Forderungen, welche die Linke bereits 2009 erhoben hat! Wir wollten seinerzeit 12 Monate pro Elternteil und die vollen 24 Monate für Alleinerziehende.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– Kein Stress! Erst einmal zuhören. – Diese Zeit sollte auch aufgesplittet werden können bis zum 7. Lebensjahr des Kindes, damit Eltern die Möglichkeit eröffnet wird, auch während der Einschulungsphase Elternzeit nehmen zu können. Und wissen Sie noch, was Sie dazu gesagt haben? Frau Haßelmann ist vorhin leider gegangen. Sie hat wahrscheinlich geahnt, was jetzt kommt. Denn Frau Haßelmann hat damals, ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 5. März 2009 gesagt – ich zitiere –:

Jörn Wunderlich, wir sollten uns einmal anschauen, welche Auswirkungen Ihre Vorschläge voraussichtlich auf die Erwerbstätigkeit von Frauen und die Einstellungspraxis der Betriebe haben werden. Mit … den anderen bereits angesprochenen Maßnahmen geben Sie in Ihrem Antrag definitiv keine Antwort auf die anstehenden Herausforderungen bei der Zeitsouveränität von Frauen und Männern.

Ihre Vorschläge werden negative Auswirkungen auf die Einstellung von Frauen in der Praxis haben. Das kann man nicht wegdiskutieren.

(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb ist unser Antrag anders gestrickt!)

Alle Fraktionen im Bundestag, auch die Grünen, haben damals gegen den Antrag der Linken gestimmt. Jetzt, sieben Jahre später, kommen Sie mit nahezu gleichen Forderungen, wollen allerdings die Elternzeit nicht nur bis zum 7. Lebensjahr, so wie wir damals, sondern sogar bis zum 14. Lebensjahr ausdehnen. Was ist denn da mit den negativen Auswirkungen, die man nach Ihrer Meinung nicht wegdiskutieren kann?

Aber nicht aufregen: Dass ihr euch selbst konterkariert, zeigt, dass sich inzwischen ja einiges getan hat. So können Eltern mittlerweile zwischen Elterngeld und Elterngeld Plus entscheiden. Auszeiten können bis zu 24 Monate lang sein und bis zum 8. Geburtstag des Kindes genommen werden, wobei der Arbeitgeber nicht mehr zustimmen muss. Die Elternzeit muss nur innerhalb bestimmter Fristen beim Arbeitgeber angemeldet werden, und die Elternzeit kann in drei Zeitabschnitte pro Elternteil geteilt werden. So haben Eltern schon jetzt die Möglichkeit, ihr Kind auch zu einem späteren Zeitpunkt, etwa bei Eintritt in die Schule, intensiver zu begleiten.

Sie wollen diesbezüglich offenbar mit Ihrem Antrag bestehende Regelungen umbenennen, auf die Zeit vom 8. Lebensjahr bis zum 14. Lebensjahr des Kindes ausdehnen und haben Ihre nicht wegzudiskutierenden Bedenken einfach beiseitegeschoben. Oder anders ausgedrückt: Sie haben es endlich auch begriffen, wenn auch als die Letzten hier im Saal. Die seit Jahren bestehenden diesbezüglichen Forderungen meiner Fraktion sind inzwischen nahezu vollständig umgesetzt. Links wirkt eben. Es dauert ein bisschen, aber es wirkt.

(Beifall bei der LINKEN – Maik Beermann [CDU/CSU]: Na, na, na!)

– Doch, das ist so. Sie hätten einfach einmal in die alten Protokolle schauen und den Webauftritt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Thema Elterngeld Plus beachten müssen, dann hätten auch Sie Zeit für mehr.

(Dr. Fritz Felgentreu [SPD]: Gute Idee! – Heiterkeit der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])

Mit den anderen Punkten des Antrags werde ich mich in den abschließenden Beratungen nach der Sommerpause beschäftigen. Darauf freue ich mich auch schon.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber bitte ein bisschen konkreter!)

Danke schön. – Jetzt spricht die Kollegin Ulrike Bahr für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6969601
Wahlperiode 18
Sitzung 183
Tagesordnungspunkt Vereinbarkeit von Arbeit und Leben
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