07.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 183 / Tagesordnungspunkt 11

Stefan HeckCDU/CSU - Urheberrecht

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf jetzt seit knapp einem Jahr das Urheberrecht für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mitbetreuen. Ich habe gelernt, es ist – erstens – ein sehr komplexes Rechtsgebiet, und – zweitens – es gibt unzählige und meist unterschiedliche, gelegentlich auch ganz gegenläufige Interessen, die hier zusammenlaufen. Es ist unsere Aufgabe als Gesetzgeber,

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: ... Sie auszubalancieren!)

hier einen gerechten Ausgleich zu finden. Das gilt für alle Gesetzgebungsvorhaben in diesem Bereich.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch für andere Bereiche!)

Das ist uns beim Verwertungsgesellschaftengesetz, dem ersten großen Vorhaben, das wir kürzlich zum Abschluss gebracht haben und bei dem wir es hinbekommen haben, einen guten Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber und der Verwertungsgesellschaften auf der einen Seite und denen der Geräteindustrie auf der anderen Seite zu finden, gelungen. Das Gleiche gilt für das Urhebervertragsrecht, das wir gerade beraten und bei dem wir eine Balance zwischen den Interessen der Urheber auf der einen Seite und denen der Verwerter auf der anderen Seite finden werden. Und ja, das muss auch für die Bildungs- und Wissenschaftsschranke gelten, das dritte große Reformvorhaben, das in dieser Legislatur noch ansteht.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, dann mal Tempo! Die ist bald rum!)

Hier geht es darum, einen gerechten Ausgleich zwischen den Urhebern auf der einen Seite und den Nutzern geschützter wissenschaftlicher Werke auf der anderen Seite zu finden.

Ich muss Ihnen, Herr Gehring, sagen: Da hilft Ihr Antrag leider nicht weiter.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie es doch besser!)

Es ist gut, dass Sie ihn parallel zu den Beratungen über das Urhebervertragsrecht einbringen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wie lange beraten Sie denn schon? Seit Jahren!)

Wir hatten gestern dazu eine öffentliche Anhörung. Gegenstand dieser Anhörung war auch ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, in dem Sie explizit schreiben, Sie wollten eine Stärkung der Rechtsstellung der Urheber und eine angemessene Vergütung sicherstellen. Das wollen wir auch. Aber, lieber Herr Gehring, wie passt das mit Ihrem heutigen Antrag zusammen?

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut!)

Gestern setzten Sie sich für die Rechte der Urheber ein, und heute diskutieren wir hier einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, in dem die angemessene Vergütung der Urheber mit keinem Wort erwähnt wird. Sie müssen hier Farbe bekennen. Das, was Sie hier machen, passt nicht zusammen, und das werden wir Ihnen auch nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Quatsch! Das sind immer nur pauschale Vergütungen!)

Ich sage ganz klar: Auch wir wollen noch in dieser Legislatur eine Wissenschaftsschranke im Urheberrecht verankern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles nur Ankündigungen!)

Wir alle wissen wahrscheinlich aus eigener Erfahrung, aus der Schule, aus der Universität, wie wichtig es ist, einen Zugang zu Material für Forschung und Lehre zu haben und wie sehr man dabei auf die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke angewiesen ist. Dabei hat sich durch die Digitalisierung vieles verändert, wahrscheinlich auch seit der Schulzeit von uns jüngeren Abgeordneten. All dem muss das Urheberrecht Rechnung tragen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So jung sind Sie auch nicht mehr!)

Es gibt einiges zu tun. Die heutigen Regelungen sind nicht mehr praxistauglich, und sie sind für die Rechtsanwender oft nur schwer durchschaubar. Für uns ist auch klar: Natürlich muss das Urheberrecht der Wissenschaft dienen, aber das Urheberrecht muss vor allem erst einmal den Urhebern dienen; deswegen heißt es auch so.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie widersprechen dem BMBF!)

Der Urheber muss weiterhin im Mittelpunkt stehen. Egal wie es verwertet wird: Es bleibt am Ende sein Werk, das auch durch das Eigentumsrecht aus Artikel 14 Grundgesetz geschützt wird. Deswegen ist es gut, dass wir uns dazu bekennen, dass der Urheber weiterhin im Mittelpunkt steht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen auch starke Wissenschaftsverlage. Sie spielen bei der Finanzierung eine wichtige Rolle, und sie spielen auch eine ganz wichtige Rolle bei der Qualitätssicherung und bei der Publikation.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was denn jetzt? – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie machen sich die Welt, wie sie Ihnen gefällt!)

Für uns bedeutet das konkret: Erstens, auch im Urheberrecht gilt weiterhin die Vertragsfreiheit. Deshalb müssen angemessene Lizenzangebote weiterhin Vorrang haben. Zweitens bedeutet das für uns, dass die Regelung, die wir beschließen werden, so differenziert sein muss wie die Wissenschaftslandschaft insgesamt. Es macht einen großen Unterschied, ob ein Werk in seinen verschiedenen Stadien durch öffentliche Mittel gefördert wird oder ob wir es mit einer Visualisierung hochkomplexer naturwissenschaftlicher Vorgaben zu tun haben, die mit vielen Investitionen verbunden ist und sich am Ende amortisieren muss.

Lassen Sie uns nicht vergessen: Die Änderungen der Regelungen im Urheberrecht finden in einer sehr sensiblen Zeit statt. Viele Verlage sind völlig unverschuldet durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs in eine schwierige, teilweise existenzbedrohende Situation geraten. Ich glaube, bevor wir weitere Schritte unternehmen, ist es gut, dass wir als Gesetzgeber unsere Hausaufgaben machen und an dieser Stelle Abhilfe schaffen.

Ich komme zum Schluss. Wir wollen eine Wissenschaftsschranke einführen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann? Am Sankt-Nimmerleins-Tag oder wann? – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles leere Ankündigungen ohne Folgen!)

Ihr Antrag ist einseitig, er ist undifferenziert, und er vergisst diejenigen, die im Mittelpunkt des Urheberrechts stehen, nämlich die Urheber selbst. Das wäre der Weg in eine rein staatlich finanzierte Publikationslandschaft, die wir nicht wollen. Es ist gut, wenn wir den vorliegenden Antrag mit großer Mehrheit ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie lehnen noch Ihren eigenen Koalitionsvertrag ab!)

Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt Dr. Petra Sitte, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6969760
Wahlperiode 18
Sitzung 183
Tagesordnungspunkt Urheberrecht
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