07.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 183 / Tagesordnungspunkt 6

Sönke RixSPD - Vereinbarkeit von Arbeit und Leben

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Schade, dass das Betreuungsgeld nun doch noch einmal Thema dieser Debatte werden musste. Natürlich muss ich als letzter Redner, wenn Sie es schon angesprochen haben, auch noch einmal darauf eingehen. Ich dachte, wir wären an dieser Stelle weiter.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich unterstelle niemandem hier, dass er das Wahlrecht infrage stellt. Aber in dem Moment, wo jemand das Betreuungsgeld wieder aufs Tableau hebt, fange ich zu überlegen an; denn das hat mit Wahlrecht nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Maik Beermann [CDU/CSU]: Doch! Das unterstellen Sie immer! Das ist aber falsch!)

Es ist nicht nur gleichstellungspolitisch und integrationspolitisch kontraproduktiv, sondern es wäre die einzige Leistung, die wir dafür zahlen würden, dass Menschen eine Infrastruktur des Staates nicht nutzen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist doch albern; wir zahlen doch auch nicht, wenn die Menschen nicht zum Sportverein oder nicht in die Bücherei gehen. Was wollen Sie also damit erreichen? Sie wollen lenken, und damit setzen Sie die Wahlfreiheit außer Kraft.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das wollen Sie! Das wollen Sie mit Ihrer 32-Stunden-Woche!)

Nun zu der Frage, ob der Grünenantrag ein guter oder ein weniger guter Antrag ist. Auf jeden Fall ist er eine wunderbare Grundlage nicht nur für diese Debatte, sondern auch für die weitere Diskussion. Wenn wir überlegen, wie wir die familienpolitischen Diskussionen in den vergangenen Jahren geführt haben, dann stellen wir fest, dass wir sie in erster Linie in Richtung Ausbau von Infrastruktur geführt haben, um Betreuung zu gewährleisten. Da haben wir gemeinsam auch viele Erfolge erzielt. Nun könnten wir sagen, wir seien die Ersten gewesen, die den Ausbau der Betreuungsplätze gefordert haben. Ich aber sage: Wir haben da gemeinsam viele Erfolge erzielt.

Dass wir jetzt schon weiter sind und nach der Einführung von Elternzeit, Elterngeld, Elterngeld Plus dafür sorgen wollen, dass Familien mehr Zeit beanspruchen können, ist auch ein guter gemeinsamer Schritt. Da danke ich den Grünen ganz herzlich für die Ideen, die sie in diesem Antrag aufgeschrieben haben.

(Beifall der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Den Applaus nehme ich noch gerne mit. – Allerdings sagen wir auch: Man muss das, was wir auch gemeinsam geleistet haben, nicht so abwerten. Das Elterngeld Plus, die Elternzeit sowie das Elterngeld sind Riesenerfolge, und das sollte man an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD)

Es sind zeitpolitische Erfolge, es sind gleichstellungspolitische Erfolge. Wir bringen mit dem Elterngeld Plus auch mehr Männer in die Elternzeit; auch diesen Erfolg sollte man hier deutlich benennen. Wir danken dem Koalitionspartner, dass er das gemeinsam mit uns auf den Weg gebracht hat.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zur Familienpflegezeit. Natürlich wäre es viel schöner, wenn wir analog zum Elterngeldmodell so etwas auch für Familienpflegezeit auf den Weg gebracht hätten. Unsere Idee war es, auch da mit einer Lohnersatzleistung heranzugehen. Zu behaupten, dass ein Modell, das für 37 000 Menschen in Kraft tritt, nicht nützlich und kein positiver Schritt sei, finde ich falsch.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 39 000!)

Es ist ein guter Schritt, und wir erreichen damit mehr Vereinbarkeit von Familie und Pflege. Von daher lohnt es sich, auch das positiv zu erwähnen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben einen Konflikt in der Fragestellung: Müssen die Unternehmen und die Tarifparteien die Regelungen zur Arbeitszeit selber vornehmen oder nicht? Den Konflikt haben wir übrigens bei der Quote gehabt, den Konflikt haben wir demnächst noch einmal deutlich bei der Lohngerechtigkeit, und den Konflikt haben wir auch hier. Wir sehen doch, dass es nicht funktioniert, wenn wir nicht auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine vernünftige Familienarbeitszeit schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb, liebe Union, geben Sie sich einen Schubs, und schaffen Sie solche gesetzliche Regelungen mit uns in der Koalition.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einen Fakt aber will ich zum Schluss noch einmal benennen. Wenn man durch das Internet surft, findet man von der Deutschen Bahn – dieser Betrieb ist ja unser eigener, damit mache ich keine Schleichwerbung – ein Video dazu, was sich Kinder wünschen. Erst einmal werden die Eltern gefragt, was sich wohl die Kinder wünschen. Die Eltern erzählen sehr viel über materielle Dinge oder darüber, was die Kinder vielleicht später einmal werden wollen. Die Kinder sagen, dass sie mehr Zeit mit ihren Eltern haben wollen. Nicht nur wegen der Tatsache, dass die Eltern vielleicht aufgrund eines schlechten Gewissens – das will ich nicht unterstellen; ich bin selber Vater – mehr Zeit für Familie haben wollen, sondern auch, weil Kinder mehr Zeit mit ihren Eltern haben wollen, lohnt es sich, über eine andere Zeitpolitik, eine bessere Zeitpolitik zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Machen wir es also nicht so, dass in erster Linie die Arbeit im Vordergrund steht, sondern machen wir es so, dass in erster Linie die Familie im Vordergrund steht. Wenn wir dann auch noch die Kinder in den Mittelpunkt stellen, dann können wir eine vernünftige Familienarbeitszeit auf den Weg bringen.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6969608
Wahlperiode 18
Sitzung 183
Tagesordnungspunkt Vereinbarkeit von Arbeit und Leben
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